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Löwen erkämpfen sich Achtungserfolg

21:21 gegen Vardar Skopje bei Rückkehr in die SAP Arena

Die Rhein-Neckar Löwen haben am Sonntagabend in der VELUX EHF Champions League 21:21 (13:13) gegen Vardar Skopje gespielt und damit den jüngsten Negativlauf von drei Niederlagen am Stück gestoppt. Gegen den Titelverteidiger aus der mazedonischen Hauptstadt lieferten die Löwen ein wahres Kampfspiel ab und wussten vor allem in der Abwehr zu überzeugen. Andreas Palicka steuerte elf Paraden bei. Vorne waren Mads Mensah und Alexander Petersson mit je vier Treffern erfolgreich, bei Vardar traf Timur Dibirov fünfmal. Durch das Remis bleibt Skopje Tabellenführer in Gruppe A, der Deutsche Meister auf Rang vier.

„Wir wussten, dass wir heute vor allem über den Kampf kommen müssen und Skopje allein spielerisch nicht auseinandernehmen können“, sagte Löwen-Kapitän Andy Schmid. Generell habe man auch heute gemerkt, dass Vardar den Löwen nicht liegt und man sich unheimlich schwertut gegen „die aktuell beste Mannschaft Europas.“ Umgekehrt habe man einen „sehr guten Auftritt“ hingelegt und in erster Linie „eine Botschaft an uns selbst gesendet“. Es sei außerdem sehr schön gewesen, nach sechs Wochen voller Auswärtsspiele endlich wieder daheim zu spielen. „Das eigene Frühstücksei zu essen statt das mazedonische, das war schon gut“, sagte Schmid, der allerdings dem am Ende möglichen Sieg ein wenig nachtrauerte. „Wir führen 21:19 und müssen das eigentlich gewinnen. Nur fehlen dann ein paar Kleinigkeiten, ich schieße an die Latte und wir kassieren zwei Minuten.“ Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen lobte seine Mannschaft: „Das war eine Riesensteigerung im Vergleich zu der Niederlage in Göppingen und wird uns Selbstvertrauen für die nächsten schwierigen Aufgaben geben.“ Zufrieden war er mit der Leistung, nicht aber mit dem Ergebnis. Genauso wie sein Kapitän hätte sich Jacobsen für die bärenstarke kämpferische Einstellung gerne mit einem Sieg belohnt. Doch gegen „die stärkste Mannschaft in unserer Gruppe“ einen Punkt zu holen – damit konnte er, wenn auch etwas widerwillig, leben. „Es hat sich auf jeden Fall gut angefühlt, wieder zuhause zu spielen, die Unterstützung unserer Fans zu haben“, sagte der dänische Meistertrainer mit Blick auf den gut gefüllten Unterrang beim Löwen Fan-Tag.

Beide Teams setzen auf 5:1-Abwehr

Gehen wir rein ins Spiel: Beide Teams setzen gegen die spielstarken Mittelleute Andy Schmid (Löwen) und Luka Cindric (Vardar) auf 5:1-Abwehr. Bei Vardar spielt Joan Canellas, bei den Löwen Hendrik Pekeler vorgezogen. Das zeigt Wirkung. Nach fünf Minuten steht es gerade einmal 1:1, ehe Gedeon Guardiola nach Palicka-Parade per Gegenstoß das 2:1 erzielt. Auf der Gegenseite gleicht 2,15-Meter-Hüne Dainis Kristopans mit einem sehenswerten Kempa aus (7.), was die zahlreichen mazedonischen Fans in der SAP Arena lautstark feiern. Grund zum Jubeln gibt es dann auch für die Löwen-Anhänger: Palicka hält einen Siebenmeter des Ex-Löwen Ivan Cupic (9.). Die Partie ist in den ersten Minuten unheimlich zerfahren, beide Abwehrreihen dominieren. Mensah tankt sich zum 3:3 durch – da sind bereits fast 13 Minuten absolviert. Als Stoilov Schmid in vollem Lauf angeht, gibt es die erste Zwei-Minuten-Strafe, doch Sterbik im Vardar-Tor hält wie Palicka seinen ersten Siebenmeter gegen den gefoulten Schweizer Spielmacher. Es bleibt vorerst bei einem Kampfspiel, in dem keine Seite auch nur einen Millimeter zurückweicht.

Patrick Groetzki bringt die Gastgeber wieder in Front (4:3, 16.), Guardiola sichert den nächsten Ballgewinn in der Defensive. Die Gelben sind im Spiel, Reinkind schaltet auf 5:3 (17.). Stoilov und Cindric gleichen aus, Nikolaj Jacobsen greift zur Auszeit (19.). Während die Löwen-Abwehr super arbeitet, stockt der Angriffsmotor doch gewaltig, was naturgemäß auch an dem spektakulären mazedonischen Innenblock mit Ilija Abutovic und Mijajlo Marsenic liegt. Mit einer beherzten Einzelaktion bringt Andy Schmid das 8:7 (22.), Canellas egalisiert – ebenfalls im Alleingang. Das 8:9 für Skopje verantwortet Abwehrchef Abutovic. Die Löwen versuchen es jetzt mit Rafael Baena am Kreis, das Anspiel von Schmid misslingt aber. Skopje wiederum findet erneut Abutovic, der nur mit einem Foul zu stoppen ist. Weil Dibirov gegen Palicka von der Siebenmeter-Linie cool bleibt, führt der Titelverteidiger erstmals mit zwei Treffern (8:10, 26.). Wichtig, dass Baena im Gegenzug den Anschluss herstellt und Alexander Petersson mit seinem zweiten Tor das 10:10 nachlegt (28.). Nach einem weiteren Ballgewinn ist Pekeler erfolgreich, der Spielstand wieder gedreht. Mit dem letzten Angriff der ersten Hälfte haben die Löwen die Chance zur Halbzeitführung, doch Sterbik hält gegen Mensah das 11:11 fest.

Der amtierende Champions-League-Sieger und der Deutsche Meister zeigen, dass man Handball auf höchstem Niveau auch arbeiten kann. Den begeisterten Fans auf den Rängen wird ein „Schwergewichtskampf“ geboten, der vor allem von Mann-gegen-Mann-Duellen und der immer wieder durchschlagenden individuellen Klasse einzelner Spieler bestimmt wird. Bei den Löwen tun sich in den ersten 30 Minuten Schmid und Mensah hervor, bei Vardar Canellas und Dibirov. Extra-Jubel gibt es in der Halbzeitpause für Ex-Löwe und Neu-Globetrotter Kim Ekdahl du Rietz, der zum zweiten Mal in dieser Saison bei seinen alten Kameraden in der SAP Arena und unter anderem bei „Sky“ für ein Interview vorbeischaut.

Sterbik hält Skopje am Leben

Halbzeit zwei beginnt so ausgeglichen, wie es vor der Pause war. Der Unterschied: Beide Angriffsreihen haben sich besser auf die offensive Deckung des Gegners eingestellt, und so schlägt es jetzt deutlich schneller und häufiger hinter Palicka und Sterbik ein. Nach 35 Minuten steht es 14:14, vor allem auf den Halbpositionen überzeugen die Löwen wie Vardar nun mit viel mehr Durchschlagskraft. Dabei dreht insbesondere Mensah auf, trifft zum 14:14 und 15:14 (37.). Palicka liefert seine sechste Parade, Reinkind macht das 16:14 – und Raul Gonzalez nimmt seine erste Auszeit. Die Löwen beeindruckt das nicht. Palicka mit Super-Reflex gegen Marsenic und Pekeler vom Kreis bringen das 17:15 (42.). Canellas hält dagegen, trifft aus neun Metern zum 17:16. Eine Viertelstunde vor Schluss ruft Jacobsen zu seiner zweiten Auszeit. Die Chance, gegen das Topteam aus Skopje die Serie von drei Niederlagen in Folge zu stoppen, ist zum Greifen nahe. Ihre Angriffe spielen die Löwen nun deutlich cleverer aus, die Abwehr steht nach wie vor wie eine Eins. Skopje wird in diesen Minuten von Weltklasse-Schlussmann Arpad Sterbik am Leben gehalten, der immer wieder im Eins-gegen-eins seine ganze Routine ausspielt und Mannheim am Davonziehen hindert. Als Shishkarev das 18:18 markiert, ist wieder alles drin. Dann packt Patrick Groetzki ein Traumanspiel auf Baena aus, den Siebenmeter nach Foul am Spanier verwandelt Jerry Tollbring sicher.

In die letzten zehn Minuten gehen die Löwen mit dem 20:19 durch Andy Schmid. Palicka hält zweimal gegen Shishkarev und entschärft damit die aktuell aktivste Waffe der Mazedonier. Gegen Canellas legt der schwedische Torsteher seine elfte Parade nach – und serviert seinen Vorderleuten die Möglichkeit, auf zwei Treffer davonzuziehen. Doch jetzt läuft auch Sterbik heiß und heißer, hält gegen Petersson ebenfalls seinen elften Wurf. Die Partie entwickelt sich mehr und mehr zu einem Krimi, in dem die Löwen die Nerven behalten. Nach Ballgewinn durch Pekeler trifft Petersson zum 21:19 (55.), Dibirov scheitert an der Latte. Weil Reinkind in ein Offensivfoul läuft, kann Canellas verkürzen. Dann verzieht auch noch der bis dahin so starke Mensah und Vardar bekommt die Ausgleichschance. Die Löwen-Abwehr ist wieder gefordert, zumal Mensah für zwei Minuten von der Platte muss. Doch die Mannheimer bleiben cool, locken Kristopans ins Stürmerfoul. Schmid scheitert an der Latte. In der Arena hält es keinen mehr auf den Sitzen, der Lärmpegel schlägt bis ans Dach – und Cupic macht den Ausgleich. 21:21. 30 Sekunden auf der Uhr. 18 Sekunden vor Schluss nimmt Jacobsen seine finale Auszeit. Hallensprecher Kevin Gerwin steht auf dem Tisch. Dann der letzte Angriff, doch die Löwen brauchen zu lange, die Zeit ist um. Es bleibt beim Unentschieden, einem Achtungserfolg für die Rhein-Neckar Löwen.     

Rhein-Neckar Löwen – Vardar Skopje 21:21 (11:11)

Rhein-Neckar Löwen: Appelgren, Palicka; Schmid (3), Sigurdsson, Radivojevic, Baena (1), Tollbring (2/2), Trost, Mensah (4), Pekeler (2), Groetzki (1), Reinkind (2), Taleski (1), Guardiola (1), Petersson (4), Keller

HC Vardar: Sterbik, Milic; Stoilov (1), Nedanovski, Popovski, Kristopans (4), Maqueda, Karacic, Abutovic (1), Canellas (4), Cupic (2), Dibirov (3/5), Shishkarev (2), Borozan, Vojvodic, Marsenic, Cindric (2)

Trainer: Nikolaj Jacobsen – Raul Gonzalez

Schiedsrichter: Evgeny Zotin / Nikolay Volodkov (Russland)

Strafminuten: 3 – 2

Siebenmeter: 3 – 6

HC Vardar: Palicka hält Siebenmeter von Cupic (9.)

Rhein-Neckar Löwen: Sterbik hält Siebenmeter von Schmid (14.)

Zeitstrafen: Taleski (2), Petersson (2), Mensah (2) – Stoilov (2), Borozan (2)

Zuschauer: 4251

Beste Spieler: Palicka, Schmid, Mensah, Petersson – Sterbik, Canellas, Cindric, Dibirov

Spielfilm: 1:0 (1.), 2:1, 2:3, 3:3 (13.), 5:3, 5:4 (18.), 6:5, 7:6 (21.), 8:7, 8:8 (23.), 8:10 (26.), 11:10, 11:11 (Halbzeit), 11:12, 13:13, 14:14, 16:15, 17:15 (42.), 18:16, 18:17 (47.), 19:19, 20:19 (50.), 21:19 (55.), 21:21 (EN)