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Im Stile eines Spitzenteams (MM)

Rhein-Neckar Löwen überzeugen beim 30:22 in Balingen / Lob von Trainer Gudmundur Gudmundsson

BALINGEN. Entnervt lief Matthias Puhle in Richtung Ersatzbank. Mit quälendem Blick schaute der Torwart der HBW Balingen-Weilstetten nach 39 Spielminuten seinen Trainer Rolf Brack an und fragte: „Was soll ich da machen?“ Der verzweifelte Schlussmann bekam keine Antwort, sie lag ohnehin auf der Hand: Nichts! Denn wieder einmal war Sekunden zuvor Uwe Gensheimer vor seinem Tor aufgetaucht. Der Linksaußen der Rhein-Neckar Löwen wurde von den Balingern nicht angegriffen – und traf aus dem Rückraum mit einem trockenen Wurf zum 19:10. Schon zu diesem frühen Zeitpunkt der Begegnung war klar, dass der badische Handball-Bundesligist mit einem Sieg in die neue Saison starten würde. Am Ende wurde es ein 30:22 (15:8)-Erfolg.

 Landin überragend

Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson ballte direkt nach dem Schlusspfiff beide Fäuste, reckte sie in die Höhe – eine Last fiel von seinen Schultern. Der Isländer verteilte reichlich Lob, geriet fast ins Schwärmen. „Es gibt zwei Gründe, warum wir hier gewonnen haben. Oder drei. Oder vier“, flachste der 52-Jährige und lachte. In der Tat spielten die Löwen wie aus einem Guss. Vor dem sensationell parierenden Torwart Niklas Landin stand eine ganz stabile Abwehr, der Grundstein für das gefürchtete Umschalt- und Tempospiel wurde so gelegt. Mehr als ein Dutzend Kontertreffer erzielten die Gelbhemden.

„Unsere Defensiv- und Torwartleistung war überragend“, sagte Gudmundsson, der einen starken Innenblock mit Gedeón Guardiola und Neuzugang Nikola Manojlovic sah. Die beiden Abwehrspezialisten harmonierten, als ob sie seit Jahren zusammenspielen. Bjarte Myrhol wurde deshalb in der Deckung gar nicht gebraucht, der Norweger konnte sich auf seine Offensivaufgaben konzentrieren. Und da wurde er am Kreis immer wieder in Szene gesetzt. Die Löwen traten als homogene Einheit auf, die auch aus dem Positionsangriff immer wieder zu Toren kam. „Wir waren auf alle Balinger Abwehrsysteme gut vorbereiteten“, freute sich Gudmundsson über das Ergebnis seines stundenlangen Videostudiums.

HBW-Trainer Brack tüftelte und trickste, probierte alles aus – doch gegen diese Löwen war kein Kraut gewachsen. Die Badener agierten mit dem Selbstvertrauen eines Europapokalsiegers und der Sicherheit eines Spitzenteams. Ein Rädchen griff ins andere, was nicht zuletzt daran lag, dass Gudmundsson in der Startformation – von Manojlovic im Abwehrzentrum einmal abgesehen – auf Neuzugänge verzichtete. Landin hielt fast jeden Ball, Kim Ekdahl du Rietz spazierte mit Wucht durch die Balinger Abwehr, Andy Schmid zauberte, Gensheimer traf, Myrhol auch. Im rechten Rückraum überzeugten zudem Isaías Guardiola und Neuzugang Runar Karason, der in der Schlussviertelstunde drei Treffer bei drei Versuchen erzielte. „Er hat das sehr gut gemacht“, sagte Gudmundsson, der wenig zu kritisieren hatte – aber auch einen Wunsch äußerte: „Wir müssen noch stabiler werden und unser Niveau halten, wenn wir durchwechseln.“

Für den Anfang war der Auftritt des ambitionierten Champions-League-Teilnehmers aber mehr als ordentlich. „Wir sind gut in die Partie gekommen. Nach 20 Minuten war alles entschieden“, sagte Schmid mit Blick auf die frühe 11:4-Führung: „Danach ging es nur noch darum, Balingen nicht mehr herankommen zu lassen. Das klappte – solch einen Start hatten wir uns erhofft.“

Von Marc Stevermüer