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Jurasik kam, sah und klaute einen Punkt

Karlsruhe. „Jeder kann mal einen schlechten Tag haben.“ Bertus Servaas, der Präsident des KS Kilece, hatte schon vor dem Champions League-Duell gegen die Rhein-Neckar Löwen eine Vorahnung, eine Art Kribbeln im Bauch. Er stufte die Gelbhemden nämlich keineswegs als übermächtig ein. Und er sollte Recht behalten: Der polnische Außenseiter holte in der „Höhle der Löwen“ vor 3.072 Zuschauern in der Karlsruher Europahalle ein 29:29 (15:17)-Remis.

„Wir wären selbst mit einer knappen Niederlage zufrieden gewesen“, freute sich Kielces Trainer Bogdan Wenta, „wir haben wirklich toll gekämpft.“ Löwen-Dompteur Ola Lindgren schaute dagegen ein wenig zerknirscht drein: „Wir können nicht zufrieden sein und müssen uns diesen Punkt nun anderswo zurückholen“, analysierte der Schwede.

Im Löwen-Tor breitete gestern zunächst Henning Fritz, der Weltmeister von 2007, seine Pranken aus. Doch er war in der Anfangsphase machtlos. Kielce legte los wie die Feuerwehr, erspielte sich schnell eine Zwei-Tore-Führung, was vor allem auch der Genialität des Ex-Löwen Mariusz Jurasik zu verdanken war: Seine Würfe trafen, seine Pässe kamen. Aber die Hausherren schlugen zurück.

Es entwickelte sich ein offener Schlagabtausch mit Vorteilen für die Löwen. Doch Tomasz Rosinski wurde zum umjubelten Helden: Drei Sekunden vor Schluss traf er zum Ausgleich. Die Enttäuschung der Löwen war riesig. Fritz und Co. standen fassungslos auf der „Platte“, trauerten mit den Fans dem verpassten Sieg hinterher. Wobei der Anhang dieses Mal nicht bedingungslos hinter der eigenen Sieben stand. Die Rückkehr Jurasiks, dem langjährigen Publikumsliebling der Löwen, löste bei dem einen oder anderen Schlachtenbummler zwiespältige Gefühle aus. Vereinzelte Jurasik-Rufe waren nicht zu überhören.

Und die Sympathien beruhten auf Gegenseitigkeit: „Ich hatte hier eine tolle Zeit und bin natürlich froh, mal wieder hier zu sein“, sagte der begnadete Rückraumschütze, „aber in Kielce macht es ebenfalls viel Spaß. Dort herrscht bei den Heimspielen auch eine Super-Stimmung.“ Gestern in den Abendstunden nahm sich der Bundesliga-Torschützenkönig der Vorsaison Zeit für einen gemütlichen Plausch. Ein paar alte badische Kumpels besuchten ihn im Mannschaftshotel Kielces zu einem kleinen Umtrunk.

Rhein-Neckar Löwen: Gensheimer 5/2, Bielecki 10, Harbok 5, Gudjonsson 1, Stefansson 1, Müller 1, Myrhol 3, Sigurdsson 2, Alvanos 1.
KS Kielce: Knudsen 4, Jurasik 7, Kuchczynski 2, Jachlewski 3, Stojkovic 8/6, Rosinski 3, Nat 1.
Stenogramm: 0:2, 3:5, 4:6, 6:6, 8:7, 10:8, 11:10, 14:11, 14:14, 16:14, 17:15 (Halbzeit), 18:17, 21:17, 23:19, 24:22, 26:24, 26:25, 28:26, 29:28, 29:29 (Endstand).

Von Daniel Hund

 09.10.2009