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Kapitän auf Konfrontations-Kurs

Mannheim. Ein anderes Jahr, eine andere Mannschaft – das gleiche Phänomen. Die Rhein-Neckar Löwen spielen seit der WM-Pause im Januar überragend, sammeln Punkte, feiern Siege – große Siege. Am Samstag fegten sie wenige Tage nach dem Coup in Kiel die SG Flensburg-Handewitt mit 41:31 (18:14) aus der Halle. Das Schützenfest gegen den Angstgegner glich einer Handball-Demonstration, die Vize-Meisterschaft ist weiterhin möglich.

Zu große Fluktuation

In die großen Jubelchöre wollte Kapitän Gudjon Valur Sigurdsson aber nicht einstimmen. Der stets kritische Geist entschloss sich zu einer ganzheitlichen Betrachtung. „Wir haben einen Lauf, aber so geht das seit Jahren. In der Hinrunde hinken wir stets unseren eigenen Ansprüchen hinterher, weil logischerweise die Abstimmung fehlt. In jedem Sommer kamen zuletzt fünf, sechs neue Spieler, was ich nicht immer verstanden habe. Es gibt Probleme, wenn ständig die halbe Mannschaft ersetzt wird“, sagte der Isländer, der für seine Ehrlichkeit geschätzt wird. Der Linksaußen verwies auf den designierten neuen Meister: „Der HSV Hamburg hat vor dieser Saison kaum Veränderungen am Kader vorgenommen und ist jetzt Erster. Die Hamburger haben offensichtlich viel richtig gemacht.“

Eigentlich sollte auch bei den Löwen endlich Kontinuität einkehren, doch die neuesten Pläne des Aufsichtsratsvorsitzenden Jesper Nielsen sehen bekanntlich anders aus. Er bereitet den nächsten großen Umbruch vor, zu dem auch Sigurdssons Weggang zu Nielsens Heimatverein AG Kopenhagen gehören soll. „Es hat mich überrascht, dass sich andere Personen zu meiner Zukunft äußern. Aber so ist das eben bei den Löwen: Es wird hier oft ein bisschen zu viel geredet“, sagte der 31-Jährige, der sich besonders über Nielsens Aussage wunderte, „Goggi“ habe immer von einem Wechsel nach Kopenhagen geträumt: „Das ist echt lustig. Als ich das gehört habe, war ich irritiert. Mein Vertrag bei den Löwen endet 2012. Und einen Verbleib habe ich nie ausgeschlossen.“

Trotzdem wird der Rechtshänder in der nächsten Saison wohl für den dänischen Topklub auf Torejagd gehen. Sigurdsson ist mit seinen wenigen Spielanteilen unzufrieden: „Ein Wechsel nach Kopenhagen ist wahrscheinlich. Für mich gibt es nicht so viele Optionen. In zwei Wochen fällt eine Entscheidung.“

Geht es nach Nielsen, steht diese schon fest. Der Löwen-Kapitän soll zusammen mit Róbert Gunnarsson, Ólafur Stefánsson, Karol Bielecki sowie dem eigentlich als Neuzugang bei den Gelbhemden eingeplanten Krzysztof Lijewski in Dänemark anheuern. Daran gebe es eigentlich nichts mehr zu rütteln, teilte Nielsen mit. „Alle haben gültige Verträge bei den Löwen. Keiner muss hier weg“, relativierte dagegen Manager Thorsten Storm. Er betonte aber auch: „Wir müssen uns hinterfragen, ob wir es uns wirtschaftlich leisten können, jede Position doppelt mit Weltklasseleuten zu besetzen.“

Nielsens eigene Welt

Unabhängig davon freute sich Nielsen über die Auftritte in Kiel und gegen Flensburg. „Die Jungs wollen sich mit starken Leistungen verabschieden. Wir haben sie immer gut behandelt. Das Team zeigt jetzt, welches Potenzial in ihm steckt“, sagte der Däne. Gewiss: Das Gehalt dürfte stimmen. Aber ob der Umgang des Aufsichtsratsvorsitzenden mit den Spielern vorbildlich war, ist angesichts der über die Medien geführten Personalpolitik diskutabel. Sein Lob sollte immerhin vermuten lassen, dass der 41-Jährige verstanden hat, wie wichtig Kontinuität ist, dass man Spieler nicht wie Schmuckelemente an einem Armband austauschen kann. Doch dem ist nicht so. Der Geldgeber will einen Umbruch. Das ist schwer nachvollziehbar.

Die Sprunghaftigkeit des Dänen wurde binnen weniger Sekunden wieder deutlich. Warum er denn den halben Kader austauschen wolle, wenn er selbst gesehen habe, dass bei den Löwen etwas zusammenwächst, lautete die Frage. „Man kann das jetzt nicht an zwei Spielen festmachen“, sagte Nielsen und sorgte für Verwunderung. Wenige Augenblicke zuvor hatte er schließlich die Auftritte in Kiel und gegen Flensburg gelobt und betont, dass die Mannschaft nun ihr Potenzial ausschöpfe. Es bleibt also dabei: Der Aufsichtsratsvorsitzende macht sich weiterhin die Welt, wie sie ihm gefällt. Fortsetzung folgt. Garantiert.

Von Marc Stevermüer

 11.04.2011