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„Vielleicht fehlt noch die Abgezocktheit“

Heidelberg. Der Manager litt am Spielfeldrand mit, drehte sich immer wieder im Kreis. Thorsten Storm wusste nicht wohin mit seiner Energie, mit seiner Nervosität. Der Champions-League-Knaller der Rhein-Neckar Löwen gegen den THW Kiel wühlte ihn auf, schüttelte ihn kräftig durch. Den Zuschauern in der ausverkauften SAP Arena ging es ähnlich. Sie rutschten auf ihren Schalensitzen hin und her, vor und zurück. Doch all das Daumendrücken half nichts. Wieder einmal zog man den Kürzeren, wieder einmal galoppierten die „Zebras“ in der Schlussphase auf und davon. 28:29 hieß es am Ende.

Am Tag danach herrschte Katerstimmung bei den Löwen, der Frust saß tief. Aber unter all die Enttäuschung mischte sich auch die Zuversicht, der Glaube an die eigene Stärke. „Uns frühstückt keiner mehr ab“, erklärt Storm, „egal, wie der Gegner auch heißen mag. Das haben die Leistungen beim Final Four und nun gegen Kiel eindrucksvoll gezeigt.“

Aber was ist es dann, was zuletzt immer die anderen jubeln ließ? Warum wird man stets auf der Zielgeraden abgefangen? Warum knabbern die Löwen die dicken Brocken nur an, anstatt sie zu verschlingen. Storm grübelt – aber nur kurz. Er hat die Fährte aufgenommen: „Vielleicht fehlt uns noch die Abgezocktheit. Denn was das Spielen betrifft, sind wir Hamburg und Kiel sehr nahe gekommen.“

Aufgeben ist für die Gelbhemden jedoch ein Fremdwort. Entschlossen werden sie zum Rückspiel nach Kiel reisen, die „Besten aus dem Südwesten“. Das Ziel ist klar: Der THW Kiel soll in der Ostsee versenkt werden. Storm: „Wir sind in Kiel nicht chancenlos und spielen auswärts oft besser. Aber wir waren vorher nicht der Favorit und sind es jetzt auch nicht.“

Machbar erscheint die Wende, wenn alles passt, wenn jeder an seinem Optimum kratzt. Am Sonntag war das nicht so. Selbst Olafur Stefansson, der Löwen-Superstar mit der Lizenz zum Zuckerpass, nahm sich eine Auszeit. Stefanssons Ideen wurden schmerzlich vermisst. Seine Tore auch. Storm will das nicht abnicken. Er stellt sich vor ihn: „Kiel hat Olafur perfekt abgeschirmt, weil sie wissen, was er für unser Spiel bedeutet. Wir sprechen nach dem zweiten Spiel über seine Leistung.“

Morgen um 20.15 Uhr kann man nochmals „testen“. In der Karlsruher Europahalle treffen Uwe Gensheimer und Co. im Bundesliga-Duell auf den TBV Lemgo. Ein Sieg ist Pflicht. Nur so darf weiter von der direkten Champions-League-Qualifikation geträumt werden. Folglich gilt es hellwach zu sein. Gerade gegen Lemgo, das an einem guten Tag jeden Gegner in die Knie zwingen kann. Storm weiß das. Er warnt: „Das könnte eine ganz enge Partie werden. Es ist wie ein Endspiel. Wir sind unter Zugzwang.“ Die Löwen werden also voll gefordert. Den Kielern geht es besser: Der Branchenführer kann die Beine hochlegen, ist spielfrei. Storm findet’s unfair, sagt: „Das ist vor einem Champions-League-Viertelfinale nicht in Ordnung.“

Unmittelbar nach der Niederlage gegen Kiel tagten im „Ufo“ die Löwen-Oberhäupter. Sämtliche Gesellschafter tauschten sich aus. Jesper Nielsen, der Aufsichtsrats-Vorsitzende, führte Regie. Es wurde viel besprochen, unter anderem auch die Weichen für die Zukunft gestellt. Klar ist: Die Verträge mit Uwe Gensheimer (Vertrag bis 2012), Karol Bielecki (2012), Patrick Groetzki (2011) und Bjarte Myrhol (2011) sollen rasch verlängert werden. Und noch hinter eine weitere Personalie will der Schmuckbaron einen Haken machen: Er möchte nach RNZ-Informationen auch Manager Thorsten Storm (2012) bis 2015 an die Löwen binden.

Von Daniel Hund

 27.04.2010