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Karabatics Angst vor Spielverderber Stefánsson

Montpellier. Wenn sich das Gesehene nicht in Worte fassen lässt, ist gerne die Rede davon, dass einem die Superlative ausgehen. Doch manchmal reicht einfach nur ein kleiner, kurzer und vor allem schlichter Satz, um die Leistung eines Sportlers zu beschreiben. „Er ist der beste Spieler der Welt.“ Diese sieben Worte mögen manch einem zu profan sein, doch sie drücken präzise und messerscharf die Klasse von Nikola Karabatic aus. Er ist der beste Handballer der Welt. Insbesondere wegen ihm werden die Rhein-Neckar Löwen heute (17 Uhr) im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League Schwerstarbeit verrichten müssen, um sich nach der 27:29-Hinspiel-Niederlage doch noch fürs Final Four zu qualifizieren.

„Wenn ich ihn spielen sehe, bin ich immer noch traurig, dass Nikolas Wechsel zu uns nicht geklappt hat“, gesteht Löwen-Manager Thorsten Storm. 2009 hatte der Superstar bereits einen Vorvertrag bei den Gelbhemden unterschrieben, er wollte den THW Kiel Richtung Südwesten verlassen. Doch dann wurde Karabatics sportlicher Ziehvater Zvonimir Seradarusic entgegen der ursprünglichen Planung kein Löwen-Trainer, und der Transfer zerschlug sich. Der Weltklasse-Spieler wechselte daraufhin zu seinem Heimatverein Montpellier, für den er schon in der Jugend spielte.

So ehrgeizig und titelhungrig sich der Rückraum-Mann auch auf dem Feld präsentiert – abseits der Platte gibt sich der 26-Jährige freundlich, bescheiden und volksnah. Geduldig erfüllte der Rechtshänder nach dem Hinspiel in Mannheim jeden Autogramm-Wunsch, in der Pressekonferenz fungierte er als Dolmetscher für seinen Trainer Patrice Canayer. Keine Frage: Karabatic ist nicht nur ein herausragender Spieler, sondern auch ein toller Mensch.

Niemals würde er auf die Idee kommen, sich wichtiger als die Mannschaft zu nehmen. Allüren sind ihm fremd, lieber adelt er andere. „Ólafur Stefansson und Stefan Lövgren sind die besten Spieler der Handballgeschichte“, sagte der Franzose dem Fachmagazin „Handballwoche“ und bedauerte, dass er niemals mit Löwe Stefánsson in einer Mannschaft gespielt habe: „Das wäre mein Traum gewesen, aber mein Wechsel zu den Löwen kam bekanntlich nicht zustande. Ólafur ist ein Riesenspieler, der Partien alleine entscheiden kann.“

Nicht zuletzt wegen Stefánsson hat der Olympiasieger, Welt- und Europameister riesigen Respekt. Er sieht Montpellier noch lange nicht beim Final Four. „Die Löwen spielen auswärts fast besser als in eigener Halle. Sie haben in Kiel, Barcelona und Zagreb gewonnen. Wir sind noch lange nicht durch und stehen vor einer schweren Aufgabe. Im Handball kann alles immer ganz schnell gehen“, erwartet Karabatic ein enges Kräftemessen.

Der Superstar verweist auf das Champions-League-Endspiel 2008, als er mit dem THW das Hinspiel bei Ciudad Real gewann, doch in eigener Halle versagten den Kielern beim zweiten Duell die Nerven. Überragender Mann beim spanischen Spitzenklub war damals pikanterweise Stefánsson. „Er hat das Finale im Alleingang gedreht“, erinnert sich Karabatic. Gleiches will der Franzose heute garantiert nicht noch einmal erleben.

Von Marc Stevermüer

 30.04.2011