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Löwen auf Königsklassen-Kurs

Nach 33:32-Erfolg gegen Füchse Berlin auf Platz drei

Nur zwei Tage nach dem eher mageren Auftritt beim DHC Rheinland haben die Rhein-Neckar Löwen einen großen Schritt in Richtung direkter Champions-League-Qualifikation gemacht: Vor über 7.000 begeisterten Zuschauern bezwangen die Badener den direkten Konkurrenten Füchse Berlin, der zuvor durch die Verpflichtung des spanischen Weltklasse-Handballers Iker Romero vom FC Barcelona für Schlagzeilen gesorgt hatte, in einer tollen Partie mit 33:32 (16:16) und ließen sich auch von einem zwischenzeitlichen Vier-Tore-Rückstand im ersten Durchgang nicht beirren. Zur Belohnung kletterte das Team von Trainer Guðmundur Guðmundsson auf den dritten Platz.

Berlins Keeper Silvio Heinevetter sah schon etwas urig aus, als er im 70er-Jahre-Vollbart-Look in seinem Tor saß und mit dem Schicksal haderte. Zu allem Überfluss hatte sich auch noch das Tornetz in seinen Haaren verfangen. Doch vielmehr regte sich der Nationaltorwart über den Spielverlauf in der Anfangsphase auf, als die Löwen früh das Heft in die Hand zu nehmen schienen und dank eines zuverlässigen Bjarte Myrhol auf 6:4 davonzogen. Doch die Berliner, die die letzten drei Begegnungen gegen die Gelbhemden nicht verloren und in der vergangenen Saison zwei Mal klar gewonnen haben, fanden schnell ins Spiel zurück, weil sie auch die beiden Strafzeiten gegen Karol Bielecki und Myrhol eiskalt ausnutzten. Alexander Petersson traf zum zwischenzeitlichen 10:8, zu diesem Zeitpunkt hatte Löwen-Coach Guðmundur Guðmundsson bereits für den glücklosen Henning Fritz den wiedergenesenen Sławomir Szmal auf die Platte geschickt. Als Füchse-Kreisläufer Torsten Laen am Kreis mit Oliver Roggisch zusammenrasselte und liegen blieb, wurde es etwas hektisch. Berlins Trainer Dagur Sigurðsson fing sich dabei eine Gelbe Karte ein, weil er der Anweisung des Unparteiischen, das Parkett wieder zu verlassen, nicht ohne Widerworte folgte. Die Löwen kämpften sich jetzt zum 10:10 zurück, doch zwischen der 20. und 25. Minute hatten sie ordentlich Sand im Getriebe. Erst traf Michał Kubisztal zwei Mal, dann diskutierten die Löwen nach einem vermeintlichen Foulspiel zu lange herum und ermöglichten so Ivan Ninčević einen leichten Konter. Nach einem Fehlwurf von Ivan Čupić erhöhte Colja Löffler gar auf 14:10 und die Partie drohte der Guðmundsson-Sieben zu entgleiten. „Die erste Halbzeit war sehr wechselhaft und wir hatten eine kleine Schwächephase“, resümierte der Trainer später. Doch nach einer Auszeit ihres Coaches fingen sie sich wieder. Žarko Šešum hatte noch Glück, dass sein Wurf abgefälscht wurde und den Weg ins Netz fand, dann schraubte sich Grzegorz Tkaczyk in seinem unnachahmlichen Stil zwei Mal in die Höhe. Entscheidend dafür, dass die Löwen noch vor der Pause den 16:16-Ausgleich schafften, war allerdings die Nervenstärke Uwe Gensheimers von der Siebenmeterlinie. Der Linksaußen netzte alle fünf Versuche im ersten Durchgang ein, vier davon während der Aufholjagd in den Schlussminuten. Weder Silvio Heinevetter noch Petr Štochl fanden einen Weg, die Nummer 3 aufzuhalten. Keine Frage: Die Rhein-Neckar Löwen gingen mit dem besseren Gefühl in die Pausenbesprechung.

Unentschieden in der Hinrunde, nun erneut Unentschieden zur Pause – die zweite Halbzeit sollte endgültig zeigen, wer sich im Rennen um Platz drei die bessere Ausgangsposition verschaffen sollte. Und es blieb spannend, beide Teams schenkten sich nichts und langten in der Defensive richtig hin. Ólafur Stefánsson, in der ersten Halbzeit eher unauffällig, übernahm nun im Löwenrudel Verantwortung. Mit zwei Toren in Folge und klugen Assists für Patrick Groetzki und Tkaczyk sorgte er gemeinsam mit Szmal, der zwei freie Würfe Peterssons entschärfte, für einen 6:2-Lauf, der Sigurðsson zu einer Auszeit zwang (26:22, 47.). Für den entnervten Heinevetter, der sich mit andauernden Nörgeleien zum Buhmann in der SAP ARENA aufgeschwungen hatte, war mittlerweile Štochl in die Partie gekommen, die nun immer intensiver wurde. In der Abwehr standen die Löwen stark, und vorne spielten sie ihre Angriffssequenzen meist intelligent zu Ende. Der Vorsprung pendelte sich nun bei drei bis vier Toren ein, doch eine Strafzeit gegen Børge Lund (30:27, 57.) machte die Geschichte wieder eng, zumal der starke Markus Richwien nun seinen siebten Treffer (bei sieben Versuchen) markierte. Schrittfehler Šešum, Siebenmeter Füchse, Tor Kubisztal – 32:31. Wieder einmal ein Photofinish in der SAP ARENA! Groetzki sorgte schließlich wenige Sekunden vor Schluss mit dem 33:31 für die Vorentscheidung, Peterssons Anschlusstreffer hatte nur noch statistischen Wert.

„Das war ein ganz wichtiges Spiel für uns“, jubelte „Siegtorschütze“ Groetzki sichtlich erleichtert, während Myrhol (7/7) im TV-Interview die Bedeutung dieses Siegs erläuterte. „Wir sind nun im direkten Vergleich besser und das bessere Torverhältnis haben wir auch“, sprach Groetzki fast schon von einer Vorentscheidung im Kampf um Platz drei. Sein Trainer zeigte sich vor allem von der Leistung im zweiten Durchgang begeistert: „Da waren wir viel aggressiver und besser. Meine Mannschaft hat einen Riesencharakter gezeigt und ist ihrem erklärten Ziel, Platz drei, näher gekommen“, freute sich der Isländer. Manager Thorsten Storm wirkte nach der Schlusssirene weniger glücklich, doch der erste Eindruck täuschte und war wohl der hohen Anspannung geschuldet. „Nein, ich bin sehr zufrieden. Wir sind für unseren Auftritt in Dormagen kritisiert worden, entsprechend dürfen wir uns heute auch mal loben. Das war ein Handballspiel, wie man es sicht wünscht: Zwei Teams auf Augenhöhe, hin und her – und am Ende gewinnen die Löwen.“

Rhein-Neckar Löwen: Fritz (-17.), Szmal (17.-), Rominger (n.e.) – Stefánsson (6), Lund (2), Bielecki (1) – Čupić, Gensheimer (7/5) – Myrhol (7) – Schmid (n.e.), Roggisch, Šešum (2), Tkaczyk (5), Gunnarsson, Groetzki (3), Sigurðsson (n.e.).
Füchse Berlin: Heinevetter (-46.), Štochl (46.- und bei einem Siebenmeter) – Petersson (4), Jaszka (3), Christophersen (4) – Richwien (7), Ninčević (2) – Laen (4) – Löffler (1), Špoljarić, Kubisztal (7/2), Wilczynski, Bult, Sellin (n.e.).
Strafminuten: Bielecki (2), Groetzki (2), Lund (2) – Bult (2), Ninčević (2), Laen (2).
Disqualifikation: Myrhol (59:52, dritte Zeitstrafe).
Trainer: Guðmundur Guðmundsson – Dagur Sigurðsson.
Zuschauer: 7.314.
Schiedsrichter: Lars Geipel (Steuden) / Marcus Helbig (Landsberg).
Spielfilm: 2:2 (5.), 6:5 (10.), 7:7 (15.), 10:10 (20.), 12:15 (25.), 16:16 (Halbzeit) – 18:17 (35.), 22:21 (40.), 25:22 (45.), 27:25 (50.), 30:26 (55.), 33:32 (Endstand).
Zeitstrafen: 6 / 3.
Siebenmeter: 5/5 – 2/2.
Beste Spieler: Myrhol, Stefánsson, Szmal – Richwien, Kubisztal.