Veröffentlichung:
Kampfansage Richtung Norden
Lemgo. Die vergangenen Wochen waren nicht einfach für Henning Fritz. Der Torhüter der Rhein-Neckar Löwen musste sich Kritik gefallen lassen. Mit seiner Leistung waren die Klub-Verantwortlichen nur selten zufrieden. Beim 38:22-Auswärtssieg im Spitzenspiel beim TBV Lemgo zeigte sich der Schlussmann des Handball-Bundesligisten aber wieder von seiner besten Seite. Die nackten Zahlen dokumentieren seine Weltklasse-Leistung: 22 Gegentore, 25 Paraden.
„Solch ein Spiel wünscht man sich natürlich als Torwart“, sagte Fritz, der nach der Partie gerne die Glückwünsche von Ex-Löwe Christian Schwarzer entgegennahm. „Blacky“ lachte und drückte seinen langjährigen Weggefährten. Er freute sich für ihn. Und auch Trainer Ola Lindgren war glücklich über die unglaublichen Reflexe und Reaktionen des Torhüters: „Henning hat sehr stark gespielt und ist für seine Trainingsleistungen belohnt worden. Es lief bei ihm zuletzt nicht rund, aber er hat immer seine gute Laune behalten.“
Nachsichtiger Trainer
Der Schwede gab sich sogar ein wenig nachsichtig: „Es ist nicht möglich, dass sich jeder aus unserer Mannschaft zehn Monate lang am Stück in Höchstform präsentiert. Wir schenken allerdings allen Spielern das Vertrauen und setzen darauf, dass sie ihr Potenzial abrufen.“
Torwart Fritz tat das in Lemgo, wie alle anderen auch. „Ich möchte fast behaupten, dass wir ein perfektes Spiel gezeigt haben“, lobte der 1,89-Meter-Mann, dem solche Sätze eher selten über die Lippen kommen. Und die Kritik an seiner Person, versicherte er, habe ihn ohnehin nicht beeindruckt: „Wir alle sind Handball-Profis. Ich war zuletzt auch nicht immer zufrieden.“
Den 35-Jährigen wirft so schnell nichts aus der Bahn, dafür hat er in seiner langen und überaus erfolgreichen Karriere schon zu viele Höhen und ein paar Tiefen erlebt. Die Demontage 2006/2007 in Kiel durch den damaligen Trainer Zvonimir Serdarusic dürfte dem sympathischen und ehrlichen Schlussmann schwerer zugesetzt haben als ein paar schwächere Partien im Löwen-Trikot – das er übrigens auch über die Saison hinaus gerne tragen würde. „Es gab erste Verhandlungen, ich habe aber noch ein, zwei Alternativen. Allerdings würde ich gerne in Mannheim bleiben. Wir haben ein Team mit Perspektive. Man muss uns nur in Ruhe arbeiten lassen“, sagte Fritz, dessen Vertrag bei den Badenern im Sommer 2010 endet.
Ob das mit der Ruhe aber so einfach möglich ist, steht auf einem anderen Blatt Papier. Die Gelbhemden polarisieren. „Wir haben am dritten Spieltag zum letzten Mal verloren, aber die Handball-Woche schrieb in der vergangenen Woche auf der Titelseite von einer Löwen-Krise nach den Unentschieden gegen Chambéry und Gummersbach. Das konnten wir alle nicht verstehen, warum wir so hart attackiert wurden“, kritisierte Lindgren das wöchentlich erscheinende Magazin. Doch damit nicht genug, der Trainer legte nach: „Im Fernsehen wurde gesagt, die beste Zeit von Ólafur Stefánsson sei vorbei. Er hat das absolute Gegenteil bewiesen.“
Fast schon schützend legte der Coach die Hand über sein Löwen-Rudel, von dem er noch mehr erwartet. „In Lemgo haben wir unsere beste Saisonleistung gezeigt. Aber ich kann nicht nur zufrieden sein. Wir haben neue Ziele und wollen noch besser werden“, sagte Lindgren, der nebenbei einen Gruß an die beiden Nordrivalen schickte: „Der THW Kiel und der HSV Hamburg sollen spüren, dass wir da sind. So weit weg sind wir nicht.“
Von Marc Stevermüer
19.11.2009