Veröffentlichung:

„Ich bin schneller geworden!“

Oliver Roggisch erklärt seinen Formanstieg

Vor dem Heimspiel gegen Eintracht Hildesheim (Mittwoch, 20:15 Uhr, SAP ARENA) äußert sich der Löwen-Kreisläufer zu seiner aktuellen persönlichen Situation – und zum Duell mit dem Bundesliga-Neuling.

Wenn Oliver Roggisch in der Abwehr der Rhein-Neckar Löwen zupackt, wird es für die Gegenspieler unangenehm. Das war in den Vorjahren so und hat sich auch nicht geändert. Neu ist, dass die Nummer 4 der Badener dabei einen Tick athletischer wirkt und deutlich weniger Zeitstrafen bekommt als früher. Nach einer durchwachsenen Saison 2010/11 kehrte Roggisch zu alter Stärke zurück, was auch daran liegt, dass er etwa zehn Kilogramm abgenommen hat. Auf die Idee, mehr auf sein Gewicht zu achten, hat ihn übrigens ausgerechnet der Trainer des THW Kiel gebracht. Wie das kam und warum er seine Karriere gerne bei den Löwen beenden möchte, erklärt er im Interview.

Hallo Oliver, Du warst nach den Länderspielen angeschlagen, bist Du wieder völlig fit?

Ich hatte Probleme im Oberschenkel und eine kleine Leistenzerrung, aber glücklicherweise waren wir in der Woche danach spielfrei, so dass wir uns alle gut erholen konnten. Jetzt bin ich wieder vollkommen fit und fühle mich gut.

Insgesamt machst Du in dieser Saison einen starken Eindruck. Wie fühlst Du Dich insgesamt?

Ich bin fit wie lange nicht mehr und habe im Moment auch keinerlei körperlichen Probleme. Dadurch kann ich trainieren und arbeiten, wie der Trainer sich das vorstellt.

Wie kommt es dazu, dass Du aktuell in einer so starken Form bist?

Ich habe vor einiger Zeit meine Ernährung umgestellt und mittlerweile zehn Kilogramm weniger auf den Rippen als noch davor. Dadurch bin ich viel schneller und beweglicher geworden und das tut meinem Spiel gut. Ich bin froh, weil ich mich viel fitter fühle und das gibt natürlich Selbstvertrauen.

Wie kam es dazu, dass Du Dein Gewicht reduziert hast und wie hast Du es geschafft?

Das war eigentlich eine ganz witzige Geschichte. Nach einem Spiel in Kiel in der vergangenen Saison habe ich im Kabinentrakt zufällig Alfreð Gíslason getroffen und war oberkörperfrei. Er sagte dann zu mir, ich sei ganz schön fett geworden und daraufhin habe ich mich damit auseinandergesetzt. Ich hatte nie eine Waage zuhause und als ich mich dann mal auf eine gestellt habe, war ich schon überrascht. Letztlich habe ich dann darauf geachtet, weniger Kohlenhydrate zu mir zu nehmen. Früher dachte ich immer, Kohlenhydrate sind für einen Sportler das Wichtigste, aber im Alter verbrennt man nicht mehr so viel Energie und darauf musste ich Rücksicht nehmen. Etwas weniger Nudeln, dafür mehr Fleisch, Salat und Gemüse und schon nahm ich nach und nach ab.

Ist es ein Geheimnis, was Deine Waage damals angezeigt hat?

Nein, als ich mich erstmals draufgestellt habe, zeigte sie 107 Kilogramm an. Jetzt liege ich bei 97 und bin damit sehr zufrieden. Ich glaube, dass jeder abnehmen kann, wenn er möchte. Wer behauptet, er kann nicht abnehmen, macht sich etwas vor.

Du bist Abwehrspezialist. Befürchtest Du nicht, dass Dir in den Duellen Mann gegen Mann auf Dauer Kraft fehlt?

Im Handball ist die Beinarbeit entscheidend, gerade in der Bundesliga muss man schnell sein, nicht die Masse allein ist wichtig. In Sachen Kraft befinde ich mich übrigens mindestens auf dem gleichen Niveau wie vor einem Jahr, mit dem Unterschied, dass ich jetzt schnellere Beine habe.

Bedauerst Du, dass Du nicht schon früher mehr auf Dein Gewicht geachtet hast?

So einfach lässt sich das nicht sagen. Ich hatte lange Rückenprobleme, die mich im Training behindert haben, wodurch ich nicht in den Umfängen wie davor trainieren konnte. Deshalb habe ich vielleicht Gewicht zugelegt. Es war wohl ein Fehler, dass ich die Rückenprobleme nicht komplett auskuriert habe, sondern mich immer zur Verfügung stellte, weil ich der Mannschaft helfen wollte.

Sind die Probleme am Rücken jetzt vollkommen weg?

Ja, ich spüre überhaupt nichts mehr. In meinem Sommerurlaub bin ich sehr viel geschwommen, was gut für die Rückenmuskulatur ist und danach habe ich ein Physio­programm durchgezogen, das mir sehr geholfen hat. Zudem baut Guðmundur in sein Trainingsprogramm viele Stabilitätsübungen ein, die nicht nur mir helfen, sondern allen Spielern. Wir haben dadurch insgesamt weniger Malheur mit dem Rücken.

Die Fitness spiegelt sich auch auf dem Feld wider, wie beurteilst Du Deine Leistungen?

Die Beurteilungen sollen andere Personen vornehmen, ich kann nur so viel sagen, dass ich mit Žarko und Børge im Abwehrzentrum gut harmoniere und mir der Trainerwechsel insgesamt gut getan hat.

 

„Ich fühle mich von den Schiris fair behandelt“

 

Beim Blick in die Statistik fällt auf, dass Oliver Roggisch so viel Tore wie sonst nie erzielt. Woran liegt das?

Zunächst hatte es mit der Krankheit von Bjarte Myrhol zu tun. Dadurch musste ich den Gegenstoß mitlaufen. Durch meine Fitness macht es mir weniger aus, auch die zweite Welle mitzulaufen und weil das am Anfang gut geklappt hat, haben wir es jetzt so beibehalten. Und weil ich mittlerweile schneller nach vorne laufen kann, bekomme ich auch mal ab und zu einen Ball.

Außerdem fällt auf, dass Du deutlich weniger Zeitstrafen erhältst. Ist Dein Verhältnis zu den Schiedsrichtern besser geworden?

Ich fühle mich von den Schiedsrichtern absolut fair behandelt. Durch meine bessere Fitness komme ich darüber hinaus nicht mehr so schnell in schwierige Situationen, in denen ich hinten am Gegenspieler hänge. Verbessern muss ich allerdings noch, mich nicht mehr auf so viele Diskussionen einzulassen. Das wirkt immer so aggressiv.

Erschrickst Du manchmal, wenn Du Spiele von Dir auf Video siehst, in denen Du mit den Schiedsrichtern diskutierst?

Also zumindest überrascht bin ich dann schon, wenn ich mich so sehe. Jeder, der mich privat kennt, weiß, dass ich kein aggressiver Typ bin. Wenn das Spiel läuft, bin ich wie in einem Film, da werde ich ein Stück weit ein anderer Mensch und es ist schwer, alle Schiri-Entscheidungen unkommentiert hinzunehmen. Aber ich bin gewillt, mich zu bessern und denke, auch schon auf einem guten Weg zu sein.

 

Apropos guter Weg: Wie beurteilst Du die Entwicklung der Löwen?

Wir hatten in dieser Saison bisher nur ein Spiel, in dem unsere alte Schwäche zum Vorschein kam, das war bei der Niederlage in Hannover. Ansonsten waren wir in unseren Leistungen stabil. Ich denke, wir haben uns als Team gefunden, weil wir mehr Ruhe innerhalb der Mannschaft und im Umfeld haben. Es hilft uns auch, dass es vor dieser Saison nicht mehr so viele personelle Wechsel gab, so sind wir besser aufeinander eingestellt.

Du siehst also optimistisch in die Zukunft?

Ja, in jedem Fall. Man muss auch die Möglichkeiten realistisch betrachten. Wenn wir am Ende unter den Top Vier landen, ist das ein gutes Ergebnis, denn wir müssen auch sehen, dass zum Beispiel Kiel und Hamburg sehr starke Kader haben und in der Breite vielleicht noch einen Tick besser besetzt sind als wir. Dazu spielen Berlin und Flensburg bisher auch eine gute Saison. Es tut dem ganzen Verein gut, dass es keine Vorgaben gibt, die überzogen sind. Früher wurde gesagt, dass wir Meister werden müssen, was nicht immer realistisch war. Jetzt ist der Verein auf dem richtigen Weg und die Mannschaft entwickelt sich.

Du machst Dir viele Gedanken um die Löwen, aber im Sommer läuft Dein Vertrag aus. Welche Tendenz gibt es?

Ich fühle mich hier bei den Rhein-Neckar Löwen sehr wohl, auch in der Region gefällt es mir wirklich gut. Ich möchte mit dem Klub noch einiges erreichen und hoffe deshalb, dass wir vor der Europameisterschaft im Januar die Gespräche positiv abschließen können.

Gab es bereits Gespräche über Deine Zukunft?

Ich habe mit dem Trainerteam gesprochen und wir wollen gerne zusammen weiterarbeiten. Ich fühle mich hier sehr gut aufgehoben und denke, dass wir mit dem Coach die richtigen Voraussetzungen haben, um etwas zu erreichen. Ich weiß natürlich auch, dass die finanzielle Seite dazukommen muss und es da noch ein paar offene Fragen gibt. Wenn die geklärt sind, wird der Verein mit mir sprechen und ich hoffe, dass wir eine Einigung erzielen, denn ich würde meine Karriere in ein paar Jahren gerne bei den Löwen beenden. Wir haben nämlich eine tolle Truppe zusammen und ich genieße es, dass es bei uns jetzt nicht mehr ganz so turbulent zugeht, damit fahren wir nämlich gut.

Mit Eintracht Hildesheim wartet als nächster Gegner ein Aufsteiger, da muss in der eigenen Halle ein Sieg her, oder?

Ja, es ist klar, dass wir Hildesheim in einem Heimspiel schlagen müssen. Aber das bedeutet auch, dass wir uns gut und intensiv auf den Gegner vorbereiten müssen, schließlich sind uns nicht alle Spieler der Eintracht bekannt. Deshalb müssen wir intensives Videostudium betreiben.

Sind unbekannte Gegner wie die Hildesheimer in der Vorbereitung mitunter schwieriger als bekannte Teams wie zum Beispiel der HSV oder Kiel?

Grundsätzlich bereiten wir uns gegen jeden Gegner gleich intensiv vor. Aber gerade für mich als Abwehrspieler ist es schwer, wenn man die speziellen Wurf-Varianten und Finten der Gegenspieler nicht kennt. Aus diesem Grund schaue ich mir das vorher dann auf Video an. Bei Mannschaften wie Kiel oder Hamburg ist das etwas einfacher, weil man schon oft gegen die Jungs gespielt hat und die einzelnen Akteure schon über sehr viele Jahre kennt.