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Kommentar: In der Pflicht (MM)

Bei den Rhein-Neckar Löwen ist stets eine Steigerung möglich. Blieb der Klub in den vergangenen Jahren ohnehin hinter den zu hohen eigenen Erwartungen zurück, so setzte er in dieser Saison noch eins drauf. Champions League verpasst, den Titel im EHF-Cup auch: Weiter als in der Spielzeit 2011/2012 schrammte der Klub noch nie an seinen Zielen vorbei. Dabei waren diese ausnahmsweise realistisch, auch wenn nach dem Aus im EHF-Cup plötzlich von zu großer Erwartungshaltung gesprochen wurde. Aber: Wenn nicht mit diesem erstklassigen Kader in diesem zweitklassigen Wettbewerb, wann wollen die Löwen dann einen Titel gewinnen? Wer mit dem dritthöchsten Ligaetat in die Saison startet, kann ja wohl kaum das Ziel Klassenerhalt haben. Der Mannschaft und Trainer Gudmundur Gudmundsson muss allerdings zugute gehalten werden, dass der Klub außerhalb des Feldes ebenfalls neue Maßstäbe setzte. Unruhe herrscht seit jeher bei den Badenern, doch diesmal ging es richtig turbulent zu. Das einzig Positive: Es wurde ein Schlussstrich unter die Ära Jesper Nielsen gezogen.

Hoffnung auf Ruhe

Die Millionen des Dänen sprudeln nicht mehr, dafür kehrt aber hoffentlich Ruhe ein – manchmal kann weniger mehr sein. Fortan stehen Manager Thorsten Storm und Gudmundsson in der Pflicht. Nun ist ihr Auge beim Scouting gefragt. Sie können und müssen jetzt zeigen, was in ihnen steckt und dürfen die Mannschaft nach ihren Vorstellungen gestalten. Das Klub-Image könnte hingegen zum Problem werden: Außerhalb der Rhein-Neckar-Region genießen die Löwen aufgrund ihrer Personalpolitik keinen guten Ruf, einzig die Gehälter lockten viele Stars. Doch fortan können die Badener nicht mehr die Geld-Karte spielen. Sie müssen die Profis mit einer Perspektive und einem Konzept überzeugen. Eine Mammutaufgabe. Denn in Zukunft wird sich jeder genau überlegen, ob er zu den Gelbhemden wechselt. Alle wissen, wie schnell Spieler hier fallengelassen wurden. Man denke nur an Carlos Prieto oder Alexis Alvanos, das Hickhack um den Wechsel von Mariusz Jurasik, die Verabschiedung von Andrej Klimovets trotz eines gültigen Arbeitspapiers, das Anbieten von Børge Lund bei anderen Vereinen hinter dem Rücken des Spielers. Vor den Löwen liegt fraglos eine schwierige Zeit. Das Bekenntnis von Manager Storm zu Trainer Gudmundsson ist deshalb ein wichtiges Signal. Spekulationen und Unruhe gab es in den vergangenen Jahren schließlich schon genug.

Von Marc Stevermüer