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„Ich bin glücklich, hier zu sein“

Carlos Prieto vor dem Duell gegen Sarajevo

Carlos Prieto Martos ist ein Mann, der wie kaum ein anderer das Bild des stolzen Spaniers verkörpert. Der Kreisläufer der Rhein-Neckar Löwen kann grimmig schauen und wirkt mit seiner imposanten Körpergröße furchteinflößend. Dabei ist der 30-Jährige ein freundlicher junger Mann, der nur auf dem Handballfeld aggressiv ist. Wozu Prieto in der Lage ist, zeigte er während der Europameisterschaft in Österreich, wo er mit den Spaniern am Ende auf dem sechsten Platz landete, mit seinem Team Titelträger Frankreich in der Vorrunde ein Unentschieden abtrotzte und eine wichtige Rolle bei den Iberern einnahm. Bei der EM holte er sich Selbstvertrauen zurück, das er während der Vorrunde bei den Löwen verloren hatte, weil er nur wenige Einsatzzeiten erhielt. Mittlerweile hat sich das geändert, gemeinsam mit Andrej Klimovets teilt er sich die Position als Kreisläufer, da Bjarte Myrhol verletzt ist. Besonders viel Spaß machen ihm dabei die Duelle in der Champions League, denn den Titel hat er in seiner Karriere schon drei Mal gewonnen. Gegen ein viertes Mal mit den Löwen hätte Prieto wohl nichts einzuwenden.

Herr Prieto, seit der EM-Pause spielen Sie regelmäßig für die Rhein-Neckar Löwen. Demnach geht es Ihnen sicher gut, oder?

Ich fühle mich gut. Ich gehe jetzt den Weg, den ich gehen möchte. Ich bin zu den Löwen gekommen, um für das Team zu spielen. Das tue ich und darüber bin ich froh. Diese Chance möchte ich nutzen.

Wie wichtig war für Sie die EM, weil Sie für Spanien viele Spielanteile bekommen haben und Ihr Selbstvertrauen steigern konnten?

Das hat nichts mit Selbstvertrauen zu tun. Das hatte ich auch in der Zeit davor. Aber natürlich war es wichtig für mich, dass ich für mein Land spielen konnte. Ich habe in Österreich gute Leistungen gezeigt und kam mit breiter Brust zurück zu den Löwen.

Im Herbst hatten Sie Probleme, in der Bundesliga Fuß zu fassen. Woran lag das?

In Spanien wird der Handball anders gespielt. Darauf musste ich mich erst einmal einstellen, das hat Zeit in Anspruch genommen.

Worin liegen die hauptsächlichen Unterschiede zwischen der Bundesliga und der Liga Asobal?

In Deutschland wird schneller gespielt und der Fokus liegt im körperlichen Bereich. Auch in der Trainingsarbeit nimmt der physische Bereich viel Platz ein. In Spanien wird hingegen mehr taktisch gemacht. Das ist ein großer Unterschied für die Spieler, das musste ich erst verinnerlichen.

Im Herbst hatten Sie bei den Löwen kaum Spielanteile. Wie haben Sie diese Situation verkraftet?

Es war natürlich eine schwierige Situation, in der ich steckte. Ich war zu den Löwen gekommen, um hier zu spielen. Ich wollte ein wichtiger Teil der Mannschaft sein und musste erstmal damit klarkommen, dass ich wenig auf dem Platz stand. Aber ich hatte immer die Unterstützung vom Team und meiner Frau Alexia, das hat mir geholfen.

In der Champions League geht es zum Abschluss der Vorrunde gegen Sarajevo. Gegen die Bosnier zählt nur ein Sieg, oder?

Natürlich, dieses Heimspiel wollen wir gewinnen. Und wir sind auch der Favorit, aber nur deshalb werden wir nicht als Sieger vom Platz gehen. Man muss immer mit der richtigen Einstellung ins Spiel gehen, wenn man erfolgreich sein will. Wir wollen versuchen, uns weiter zu verbessern, auch in dieser Begegnung. Wir haben gegen Sarajevo keinen Druck, weil wir schon Zweiter sind.

Sie haben die Champions League bereits drei Mal gewonnen, wissen also, worauf es in diesem Wettbewerb ankommt. Was ist entscheidend, wenn man in der Königsklasse bestehen will?

Um in der Champions League weit zu kommen, muss man sehr lange auf einem hohen Niveau agieren können. Das zeichnet die Topteams in Europa aus. Wir müssen unseren Schlüssel dahin vielleicht noch finden, aber wir sind in einer guten Entwicklung.

Was ist für die Löwen möglich in dieser Spielzeit?

Unser Ziel ist zunächst einmal identisch mit dem Vorhaben vieler Klubs in der Champions League: Wir wollen ins Final Four nach Köln. Ich glaube, wir haben gute Möglichkeiten, das zu erreichen. Das Potenzial ist vorhanden und wenn wir uns in den kommenden Wochen Schritt für Schritt verbessern, können wir es schaffen. Gleichzeitig dürfen wir uns aber keinen Stress machen, sondern brauchen Ruhe.

Sie kennen die Bundesliga und die Liga Asobal, welche Unterschiede gibt es neben den bereits angesprochenen sportlichen Aspekten?

Hier ist in den Hallen viel mehr los. In Spanien schauen sich die Partien vielleicht 2000, maximal 2500 Zuschauer an, während in Deutschland jedes Spiel eine Party ist. Es gibt tolle Arenen, die fast immer ausverkauft sind. Die Europahalle und die SAP ARENA sind großartig. Es ist spektakulär, hier zu spielen. Ich glaube, insgesamt ist die Bundesliga die beste Liga in Europa und deshalb gibt es noch mehrere spanische Spieler, die nach Deutschland kommen würden, wenn sie ein entsprechendes Angebot bekämen.

Sie sind jetzt knapp ein Dreivierteljahr bei den Löwen. War es für Sie der richtige Schritt?

Ja, auf jeden Fall. Ich wollte es wagen und bei jedem Wechsel gibt es auch ein gewisses Risiko, aber das habe ich bewusst in Kauf genommen. Ich fühle mich hier wohl, ich lebe in Heidelberg und die Stadt gefällt mir und meiner Frau. Ich möchte viele Spielanteile bekommen und im Moment stehe ich viel auf dem Platz, deshalb bin ich glücklich, hier zu sein.