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Keeper Jacobsen freut sich auf die Löwen (RNZ)

Kristianstad/Mannheim. Es herrscht Unruhe am Bus der serbischen Nationalmannschaft. Die letzte Testspiel-Niederlage gegen Dänemark (28:30) ist allerdings nicht der Grund, sondern das etwas eigenwillige Nominierungsprozedere des Nationaltrainers Veselin Vukovic. Er hat 17 Akteure zum letzten Olympia-Vorbereitungsturnier nach Kristianstad in Südschweden mitgenommen – aber nur 15 von ihnen werden ein London-Ticket erhalten. Nun steht die Verkündung der Entscheidung unmittelbar bevor. „Es war mit uns abgesprochen, dass erst kurz vor den Spielen die Plätze vergeben werden“, sagt Zarko Sesum. Er wirkt leicht nervös. Würde der Olympia-Traum des Rückraumspielers der Rhein-Neckar Löwen doch noch platzen?

Ein Blick auf die offizielle Olympia-Seite hätte genügt, um sich der Ungewissheit zu entledigen. Längst war Meldeschluss, und auch der Name von Zarko Sesum taucht in der riesigen Datenbank auf. Am Dienstag wird der 26-Jährige zum serbischen Tross zählen, der von Belgrad nach London reist. Die Strapazen der letzen Wochen – mit Lehrgängen in Belgrad und in den Bergen sowie dem Schweden-Trip – haben sich gelohnt. Förderlich auch der „Rückenwind“ aus der sportlichen Heimat. „Ich habe gehört, dass bei den Löwen alles in Ordnung ist“, sagte der Serbe. An der Themse hat er zunächst das Viertelfinale im Fokus. „Das wird schwer genug“, sagt Zarko Sesum. „In unserer Gruppe sind die vier Halbfinalisten der letzten Europameisterschaft.“ Neben Serbien sind das Dänemark, Spanien und Kroatien.

In der anderen Gruppe wollen die Schweden eine gute Rolle spielen. „Wenn wir das Viertelfinale verpassen würden, wäre das ein Desaster“, meint Kim Ekdahl du Rietz, der Neuzugang der Rhein-Neckar Löwen. Argentinien, Tunesien und vor allem Großbritannien dürften keine Stolpersteine sein. Die letzten Tests liefen für die Skandinavier allerdings nicht zufriedenstellend. Gegen Serbien gab es eine ernüchternde 21:23-Niederlage, gegen ein norwegisches B-Team einen 34:26-Arbeitssieg. Kim Ekdahl du Rietz registrierte dennoch Fortschritte: „Gegen Serbien waren wir nicht aggressiv genug in der Deckung und erlaubten uns vorne zu viele Fehler, gegen Norwegen lief es gerade in der zweiten Hälfte besser.“ Das galt vor allem für ihn: Gegen Serbien blass, war er gegen Norwegen hochmotiviert. Der Halblinke erzielte sieben Treffer und wurde zum besten Spieler der Partie gekürt.

So möchte er sich ab Mitte August auch im Dress der Rhein-Neckar Löwen präsentieren. Landsmann Tomas Svensson hält ihn über die Neuigkeiten aus dem Badischen am Laufen. „Natürlich denke ich schon an die Löwen, das ist doch meine Zukunft“, sagt Kim Eckdahl du Rietz. „Dort hat eine neue Ära mit jungen Spielern begonnen.“ Eine Wohnung hat er im „sehr schönen“ Heidelberg gefunden. Allerdings wird der 23-Jährige ohne Freundin Charlotta an den Neckar ziehen. Sie studiert in der Heimatstadt Lund. Nur eine halbe Stunde von Kristianstad entfernt. So saß sie beim letzten Test auf der Tribüne. Bei Kim Eckdahl du Rietz fing derweil das Kribbeln an. „Vielleicht ist es das einzige Mal in meinem Leben, das ich an den Olympischen Spielen teilnehme.“ Am Dienstag geht es nach London.

Einen Tag später trifft Niklas Landin ein. Er spricht von einem „kleinen Traum“ – und dem begegnet der Torwart mit großem Respekt. Obwohl Europameister Dänemark als einer der Top-Favoriten gilt, kommt aus dem Mund des 23-Jährigen keine Kampfansage. „Wir haben ein sehr gutes Team und gute Chancen auf das Viertelfinale. Wenn wir das erreicht haben, sehen wir weiter.“ In Kristianstad war Niklas Landin der gewohnt sichere Rückhalt der dänischen Farben.

Mit den Rhein-Neckar Löwen beschäftigt er sich nur ein „little bit“. Erst am Samstag hatte ihn sein zukünftiger Coach Gudmundur Gudmundsson angerufen. „Es ist alles in Ordnung, für meine Ankunft nach Olympia ist alles vorbereitet“, sagt der Keeper. Er wird zusammen mit Freundin Liv nach Heidelberg ziehen – in die bisherige Wohnung von Krzysztof Lijewski. „Ich werde in der Bundesliga gegen die besten Mannschaften Europas spielen – das ist eine weitere Stufe in meiner Karriere“, glaubt der Neu-Löwe. Übrigens: Unter Landin findet man ihn nicht in der offiziellen Starterliste von London. Landin ist eigentlich ein skandinavischer Mittelname, sein Familienname lautet Jacobsen.

Von Jan Kirschner