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„Jeder hat das Hinspiel im Hinterkopf“

Kim Ekdahl du Rietz im Interview

An das Hinspiel in Kristianstad haben die Rhein-Neckar Löwen keine guten Erinnerung. 12:20 lagen die Badener zur Pause zurück und lieferten eine richtig schwache Vorstellung ab. Am morgigen Donnerstag kommt es in der FRAPORT Arena Frankfurt zum Rückspiel, Anwurf ist um 20:45 Uhr. Vor der Partie spricht Rückraumspieler Kim Ekdahl du Rietz über das erste Duell mit seinen Landsleuten, die Situation der Löwen in der Champions League und über seine Rücktritt aus der schwedischen Nationalmannschaft.

Kim, die Hinspiel-Niederlage gegen den morgigen Gegner IFK Kristianstad dürfte dir noch in schlechter Erinnerung sein. War das 29:32 in Schweden eure bislang schwächste Saisonleistung?

Kim Ekdahl du Rietz: Das war meiner Meinung nach sogar unser schlechtestes Spiel seit ich bei den Löwen bin. So haben wir schon lange nicht mehr auf die Fresse bekommen. Wir haben mit den Löwen in der Vergangenheit zwar schon einiges verdauen müssen, aber so wie in der ersten Halbzeit bis zum 12:20 sind wir selten auseinandergespielt worden – vor allem in der Abwehr, die sonst unsere große Stärke ist.

6:0-Formation, 3:3-Abwehr oder im Angriff –da hat gar nichts geklappt. Trainer Nikolaj Jacobsen hat sich vor allem darüber geärgert, dass ihr viel falsch gemacht habt, was vorher klar angesprochen wurde. War das auch eine Kopfsache?

Ekdahl du Rietz: Das würde ich nicht so sehen. Wir gehen in jedes Spiel mit der richtigen Einstellung, da sind wir in den vergangenen beiden Jahren sicher noch professioneller geworden. Aber klar ist natürlich auch, dass wir eigentlich die bessere Mannschaft sind und das auch zeigen sollten.

Kristianstad ist amtierender schwedischer Meister. Repräsentiert diese Mannschaft den Leistungsstand der Liga in deinem Heimatland?

Ekdahl du Rietz: Ehrlich gesagt verfolge ich das Geschehen dort nicht allzu intensiv, aber IFK ist sicher ein Verein, der aktuell über den anderen steht. Dort kommen im Schnitt 5000 Leute in die Halle, andere Klubs kommen da gerade auf die Hälfte. Zudem gibt es in dieser kleinen Stadt nicht viel anderes als Handball, dort herrscht eine große Begeisterung um dieses Team, und das gibt dem Klub natürlich auch ganz andere Möglichkeiten als der Konkurrenz.

Erkennst du die Handschrift von Trainer Ola Lindgren?

Ekdahl du Rietz: Um das seriös beurteilen zu können, habe ich nicht die nötigen Einblicke, und Ola Lindgren war während seiner aktiven Zeit ja eher ein Abwehrspezialist. Aber die Mannschaft hat eine klare Struktur, spielt einen schnellen Ball und der Trainer hat sicher jede Menge Professionalität in den Verein eingebracht.

Du kennst Ola Lindgren auch als Trainer der schwedischen Nationalmannschaft, einige deiner Kollegen haben ihn als Coach der Löwen erlebt. Was ist er für ein Typ?

Ekdahl du Rietz: Er ist ein sehr ruhiger Typ, der aber klare Vorstellungen hat. Auch in der Nationalmannschaft ist es eher Staffan Olsson, der mehr im Vordergrund steht. Dort haben die beiden sich die Aufgaben gut aufgeteilt.

Ola Lindgren gehört ja auch zu der so genannten Goldenen Generation die als „Benga Boys“ unter Trainer Bengt Johansson zeitweise den Welt-Handball dominierten. Schaut man zu so jemanden als jüngerer schwedischer Handballer auf?

Ekdahl du Rietz: Ich hatte immer mehrere Spieler von denen ich mir etwas abgeschaut habe, aber Spieler wie Ola Lindgren kennt natürlich auch in unserer Generation jeder. Sie haben viel für den schwedischen Handball geleistet.

In einem Interview mit dem „Mannheimer Morgen“ hat es Ola Lindgren in seiner Funktion als Nationaltrainer bedauert, dass du nicht mehr für die schwedische Auswahl zur Verfügung stehst. Ist das Kapitel Nationalmannschaft für dich endgültig abgehakt?

Ekdahl du Rietz: Man soll natürlich nie „nie“ sagen, aber momentan kann ich es mir tatsächlich nicht mehr vorstellen, für die Nationalmannschaft zu spielen. Das war sicher eine meiner schwierigsten – aber im Nachhinein auch eine meiner besten Entscheidungen. Für mich war es einfach wichtig, die Balance zwischen dem Handball und meinen restlichen Leben zu finden. Die Belastung in der Liga und in der Champions League ist immens hoch. Immer wenn sich die Gelegenheit bietet, mal den Kopf freizubekommen, würde die Nationalmannschaft auf dem Programm stehen. Man hat dann die Wahl zwischen etwas Urlaub oder zwei bis drei Wochen im nächsten Hotel zu sitzen und alle drei Tage zu spielen. Ich habe mich für Ersteres entschieden und kann mich jetzt wieder viel besser auf Handball konzentrieren, weil ich auch Phasen habe, in denen ich abschalten kann.

Du sprichst vier Sprachen, lernst gerne Neues kennen – hast du dich dennoch gefreut, als zur neuen Saison mit Mikael Appelgren ein Landsmann zu den Löwen kam?

Ekdahl du Rietz: Gute Frage. Ich wollte eigentlich – wie etwa in Nantes – nie, dass weitere Schweden in meiner Mannschaft sind, weil man dann schnell zu Gruppen zusammenfindet. Ich wollte es immer alleine in einer neuen Umgebung schaffen. Aber ich bin jetzt ja schon eine Weile bei den Löwen und bei „Apfel“ habe ich eine Ausnahme gemacht (lacht). Er ist ein echt klasse Kollege und wir quatschen jetzt tatsächlich auch mal schwedisch in der Kabine.

Zurück zum nächsten Spiel. Wie siehst du die Ausgangslage in der Champions League?

Ekdahl du Rietz: Schon mit den zwei Siegen gegen Montpellier haben wir einen wichtigen Schritt Richtung Achtelfinale gemacht und uns klar von den hinteren Rängen abgesetzt. Jetzt sollten wir einen Platz unter den ersten Vier ins Visier nehmen, um uns eine gute Ausgangsposition für die K.o.-Runde zu verschaffen.

Ein Sieg gegen Kristianstad würde da sicher helfen . . .

Ekdahl du Rietz: Natürlich. Und wir wollen auch den Heimvorteil nutzen – selbst wenn wir in Frankfurt spielen müssen. Außerdem hat jeder noch das Hinspiel im Hinterkopf. Da heißt jetzt nicht, dass wir Kristianstad so auseinandernehmen wollen, wie sie das mit uns im Hinspiel gemacht haben – aber den Eindruck aus der ersten Begegnung wollen wir schon korrigieren.