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Ilija Abutovic: Kulturschock für die Abwehrkante

Löwen-Neuzugang aus Serbien lernt neues Land, neue Regeln und neues Abwehrsystem kennen

Ilija Abutovic. In einem Internet-Video von Anfang Mai sieht man Ilija Abutovic zusammen mit dem mazedonischen Fitness-Guru Tose Zafirov. Gemeinsam wuchten sie sich einen halben LKW-Reifen zu, schleudern Medizinbälle gegen die Wand. Während Zafirov, stehend vor glänzenden Muskeln, gestenreich zu Werke geht, hat man bei Herrn Abutovic den Eindruck, dass ihn das Ganze ungefähr so mitreißt wie eine schlafende Weinbergschnecke. Dabei ist der Neuzugang für den Innenblock der Rhein-Neckar Löwen alles andere als ein Stoiker. Kommt man mit ihm ins Gespräch, lernt man die serbische Abwehrkante als zutiefst sympathischen und aufgeschlossenen Menschen kennen.

Genau diese Art hilft dem 2,02 Meter großen Mann dabei, den Kulturschock zu überwinden, der mit seinem Umzug vom Balkan ins Süddeutsche einhergegangen ist. „Zum Beispiel das mit dem Müll“, sagt Ilija Abutovic auf die Frage nach den Unterschieden zwischen seiner alten und seiner neuen Heimat. In Serbien oder Mazedonien, wo er zuletzt spielte, kenne man das nicht. „Hier darf man nicht einmal ein Stück Pizza im Karton lassen“, sagt der Neu-Löwe und schmunzelt. Was ihm sonst noch besonders aufgefallen ist? „Dass hier alle sehr viel Wert auf Pünktlichkeit legen. Und auf Disziplin.“

Sieben Jahr Abwehrchef bei Vardar Skopje

Ilija Abutovic ist reiner Abwehrspezialist. Disziplin zumindest ist ein Wort, mit dem Ilija Abutovic etwas anfangen kann. Nicht umsonst spielte er sieben Jahre lang im Abwehrzentrum einer der besten Mannschaften Europas. 2017 gewann er mit Vardar Skopje die VELUX EHF Champions League. Bei ihrer Ankunft als frischgekürte Helden in der mazedonischen Hauptstadt wurden der Abwehrchef und der Rest der Truppe von Hunderttausenden gefeiert. Ein Moment, den Ilija nach eigener Aussage nie vergessen wird – und der ihm noch heute Gänsehaut beschert.

Der Mann mit der markanten Nase, der kantigen Gestalt und der rustikalen Spielweise kann durchaus emotional werden. Auf dem Feld, in Aktion, im Kampf Mann-gegen-Mann, ist davon aber weniger zu spüren. Da räumt Ilija seine Gegner mit geschäftsmäßiger Ruhe ab, bildet eine nur schwer zu überwindende Ein-Mann-Mauer. Nach seinem Wechsel zu Vardar im Jahr 2011 kommt er ausschließlich in der Abwehr zum Einsatz. Mag er es, anderen wehzutun? „Ich spiele sehr gerne Abwehr, ich spiele gerne hart“, sagt Abutovic, ergänzt aber auch, dass die Spielweise immer zum Spiel passen müsse. Der 30-Jährige ist kein unfairer Kamerad, weiß sich meistens mit einem guten Auge und genauso vorzüglicher Beinarbeit zu helfen. In Skopje vermissen sie ihn schon jetzt und fürchten ohne Abutovic, die Zweikampf-Maschine, um ihr gefürchtetes Bollwerk.

Ein ganz neues System

Ilija Abutovic im Gespräch mit Steffen Fäth. Bei den Löwen wiederum freut sich Trainer Nikolaj Jacobsen auf einen Qualitätsschub für die Defensive. Mit Ilija, Jesper Nielsen und Gedeón Guardiola hat er nun drei Defensivspezialisten auf höchstem Niveau, dazu noch Filip Taleski, der das auch sehr ordentlich machen kann. Mit den Kollegen, sagt Abutovic, verstehe er sich von Tag zu Tag besser. Wenngleich er klarstellt, dass die Löwen-Abwehr so gar nichts zu tun habe mit dem, was sie in Vardar praktiziert haben. „Das sind zwei ganz verschiedene Systeme, das kann man nicht vergleichen.“

Läuft alles nach Plan, werden beide Seiten von dem Wechsel profitieren. Ilija Abutovic wird ein Stückchen flexibler, die Löwen-Verteidigung eine Portion stabiler. Dann wird man bestimmt auch noch viel öfter die emotionale Seite der serbischen Abwehrkante sehen.