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„Ich hatte viele schlechte Tage“

Grzegorz Tkaczyk spricht vor dem Heimspiel gegen den TSV Hannover-Burgdorf über seine Leidenszeit

Das Dilemma hatte schon einige Zeit vorher begonnen, doch nach dem Testspiel gegen Medvedi Čechov im August 2009 ging gar nichts mehr. Als Grzegorz Tkaczyk die Halle in Straßburg verließ, ahnte er schon, dass schwere Zeiten auf ihn zukommen würden. Das Knie des Polen schmerzte und nach weiteren Untersuchungen stellte sich heraus, dass der Spielmacher um eine Operation und eine daran anschließende lange Phase der Reha nicht mehr herumkommen würde. Vor knapp zwei Wochen, im Champions-League-Duell gegen den RK Bosna Sarajevo, feierte der Rückraumspieler nach sieben Monaten Abwesenheit seine Rückkehr und stand auch im darauffolgenden Bundesliga-Heimspiel gegen die MT Melsungen auf der Platte. Im Interview beschreibt Tkaczyk seine Gefühle beim Comeback und gibt Einblicke in die Zeit, als ihn die Verletzung auch an der Fortsetzung seiner Karriere zweifeln ließ.

Herr Tkaczyk, wie geht es Ihnen im Augenblick?

Es geht mir gut. Dem Knie geht es gut, es fühlt sich gut an und ich habe eigentlich keine Beschwerden mehr.

Und wie fühlt es sich im Kopf an, nach langer Zeit wieder Handball spielen zu können?

Es ist ein tolles Gefühl. Ich bin wieder mit der Mannschaft zusammen und konnte wieder auf dem Feld stehen.  Das war für mich wichtig, darauf habe ich während meiner Reha immer hingearbeitet.

Seit wann sind Sie wieder im Training?

Ich habe seit Mitte Januar mit der Mannschaft trainiert. Am Anfang habe ich noch nicht alle Sachen mitgemacht, aber nach zwei, drei Wochen habe ich angefangen, die Intensität und die Umfänge etwas zu steigern. Mein Knie hat darauf zum Glück gut reagiert.

Wollten Sie nicht schon vorher wieder spielen?

Hmh, eigentlich nicht. Das Ziel war von Anfang an die Partie gegen Sarajevo, darauf war der Zeitplan ausgerichtet. Ich wusste, dass ich Gelassenheit brauche und nichts überstürzen darf. Das hätte negative Folgen für mein Knie haben können – und das wollte ich unter allen Umständen vermeiden.

Und dann kam der 6. März und die Begegnung gegen Sarajevo…

Darauf hatte ich hingearbeitet und an dieser Stelle muss ich mich noch ausdrücklich bei den Physiotherapeuten bedanken und natürlich auch bei Sportomed in Mannheim, wo ich meine Reha absolviert habe. Seit September bin ich dort jeden Tag hingefahren und habe mehrere Stunden für mein Comeback geschuftet. Die Strecke zwischen Rauenberg, wo ich wohne, und Mannheim kann ich inzwischen im Schlaf fahren. Da kenne ich jede Kurve und jeden Stein. Aber es hat sich ja gelohnt.

Sind Sie dort jetzt immer noch in Behandlung?

Ich hatte in der zurückliegenden Woche, unmittelbar nach der Partie gegen Melsungen, meinen letzten Termin. Die Behandlung ist jetzt abgeschlossen und ich hoffe, dass ich auch nicht mehr dorthin muss.

Mit welchen Gefühlen haben Sie gegen Sarajevo das Feld betreten?

Es waren herausragende Augenblicke, auf die ich hingearbeitet hatte. Aber zu lange konnte ich mich damit nicht aufhalten, denn das Spiel ging unmittelbar danach los und ich wollte ja eine gute Leistung zeigen und meinen Beitrag leisten, damit wir gewinnen.

Haben Sie noch einmal an Ihre Leidenszeit gedacht?

Nein, eigentlich nicht. Ich muss nach vorne schauen, nicht zurück.

Trotzdem, wie ging es Ihnen zwischen September 2009 und März 2010?

Die sechs, sieben Monate waren anstrengend. Ich hatte ja immer die Angst in mir, dass die Schmerzen wiederkommen. Das kann einen durchaus runterziehen. In der Reha ist es ohnehin so, dass man gute und schlechte Tage hat – vom Kopf her. Ich habe sehr viele schlechte Tage erwischt und zum Glück hat mich meine Frau Kinga immer unterstützt. Sie hat mir die nötige Hilfe gegeben, um die schlechten Phasen zu überstehen. Das war ganz entscheidend, damit ich jetzt wieder auf dem Feld stehe.

Hatten Sie Momente, in denen Sie an Ihrer Rückkehr gezweifelt haben?

Man weiß nicht, ob es klappt, wenn man nach einer solch schweren Verletzung an seinem Comeback arbeitet. Durch die Unterstützung meiner Frau habe ich den Glauben aber nicht verloren. Und jetzt bin ich wieder ein Teil der Mannschaft.

Wie war der Kontakt zu den Kollegen während der Reha-Phase?

Ich bin regelmäßig ins Training der Jungs nach Kronau gefahren. Ich wollte dabei bleiben. Der Kontakt zur Mannschaft hilft auch in den schweren Phasen. Ich habe von den Jungs immer die Unterstützung erhalten, die ich gebraucht habe.

Verspüren Sie Druck?

Ich fühle mich nicht unter Druck. Ich hatte Gespräche mit dem Manager und er hat mir vermittelt, dass ich in aller Ruhe versuchen soll, wieder in Form zu kommen. Für ihn ist wichtig, dass ich in der kommenden Spielzeit wieder ein vollwertiger Teil dieser Mannschaft bin. Für mich ist das jetzt wie ein Neustart, den ich mit ganzem Elan, aber ohne Druck angehen kann.

Jetzt stehen Sie wieder auf dem Feld. Welche Ziele haben Sie sich persönlich gesteckt?

Ich möchte versuchen, so viele Spielanteile wie möglich zu bekommen. Natürlich weiß ich, dass mir nach der langen Pause in erster Linie noch die Spielpraxis fehlt. Das habe ich auch bei meinen ersten Einsätzen gemerkt.  Körperlich bin ich in einem guten Zustand, denn ich habe viel im Bereich Kraft gearbeitet. Da funktioniert alles. Für mich zählt jetzt eben jede Minute auf dem Spielfeld, damit das Gefühl für das Spiel zurückkommt. Ich möchte wieder ein Niveau erreichen, mit dem die Mannschaft und der Trainer zufrieden sind, weil ich helfen kann.

Und welche Ziele haben Sie mit den Löwen?

Naja, da verfolge ich die gleichen Ziele wie alle. Wir sind wieder beim Final Four in Hamburg dabei und wir wollen alles dafür tun, um den Pokal beim fünften Versuch zu gewinnen. Darauf sind wir alle heiß, auch ich. In der Liga wollen wir wieder Dritter werden, um uns für die Champions League zu qualifizieren. Und in der Königsklasse haben wir gegen Valladolid die Möglichkeit, uns fürs Viertelfinale zu qualifizieren. Wenn wir das schaffen, sind wir nur noch einen Schritt vom Final Four entfernt – es wäre eine tolle Sache, wenn wir dort dabei wären.

Zunächst warten die Aufgaben gegen Hannover-Burgdorf und Dormagen. Da zählen in der heimischen SAP ARENA nur Siege, oder?

Keine Frage, wir sind der große Favorit und müssen diese Spiele gewinnen. Wir haben jetzt noch einige Heimspiele vor uns und wenn wir den dritten Platz erreichen wollen, dürfen wir keine Punkte mehr abgeben.

Und welche Ziele haben Sie persönlich für diese Begegnungen?

Ich möchte ein bisschen spielen. Ich hoffe, dass ich die Chance vom Trainer bekomme, um etwas Spielpraxis zu sammeln. Für mich zählt jede Minute.