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Wenta-Sieben zieht Löwen einen Zahn

KARLSRUHE (de). Bis drei Sekunden vor Schluss konnten die Rhein-Neckar-Löwen gestern Abend vom Traumstart in die Champions-League träumen. Dann schlug Tomasz Rosinski zu, der polnische Handball-Meister KS Vive Kielce entführte mit 29:29 (17:15) einen Punkt aus der Europahalle.

„Wir hatten großen Respekt, aber die Mannschaft hat vorher gesagt, wir dürfen keinen Schritt zurückgehen“, erklärte Kielce-Trainer Bogdan Wenta, der zugab, er wäre auch mit einer Vier-Tore-Niederlage zufrieden nach Hause gefahren.

Die lag durchaus im Bereich des Möglichen, doch die Löwen machten sich an diesem Abend das Leben eher selber schwer. Ohne damit die aufopferungsvolle Arbeit der Kielce-Abwehr zu schmälern. Lange Zeit kontrollierte und dominierte die Mannschaft von Ola Lindgren das Spiel. Dass sie sich nie wirklich entscheidend absetzen konnte, lag an ihr selbst. Immer wenn die Chance dazu bestand, handelten sich die Männer um Abwehrchef Oliver Roggisch Zeitstrafen ein, die den Kielcern die Aufholarbeit leichter machten. Sechs alleine waren es in der zweiten Halbzeit, wobei Lindgrens Truppe die erste sogar für zwei eigene Treffer nutzte. So etwas geht nicht immer. Als schließlich Oliver Roggisch in der 57. seinem polnischen Kollegen Piotr Grabarczyk (56.) auf die „Rot-Strafbank“ folgte, stand es 28:27. Alexandros Alvanos, der den diesmal unglücklich agierenden „Helden vom Veszprem-Spiel“ Patrick Groetzki früh abgelöst hatte, traf mit herrlichem Hüftwurf zum 29:27, Siebenmeter-Experte Rastko Stojkovic verkürzte auf 29:28. Dann kam der wichtigste Auftritt von Kielce-Torhüter Marcus Cleverly, der sich wie Henning Fritz auf der Gegenseite nach der Pause zu einer Klasseleistung steigerte. Cleverly hielt Karol Bieleckis Versuch, mit seinem elften Treffer die Entscheidung zu besorgen. 18 Sekunden waren noch zu spielen, als Wenta zur Sieben-Feldspieler-Attacke blies.

„Wir haben nie unser Tempo gefunden, die Cleverness hat uns gefehlt und zudem waren wir auch ein bisschen bequem, das kann man sich nicht leisten“, befand der enttäuschte Ola Lindgren. „Es ist uns nicht gelungen, sie auf Abstand zu halten, dann haben sie uns in den letzten zehn Minuten einige Bälle weggenommen, vielleicht haben wir sie auch zu leicht genommen“, fasste Henning Fritz zusammen.

Einer war besonders stolz: Mariusz Jurasik, der Löwen-Publikumsliebling der vergangenen Saison, der nun das lustigerweise gelb-blaue (eigentlich die Löwen-Farben) Trikot von Kielce trägt. Er wurde mit viel Beifall begrüßt, eröffnete den Torreigen, kam auf sieben Treffer. „Es ist unwichtig, wie viele Tore ich gemacht habe“, meinte er, die Mannschaft habe sich den Punkt erkämpft.

So spielten sie
Rhein-Neckar-Löwen: Fritz, Szmal (zwei Siebenmeter) – Stefansson (1), Manojlovic, Bielecki (10) – Groetzki, Gensheimer (5/2) – Myrhol (4) – Roggisch, Harbok (5), Gudjohnsson (1), Müller (1), Alvanos (1), Prieto (n.e.)
KS Vive Kielce: Cleverly (bis 31. und ab 42.), Kubiszewski (31. bis 42. plus ein Siebenmeter, gehalten) – Jurasik (7), Knudsen (4/1), Podsiadlo – Kuchczyski (1), Jachlewski (4) – Stojkovic (8/6) – Grabarczyk, Rosinski (4), Krieger, Zoltak, Nat (1), Piwko, Glinski, Konitz (n.e.)
Spielfilm: 0:2 (3.), 4:6 (10.), 7:6 (14.), 13:10 (23.), 14:14 (26.), 17:15 (Halbzeit), 21:17 (37.), 26:23 (50.), 28:27 (58.) – Zeitstrafen: 9/5 – Rote Karte: Roggisch (57., 3. Zeitstrafe) – Grabarczyk (56.) – Siebenmeter: 3/2 – 8/7 – Beste Spieler: Bielecki, Stefansson, Fritz – Jurasik, Stojkovic, Cleverly – Zuschauer: 3072 – Schiedsrichter: San Jose/Murcia (Spanien).

 09.10.2009