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Knatsch hinter den Kulissen (MM)

Mannheim. Thorsten Storm kämpft derzeit an vielen Fronten: Der Manager der Rhein-Neckar Löwen muss den Verein finanziell neu aufstellen, ihm eine andere Struktur geben, die Mannschaft verstärken. „Die Situation ist in allen Bereichen schwierig“, räumte der 47-Jährige zuletzt ein. Storm muss fraglos ziemlich viele Aufgaben auf einmal lösen – doch der Geschäftsführer bleibt ganz ruhig, versprüht Gelassenheit. Er hat – das versichert der gebürtige Norddeutsche immer wieder – alles unter Kontrolle: „Auch in der nächsten Saison werden wir eine starke Mannschaft haben.“

Nielsen hält 52 Prozent der Anteile

Hinter den Kulissen rumort es jedoch. Vor allem im Aufsichtsrat. Dem gehört der mächtige Geldgeber Jesper Nielsen nach seinem Rücktritt als Vorsitzender zwar nicht mehr an, weil er sich fortan auf AG Kopenhagen konzentrieren will. Gleichwohl ist die Ära Nielsen bei den Löwen noch lange nicht beendet. Der Däne ist mit 52 Prozent weiterhin Haupt-Gesellschafter des Klubs und – ob er will oder nicht – bis 2015 vertraglich zu Zahlungen an den Verein verpflichtet. Immer vorausgesetzt, er kann das noch: Aus Dänemark schwappen ständig neue Spekulationen über einen finanziellen Engpass Nielsens herüber. Auch deshalb reduzieren die Löwen freiwillig ihren Etat, um kein böses Erwachen zu erleben.

Über den plötzlichen Abschied des Dänen ärgert sich Michael Notzon dennoch. „Das ganze Projekt war langfristig angelegt. Jetzt haben wir eine missliche Situation, weil mit Finanzierungszusagen ein Kostenvolumen aufgebaut wurde. Das können wir nicht mit einem Fingerschnippen reduzieren“, sagt das Aufsichtsratsmitglied. Liebend gern würde es Nielsen offenbar sehen, wenn ein anderer Investor die Kosten übernähme. Auch Notzon wurde von ihm gefragt, ob er nicht einspringen wolle. „Aber selbst wenn ich eine Milliarde Euro zur Verfügung hätte, würde ich das nicht tun. Jesper Nielsen hat einige personelle Entscheidungen durchgesetzt, bei denen er sich um die Meinung anderer wenig scherte. Wieso sollte ich jetzt die Verantwortung für etwas übernehmen, was ich nicht angerichtet habe?“, fragt der Geschäftsmann.

Und so bleibt Nielsen nichts anderes übrig, als weiterhin seinen Verpflichtungen nachzukommen. „Sollten Verträge nicht eingehalten werden, müssten wir im schlimmsten Fall klagen“, meint Notzon, der aber genau das vermeiden will: „Mit einem Gang vors Gericht wäre niemandem gedient. Man denke nur an den Imageschaden für beide Seiten. Mal ganz abgesehen davon, dass es nichts bringt, in zwei Jahren einen Prozess zu gewinnen und zwischenzeitlich kein Geld zu bekommen.“

Und so wird nach einer konstruktiven Lösung gesucht, in der das Aufsichtsratsmitglied auch eine Chance sieht. „Es ist immer besser, breit aufgestellt und nicht von einer Person abhängig zu sein. Wir befinden uns in einer spannenden Phase. Mal sehen, was aus den 52 Prozent von Jesper Nielsen wird“, sagt Notzon, der nicht mehr Geschäftsführer des Hauptsponsors und Gesellschafters Goldgas ist: „Ich habe meine Anteile verkauft, berate das Unternehmen aber in Sportsponsoringfragen. Zu entscheiden habe ich jedoch nichts mehr.“ Auch wenn er seine Anteile an dem Energieversorger veräußert hat, möchte der Unternehmer weiterhin Aufsichtsrat beim badischen Handball-Bundesligisten bleiben: „Der Verein ist eine Herzensangelegenheit für mich. Ich bin ein echter Löwe.“

Der Vertrag des Klubs mit Goldgas läuft noch bis 2016. Notzon geht davon aus, dass sich daran auch nichts ändern wird: „Es ist aber immer die Frage, wie ein Unternehmen eine solche Partnerschaft lebt. Entweder macht man nur das, was man muss. Oder man gestaltet solch ein Sponsoring aktiv und macht ein wenig mehr. So hat Goldgas sicherlich seinen Teil dazu beigetragen, dass Uwe Gensheimer noch in Mannheim spielt.“ Er habe dem Energieversorger empfohlen, sich weiterhin aktiv bei den Löwen einzubringen und auch den bis Ende des Jahres laufenden Vertrag mit der deutschen Handball-Nationalmannschaft zu verlängern.

Goldgas gehört mittlerweile zur luxemburgischen Beteiligungsgesellschaft BluO, die von Martin Vorderwülbecke und Peter Löw gegründet wurde. Letzterer hat in den vergangenen 20 Jahren rund 200 Unternehmen gekauft, in diesen Firmen die Kosten minimiert und sie anschließend gewinnbringend wieder an den Mann gebracht. Keine Frage: Das hört sich nicht unbedingt nach großzügigem Sportsponsoring an.

Sowohl von BluO als auch von Goldgas war in den vergangenen Tagen keine Stellungnahme zum künftigen Engagement beim Handball-Bundesligisten zu erhalten. Löwen-Manager Storm bleibt auch in dieser Angelegenheit demonstrativ gelassen: „Wir haben einen langfristigen Vertrag und wissen, dass die Geschäftsführung bei Goldgas gewechselt hat.“ Mehr will er dazu nicht sagen – der Manager hat ja auch so schon genug zu tun.

Von Marc Stevermüer