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„Ich war in meinem ganz persönlichen Tunnel“ (MM)

Löwen-Torwart Jonas Maier aus Plankstadt hält überragend – und wird mit der U-18-Nationalmannschaft Europameister / Bundesliga-Termine fixiert

MANNHEIM. 30 Sekunden vor dem Spielende sprach nichts mehr für die deutsche Mannschaft. Die schwedische Handball-Auswahl führte im Finale der U-18-Europameisterschaft mit zwei Treffern. Doch dann passierte das eigentlich Unmögliche. Die deutsche Formation rettete sich in die Verlängerung und gewann tatsächlich durch einen sensationellen 30:29-Sieg den Titel gegen die hochfavorisierten Skandinavier.

Unbezwingbar in der Verlängerung

Der umjubelte Held: Torwart Jonas Maier. Er vernagelte nicht nur in den Schlusssekunden der regulären Spielzeit sein Tor („Mir war klar, dass ich jetzt einen Ball halten muss“), sondern avancierte auch in der Verlängerung zur unüberwindbaren Mauer. „Ich war in meinem ganz persönlichen Tunnel“, berichtet der sympathische 18-Jährige, der ab dieser Saison zum Kader des Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen gehört.

Welcher Schwede auch immer auf das Tor warf, er fand im überragenden Maier seinen Meister. Mit seinen Reflexen und Paraden verlieh der Plankstadter seinem Team Sicherheit und sorgte fast im Alleingang für die Wende, der Lohn war die Wahl zum besten deutschen Final-Spieler.

„Jonas hat die letzten fünf Bälle, die auf sein Tor kamen, alle gehalten“, staunte U-18-Coach Klaus-Dieter Petersen ebenso wie Herren-Bundestrainer Martin Heuberger: „Maier war überragend, legte den Grundstein zum Erfolg.“ Auch Löwen-Manager Thorsten Storm registrierte die erstklassige Leistung des jungen Schlussmannes: „Es ist toll für uns, dass Jonas Europameister wurde und einer der besten Spieler der EM war.“

Noch in der Vorrunde hatte die DHB-Auswahl deutlich mit 20:29 gegen Schweden verloren, im Finale machten es die deutschen Talente dann wie Sepp Herbergers Fußballer 1954 gegen die hochfavorisierten Ungarn: Sie drehten den Spieß um. „Wir waren der krasse Außenseiter. An Schweden führte eigentlich kein Weg vorbei. Es war normalerweise nicht möglich, diesen Gegner zu besiegen. Aber wir haben an uns geglaubt und nie aufgegeben, wie die Schlussphase beweist. Ein EM-Endspiel erreicht jeder von uns vielleicht nur einmal im Leben“, denkt Maier gerne an den Krimi von Bregenz zurück: „Das war ein geiles Finale mit unglaublich vielen Emotionen.“

Glückwünsche von Löwen-Stars

Was folgte, war eine rauschende Party-Nacht bis in die frühen Morgenstunden, am Montag folgte eine anstrengende Rückreise mit dem Zug zurück in die Metropolregion Rhein-Neckar. Und natürlich rissen die Glückwünsche nicht ab. Sein Kumpel Niklas Ruß (SG Leutershausen) meldete sich ebenso wie Nationalspieler Patrick Groetzki oder Löwen-Torwarttrainer Tomas Svensson, der mehrfach in seiner Karriere Champions-League-Sieger, Welt- und Europameister wurde: „Die Anerkennung von diesen Persönlichkeiten zu bekommen, freut mich unheimlich.“ Gerade der ehemalige Weltklasse-Keeper Svensson gilt als sportlicher Ziehvater Maiers: „Dank ihm habe ich in meiner Entwicklung einen großen Sprung gemacht.“

Keine Frage: Der Plankstadter ist glücklich und stolz, aber nicht zufrieden, sondern richtig ehrgeizig. Denn natürlich will das Toptalent irgendwann nicht mehr nur die Nummer drei bei den Löwen sein, weshalb für ihn nun kein Urlaub ansteht, sondern heute ein Training beim Bundesligisten. „Ich muss aber irgendwie noch mein Zeugnis abholen“, schmunzelt der 1,87-Meter-Mann, der die Carl-Theodor-Schule in Schwetzingen besucht und im nächsten Jahr sein Abitur macht: „Das wird eine harte Zeit.“ Was Maier allerdings alles leisten kann, hat er in Bregenz gezeigt. Spätestens seit Sonntag sollte es für ihn keine unlösbaren Aufgaben mehr geben.

Von Marc Stevermüer