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„Ich habe Lindgren nicht entlassen“

Barcelona. Die erste Nacht als neuer Trainer der Rhein-Neckar Löwen verbrachte Gudmundur Gudmundsson noch im Hotel. „Ich habe gut geschlafen“, sagte der Isländer, der sich gestern Morgen mit dem Handball-Bundesligisten auf die Reise zum heutigen Champions-League-Spiel beim FC Barcelona (16.20 Uhr/live bei Eurosport) machte und sich am Flughafen Zeit für ein Interview nahm.

Herr Gudmundsson, das erste Spiel mit den Löwen führt Sie nach Barcelona. Es gibt sicherlich einfachere Gegner, oder?

Gudmundur Gudmundsson: Ich spreche lieber von einer interessanten Aufgabe und nicht von einer schweren. Es ist eine große Herausforderung, gegen Barcelona zu spielen. Wir treffen auf einen starken Gegner. Aber auch wir haben eine gute Mannschaft. Natürlich wird es nicht einfach für uns, aber wir können in Barcelona gewinnen.

Teile der Mannschaft reagierten überrascht auf die Entlassung Ihres Vorgängers Ola Lindgren. Wie werden Sie den Trubel aus den Köpfen der Spieler bekommen?

Gudmundsson: Das werden die Jungs schon schaffen. Sie sind Profis und für uns geht es immer weiter. Es zählt nicht mehr die Vergangenheit, wir müssen in die Zukunft schauen.

Nach vielen Jahren sind Sie zurück in der Bundesliga. Wie groß ist die Freude darüber?

Gudmundsson: Ich bin sehr glücklich. Die Rhein-Neckar Löwen haben eine tolle Mannschaft mit einem großen Potenzial. Die Arbeitsbedingungen sind sensationell. Jeder Trainer würde sich freuen, wenn er bei solch einem Klub arbeiten dürfte.

Wann hat der Aufsichtsratsvorsitzende Jesper Nielsen Ihnen den Trainerjob bei den Löwen angeboten?

Gudmundsson: Das war vor drei oder vier Tagen, auf jeden Fall nach dem Sieg in Wetzlar.

Waren Sie überrascht?

Gudmundsson: Ja, mit dieser Anfrage hatte ich nicht gerechnet. Andererseits hat mich das Angebot auch sehr stolz gemacht.

Warum?

Gudmundsson: Weil es eine riesige Herausforderung ist, bei den Rhein-Neckar Löwen zu arbeiten. Ich werde alles dafür tun, damit wir Erfolg haben.

Sie waren Sportlicher Leiter der Kooperation zwischen AG Kopenhagen und den Löwen. Auch Sie haben von Kontinuität gesprochen. Trotzdem wurde Lindgren entlassen, was nicht gerade für Kontinuität spricht.

Gudmundsson: Das kann man sicherlich so sehen. Letztendlich hat sich die Vereinsführung aber zu diesem Schritt entschlossen. Sie wollte einen neuen Trainer. Ich war an dieser Entscheidung absolut nicht beteiligt und habe Ola Lindgren auch nicht entlassen. Das möchte ich ausdrücklich klarstellen. Ich habe mich immer auf meine Arbeit als Leiter der Kooperation konzentriert.

Was sind Sie für ein Trainer?

Gudmundsson: Ich bin ein ganz umgänglicher Typ, kann aber auch ein harter Hund sein, wenn sich die Spieler nicht auf das Wesentliche konzentrieren – und das ist Handball. Ich lebe für diesen Sport und erwarte die gleiche Hingabe von meiner Mannschaft. Es geht um Erfolg. Und den erreicht man nur, wenn man täglich sehr hart arbeitet und sich zu 100 Prozent auf seine Aufgaben fokussiert.

Sie haben einen Fünf-Jahres-Vertrag erhalten. Diese lange Laufzeit ist ungewöhnlich.

Gudmundsson: Das mag sein. Aber mein Vertrag zeigt, dass wir langfristig planen. Wir wollen eine der besten Mannschaften der Welt werden. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern dauert einige Zeit. Viele Leistungsträger sind langfristig an den Verein gebunden. Mir steht ein Gerüst zur Verfügung, mit dem ich arbeiten kann.

Und wann bejubeln die Löwen endlich den ersten Titel? Versprochen wird ein solcher Erfolg seit einigen Jahren.

Gudmundsson: Natürlich geht es für mich nicht nur darum, irgendwann in der Zukunft Erfolg zu haben. Wir wollen mit diesem Team auch kurzfristig etwas erreichen: in der Bundesliga, in der Champions League, im DHB-Pokal. Aber öffentlich werde ich darüber erst sprechen, wenn ich mit der Mannschaft geredet habe.

Von Marc Stevermüer

 25.09.2010