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„Ich spiele mit den besten Spielern zusammen“
Löwen-Kreisläufer Bjarte Myrhol vor dem Spiel gegen Lemgo im Interview
Im Augenblick verbringt Bjarte Myrhol viel Zeit bei der Massage. „Im April und Mai tun die Muskeln einfach weh“, begründet der Norweger, der sich derzeit in toller Form befindet und ein Leistungsgarant der Rhein-Neckar Löwen ist, diese Tatsache. Mit unbändigem Einsatz bildet er mit Nikola Manojlović den Innenblock in der Abwehr, der nur schwer zu überwinden ist, und lässt sich darüber hinaus im Angriff vom Gegner nicht ausschalten. Beim Final Four in Hamburg wurde der Kreisläufer zu Recht zum besten Spieler der Veranstaltung gekürt und hat sich damit bei den Badenern einen hohen Stellenwert erarbeitet. Vor dem Duell mit dem TBV Lemgo – Mittwoch, 20:15 Uhr, Europahalle Karlsruhe – stellt sich der Norweger im Interview.
Das bittere 33:34 im Endspiel des DHB-Pokals gegen den HSV Hamburg liegt mittlerweile mehr als zwei Wochen zurück. Hast Du die Niederlage schon weggesteckt?
Ich war direkt nach dem Spiel sehr enttäuscht. Wir saßen alle zusammen in der Kabine und hatten die Köpfe unten. Neben mir saß Ólafur Stefánsson und er hat uns gesagt: Männer, jetzt sind wir auf dem richtigen Weg! Und wenn er das so sieht, muss ich das auch so sehen. Das war eine richtige und wichtige Ansprache von ihm, das hat mir geholfen.
Was kannst Du von den Tagen von Hamburg mitnehmen?
Unsere Leistungen dort waren wirklich sehr gut. Und das sehen ja auch die anderen Mannschaften. Wir spielen jetzt einen besseren Handball, gerade unser Angriffsspiel kann man nicht mehr damit vergleichen, was wir noch vor zwei, drei Monaten gezeigt haben. Das Zuschauen macht jetzt Spaß.
Du wurdest als bester Spieler des Final Four geehrt. Welchen Wert hat so eine Auszeichnung für Dich?
Das ist für mich schon eine positive Sache. Wenn man so eine Anerkennung bekommt, ist es einfacher, weiterhin so hart zu trainieren. Es ist eine Bestätigung dafür, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Es beweist mir, dass das Extratraining etwas bringt, schließlich habe ich mir Ziele gesetzt.
Welche Ziele sind das?
Ich möchte im August in der Form meines Lebens sein. Das habe ich mir während meiner Verletzungspause im Februar vorgenommen. Wenn die neue Saison startet, will ich so fit wie noch nie sein. Und diese Form kann man nicht in zwei, drei Wochen aufbauen, deshalb arbeite ich schon jetzt daran.
Du hast Deine Verletzung angesprochen, die Dich nach der EM auf Eis gelegt hat. Was genau hattest Du denn?
Ich habe mich im Spiel gegen Österreich bei einem Zweikampf im Nackenbereich verletzt. Allerdings konnte mir niemand eine genaue Diagnose geben. Ich war bei fünf verschiedenen Ärzten oder Physiotherapeuten, aber es konnte nie genau geklärt werden, was ich habe. Ich hatte einfach nur Schmerzen und konnte nicht Handball spielen. In dieser Phase hat mir Sven Raab, unser Physio, sehr geholfen. Er hat viel mit mir gearbeitet und hat auch ertragen, wenn ich schlechte Laune hatte. Ich muss Sven danken, dass ich jetzt wieder fit bin und gute Leistungen zeigen kann.
Du musstest den gesamten Februar pausieren…
Ja, ich hatte zwar schon etwas früher keine Schmerzen mehr, aber es war wichtig, dass ich meinen Körper erst wieder in die richtige Form bringe, um spielen zu können. Sonst hätte ich mich vielleicht erneut verletzt. Deshalb habe ich auch ein paar Mal mit der TSG Friesenheim trainiert, weil wir in dieser Phase wegen der vielen Spiele fast nur Regenerationstraining gemacht haben. Das hat mir gut getan.
Trotz der Pause spielst Du im Moment in herausragender Form. Wie geht das?
Das liegt nicht allein an mir. Ich spiele bei den Löwen mit den besten Spielern der Welt zusammen. Nachdem wir uns in der Hinrunde kennenlernen mussten, haben wir uns jetzt aufeinander eingestellt. Für mich ist es ja eigentlich nicht so schwer den Ball zu fangen. Entscheidend ist, dass ich gut in Szene gesetzt werde. Und ich profitiere von allen Rückraumspielern unserer Mannschaft. Es ist toll, wie sie mich einsetzen.
Jetzt hast du noch jede Menge Spiele bis zum Saisonende, anschließend folgen die WM-Qualifikationsspiele mit der norwegischen Nationalmannschaft. Gibt es danach eigentlich genug Zeit, um Kraft zu tanken und Dich zudem in die Form Deines Lebens zu bringen?
Wir müssen im Juni gegen Litauen ran, das wird schwer genug, weil wir am 20. Juni auswärts spielen. Es stimmt, dass die Zeit danach kurz ist, aber ich habe eine Idee, wie ich meinen Körper richtig aufbauen kann, damit ich im August in bester Verfassung bin.
Welche Idee ist das?
Das möchte ich für mich behalten, aber ich kann so viel sagen: In der Vergangenheit habe ich viele Intervallläufe gemacht, jetzt denke ich, dass es besser ist, mit mehr Pausen zu arbeiten, um dem Körper die Möglichkeit zur Erholung zu geben.
Du hast die WM-Qualifikation gegen Litauen angesprochen. Wie wichtig ist es für Dich, für Norwegen zu spielen?
Das ist sehr wichtig, denn ich habe einen Traum und der lautet, mit einer Medaille um den Hals von einer großen Meisterschaft nach Hause zu fahren. Bei den zurückliegenden drei Turnieren waren wir immer nahe dran, ins Halbfinale einzuziehen, haben es aber nicht geschafft. Ich glaube, dass wir es bei den nächsten drei Veranstaltungen packen können, weil wir ein Team haben, in dem die wichtigen Spieler im richtigen Alter sind. Bis zu den Olympischen Spielen 2012 in London sehe ich große Chancen für uns, eine Medaille zu holen.
Welche Ziele hast Du mit den Löwen?
Was hier so viel Spaß macht, ist die Zukunftsplanung der Spieler. Ich sehe das Potenzial in der Mannschaft. Wenn ich mir zum Beispiel Patrick Groetzki anschaue, mit welcher Lust er ins Training geht, um besser zu werden. Das macht mir Freude und das motiviert mich, auch immer besser werden zu wollen.
Was ist für die Löwen möglich?
Im Augenblick können wir den HSV Hamburg oder den THW Kiel an einem Tag schlagen. Aber wir können noch nicht über zehn Monate in der Meisterschaft mithalten. Das ist unser Ziel und dafür arbeiten wir jeden Tag, damit wir auch auf dieses Niveau kommen. Das ist ein harter Weg, wenn man sich überlegt, dass wir in der Liga im Moment nur Vierter sind, obwohl wir – wie ich finde – eine gute Saison spielen. Der HSV hat zum Beispiel bisher eine überragende Saison gespielt und ist trotzdem nur einen Punkt vor Kiel.
Was muss sich noch verbessern, damit ihr so gut wie Hamburg und Kiel werdet?
Es geht darum, dass sich der gesamte Verein verbessert und nach vorne entwickelt. Auch das Zusammenspiel mit den Zuschauern müssen wir verbessern. Ein gutes Beispiel war das Champions-League-Spiel gegen Valladolid. Vor der Partie war ich etwas müde in den Beinen und saß in der Kabine. Als ich in die Halle gekommen bin und unsere Fans so richtig laut waren, war das wie ein neuer Akku für meine Beine. Wenn wir so eine Stimmung öfter haben, wäre das toll. Ich bin bereit, etwas dafür zu tun.
Also müssen die Fans besser werden?
Besser werden ist in diesem Fall der falsche Begriff. Ich hoffe einfach, dass wir es schaffen, dass wir bei den Heimspielen acht Spieler haben. Ich schaue in meiner Freizeit viel Sport und sehe immer wieder, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen Team und Zuschauern ist. Die Fans müssen spüren, dass sie ein Teil der Mannschaft sind. Wenn wir ihnen dieses Gefühl vermitteln können, haben wir einen Heimvorteil. Ich bin bereit, dafür mit unseren Anhängern zusammenzuarbeiten.
Du bist seit vergangenem Sommer ein Löwe und lebst in Rauenberg. Hast Du Dich mit Deiner Freundin inzwischen eingelebt?
Wir fühlen uns hier sehr wohl. Die Menschen und das Wetter sind spitze. Im April kann ich schon im T-Shirt draußen sitzen, das wäre in Norwegen nie möglich. Und in der nächsten Saison bekommen wir neue Nachbarn. Børge Lund zieht neben uns ein, darauf freue ich mich auch schon.
Neben Deinem norwegischen Landsmann kommt mit Róbert Gunnarsson auch ein neuer Kreisläufer. Wie siehst Du diese Verpflichtung?
Konkurrenz tut immer gut. Das bringt mich nach vorne.
Also sind die Löwen auf dem richtigen Weg?
Wir brauchen Kontinuität. Wenn wir weiter an uns arbeiten wie im Moment und viele kleine Punkte verbessern, sind wir auf dem richtigen Weg, dann stimmt die Richtung.
Du hattest schon in Nordhorn Probleme mit der Bandscheibe. Hast Du diese Probleme mittlerweile im Griff?
Das waren Belastungsschmerzen und nur ein kleiner Bandscheibenvorfall. Darüber habe ich Kontrolle. Ich habe schließlich bei den Löwen noch kein Spiel deshalb verpasst. Die Rückenschmerzen habe ich im Griff, weil die Physiotherapeuten viel mit mir arbeiten und ich die Muskulatur gestärkt habe.
Jetzt geht es gegen den TBV Lemgo. Was erwartest Du von dem Spiel in der Karlsruher Europahalle?
Lemgo hat eine Riesenauswahl. Die haben auf jeder Position einen Topspieler. Dass sie nicht so gut in der Liga platziert sind, liegt daran, dass sie Unruhe im Verein und in der Mannschaft hatten. Aber sie haben schon gezeigt, dass sie die besten Mannschaften schlagen können. Sie haben gegen Kiel drei Punkte geholt. Ich erwarte eine enge Kiste.
Die Löwen müssen gewinnen, wenn sie weiterhin die Chance auf den dritten Platz wahren möchten.
Ja, das stimmt. Aber wir sind Druck gewohnt. Damit kommen wir gut zurecht.
Ist es ärgerlich, dass die Begegnung gegen Lemgo ausgerechnet zwischen den beiden Champions-League-Spielen gegen Kiel angesetzt ist?
Wir können den Spielplan ja nicht ändern. Außerdem hat Lemgo ja auch Europapokalspiele und ist entsprechend im Stress. Mit einer vollen Halle und der Unterstützung der Fans können wir Lemgo unter Druck setzen und zwei Punkte holen, da bin ich mir sicher.