Veröffentlichung:

„Kraftraum“ – die erste Vokabel sitzt (MM)

Löwen-Neuzugang Harald Reinkind lobt vor der Abreise ins Trainingslager das hohe Niveau in den Einheiten und lernt schnell die wichtigsten Begriffe

MANNHEIM. Die Sommerpause, der Urlaub in Miami, die Sonne, der Strand – all das ist für Harald Reinkind schon wieder ganz weit weg. Nach dem Ende der vergangenen Saison spannte der Neuzugang der Rhein-Neckar Löwen ein wenig in Florida aus, mit dem Scheitern der norwegischen Handball-Nationalmannschaft in den WM-Play-offs gegen Österreich musste er in den Ferien erst einmal einen Schock verdauen. Doch auch dieses bittere Erlebnis ist längst Geschichte. Für den Linkshänder zählen nur die Gegenwart und die Zukunft, was ganz konkret bedeutet: die Löwen.

Beim deutschen Vizemeister beginnt für den 21-Jährigen ein neues Kapitel, von Fyllingen Håndball wagte er in den Sprung nach Deutschland. Seine Vorfreude auf die stärkste Liga der Welt ist groß, sein Respekt aber auch. „Ich weiß, dass ich hier härter um jedes Tor werde kämpfen müssen“, sagt der Linkshänder, der sich viel von der Zusammenarbeit mit Alexander Petersson erhofft.

Mit dem Wechsel zu den Löwen, die am Mittwoch ins Trainingslager in die Schweiz reisen, ging für ihn ein Traum in Erfüllung. Beharrlich und konsequent ging Reinkind in den vergangenen Jahren seinen Weg. Er trainierte viel, arbeitete an seinen Schwächen, nahm Tipps und Ratschläge an. Noch dazu ist der Norweger mit reichlich Talent gesegnet. Reinkind spielte zwar auch Fußball, doch schnell deutete sich an, dass er als Handballer vielleicht mehr erreichen könnte. „Als ich acht Jahre alt war, habe ich gegen Zehnjährige gespielt. Und schon damals wurde deutlich, dass ich durchaus zu den besseren Spielern gehörte“, blickt der Norweger zurück und meint mit einem Augenzwinkern: „Außerdem bin ich Linkshänder. Da gab es damals nicht so viele von. Ich stand also recht häufig auf dem Feld.“

Seine Eltern unterstützen ihn von Beginn an, brachten ihn zum Training, stärkten ihm den Rücken, schauten sich die Spiele an. „Das Essen stand immer auf dem Tisch“, drückt Reinkind etwas untypisch und doch sehr treffend aus, was Mama und Papa für ihn taten: Sie standen bedingungslos hinter ihm. Hinter seinem Sport. Hinter seinem Ziel. Und nun sind auch sie sehr stolz, dass es ihr Sohn nach Deutschland geschafft hat, nachdem ihm in der Heimat und auch bei der EM 2014 der Durchbruch gelungen war. „Ich denke, man kann die norwegische Liga ganz gut mit der schwedischen vergleichen. Beide bewegen sich in etwa auf einem Niveau und sind vielleicht ungefähr so stark wie die Zweite Liga in Deutschland.“

Der junge Mann aus Trondheim weiß, dass die Aufgaben für ihn nun deutlich schwieriger und die Karriereschritte kleiner werden. „Harald hat Talent und seine Klasse auch schon unter Beweis gestellt. Aber wir sollten vorsichtig sein und nicht zu viel erwarten. Eine neue Liga, ein neues Land, ein neuer Verein – all das muss erst einmal verarbeitet werden“, sagt Trainer Nikolaj Jacobsen, der in den vergangenen Wochen keine Gnade kannte und seine Spieler extrem forderte.

„So ist das nun mal in der Vorbereitung“, weiß Reinkind um das jährliche Los im Sommer. Gleichwohl kannte er Übungseinheiten in dieser Qualität und vor allem Intensität noch nicht: „Keine Frage, das Training ist ein anderes als in Norwegen. Aber das ist ja auch nicht weiter verwunderlich, wenn ich sehe, wer da alles in unserem Kader steht.“

Schnell lernte der Rückraumspieler, der perfekt Englisch spricht, ein deutsches Wort: „Kraftraum“. Dort habe er schon viel Zeit verbracht, meint der Nationalspieler mit einem gequälten Lächeln, wenngleich der Spaß trotz aller Strapazen nicht zu kurz gekommen sei: „Von Beginn an habe ich gespürt, dass die Atmosphäre in dieser Mannschaft stimmt.“

Von Marc Stevermüer