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Kopflose Löwen (BNN)

Titelkampf wohl beendet

Ekstatisch hüpften die Handballer der HSG Wetzlar über das Spielfeld in der Rittal-Arena und feierten, als hätten sie gerade die deutsche Meisterschaft gewonnen – was sie sehr wahrscheinlich auch getan haben: für den THW Kiel. Nicht nur Kapitän Uwe Gensheimer von den Rhein-Neckar Löwen wertete die überraschende und völlig verdiente 27:31(10:15)-Pleite der Gäste aus Nordbaden im Interview mit Sport1 so: „Es wäre auch ohne Niederlage sehr schwierig geworden, aber so ist es jetzt durch.“ Fünf Spieltage vor dem Saisonende liegen die Löwen mit nun 53:9 Punkten zwei Zähler und der deutlich schlechteren Tordifferenz hinter Tabellenführer Kiel. Der Titelkampf ist damit entschieden.

Auszeiten sind ja häufig eine Reaktion auf eine schlechte Phase jener Mannschaft, deren Trainer sich zum Mittel der Spielunterbrechung genötigt sieht. Dass Jacobsen schon nach viereinhalb Minuten zum ersten Mal seine Spieler zusammenrief, sprach Bände für den Fehlstart der Löwen. 2:0 führten die Gastgeber zu dem Zeitpunkt, nachdem die Badener mehrfach unkonzentriert und überhastet agiert hatten. Die Maßnahme von Jacobsen fruchtete aber nicht. Nach einem 0:4-Lauf zwischen der elften und der 18. Minute lagen die Löwen beim 3:8 erstmals mit fünf Toren im Hintertreffen.
Immer wieder rannten sich die Gäste an der 6:0-Deckung der Hessen fest oder scheiterten an Nationaltorhüter Andreas Wolff, der überragend hielt. „Es tut mir leid für die Löwen“, sagte der Spielverderber, der sein Gegenüber Niklas Landin klar ausgestochen hatte. Zudem bekam die Löwen-Abwehr die Spieler um Altstar Ivano Balic nicht in den Griff. Der völlig indisponierte Möchtegern-Meister kam in den ersten 30 Minuten nur auf die lausige Wurfquote von 37 Prozent. „Wir dürfen einfach nicht so den Kopf verlieren, wenn der Gegner davonzieht wie in der ersten Halbzeit“, monierte Gensheimer.
Wer auf eine Wende nach Wiederbeginn setzte, sah sich enttäuscht. Die von den Löwen häufig erfolgreich gestartete Aufholjagd blieb aus. Stattdessen vergrößerten die Mittelhessen ihren Vorsprung, in der 36. Minute führten sie 18:11. Der Versuch der Löwen, mit doppelter Manndeckung gegen Balic und Steffen Fäth das Wetzlarer Angriffsspiel zu unterbinden, erwies sich nicht als der ganz große Wurf. Dennoch waren die Löwen in der 49. Minute beim 21:23 auf zwei Tore dran. Noch weiter verkürzen konnten sie den Rückstand aber nicht.
Von Reinhard Sogl