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Löwen gegen Zebras ohne Chance

17:28-Niederlage der Badener gegen den THW Kiel

Es gibt Tage, es gibt Augenblicke, die möchte man einfach nur ausblenden. Vergessen, abhaken. So ein Tag war dieser Mittwoch, der 28. November 2012. Die genaue Uhrzeit? 21.47. Als die Niederlage der Rhein-Neckar Löwen gegen den übermächtigen THW Kiel perfekt war. Der Blick auf den Videowürfel der Mannheimer SAP Arena brachte Ernüchterung und Gewissheit: 17:28. Schade, sehr schade! Die Badener schlichen enttäuscht Richtung Kabine. Das hatten sich die Löwen gegen den letztjährigen Triple-Gewinner ganz anders vorgestellt. „Wir hatten uns so viel vorgenommen“, meinten Oliver Roggisch und Andy Schmid unisono. Aber bereits zur Halbzeit hatte es 7:14 gestanden. Damit ist die eindrucksvolle Serie der Löwen gerissen. Nach 13 Siegen in Folge musste die Sieben von Trainer Gudmundur Gudmundsson die ersten Miesen in der Bundesliga-Spielzeit 2012/13 quittieren. Entsprechend gezeichnet war Kreisläufer Oliver Roggisch, er konstatierte nach der Partie: „Kiel war richtig heiß und wir haben schlecht gespielt, sind überhaupt nicht in Schwung gekommen. Deshalb hat der THW einen verdienten Sieg eingefahren. Aber die Höhe gefällt mir ganz und gar nicht. Vielleicht waren wir nicht bereit für dieses kleine Finale.“

Wille, Leidenschaft, Herz und Kampfgeist – die Löwen versuchten vor ausverkauftem Haus alle bewährten Attribute in die Waagschale zu werfen. 13200 Zuschauer im Wohnzimmer SAP Arena nahmen ihre Rolle als achter Mann gerne an. Trotzdem war an diesem Abend gegen einen superstarken THW Kiel kein Kraut gewachsen, mussten die Badener den Zebras folgerichtig neben den Punkten auch die Tabellenführung überlassen. „Ich habe heute die beste Saisonleistung des THW Kiel gesehen – aber um gegen die Zebras überhaupt eine Chance zu haben, müssen sie Schwächen zeigen, das haben sie nicht getan. Wir wussten auch vorher, dass wir mit dem THW nicht auf Augenhöhe sind. Sicherlich können wir besser spielen. Dann wird es nicht so deutlich. Dennoch dürfen wir den Kopf nicht in den Sand stecken, sondern wollen da weiter machen, wo wir nach 13 Begegnungen aufgehört haben“, formulierte Manager Thorsten Storm. „Als der THW zur Pause mit sieben Toren geführt hat, war die Partie fast gelaufen. Denn die Zebras geben so etwas nicht mehr aus der Hand. Trotzdem müssen wir den Kopf nach oben nehmen und uns auf die nächsten Aufgaben konzentrieren, schließlich haben wir nur zwei Punkte verloren. Schade, dass wir vor dieser tollen Kulisse nicht besser gespielt haben“, sagte Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson im anschließenden Pressegespräch, THW-Coach Alfred Gislason erklärte: „Wir wussten, dass wir heute etwas Außergewöhnliches bringen müssen. Das haben wir geschafft. Wir konnten uns auf eine fantastische Abwehr und einen fantastischen Titi Omeyer verlassen. Damit haben wir den Grundstein gelegt. Zudem haben wir diszipliniert und schlau im Angriff agiert.“ Soweit Gislason zu seiner Truppe, aber er fand auch lobende Worte für den Gegner: „Alle Achtung, was die Löwen bislang auf die Beine gestellt haben. Sie haben es verdient, da oben zu stehen.“

Acht neue Spieler, ein neuer Weg, eine kurze Vorbereitungszeit und dann wenige Tage vor dem Gipfel der verletzungsbedingte Ausfall des Kapitäns Uwe Gensheimer (Achillessehnenriss). Es gab einige Hürden, es gab große und kleinere Hindernisse. Aber dieser verschworene Haufen hatte sie bislang alle gemeistert. „Uns war klar, dass es auch Rückschläge geben wird und dass gegen den THW Kiel alles passen muss, wenn wir gegen diesen übermächtigen Gegner etwas reißen wollen. Das war heute Abend nicht der Fall. Deshalb gingen die Zebras als verdiente Sieger vom Parkett“, konstatierte Manager Storm nach 60 relativ einseitigen Minuten. Dabei unterstrich Storm, was viele dachten: Die Entwicklung der Löwen bis hierhin ist trotz der ersten Niederlage gegen die Kieler eine Riesen-Überraschung: „Wir haben zwar heute gegen den THW zwei Zähler verloren, aber die gewonnenen Sympathiepunkte nimmt uns keiner mehr.“

Der erste Abschnitt begann mit zwei bärenstarken Abwehrreihen, im Blickpunkt: die beiden Torhüter Niklas Landin und Thierry Omeyer. So dauerte es sieben Minuten, bis der erste Treffer überhaupt fiel: Der Kieler Christian Zeitz zeichnete dafür verantwortlich, nachdem Landin zuvor vier Mal prächtig reagiert und auch einen Siebenmeter von Marko Vujin pariert hatte. 

Allerdings offenbarten die Badener in der Folge zu große Schwächen in der Offensive. Ausgerechnet der 19-jährige Kevin Bitz, der den verletzten Uwe Gensheimer auf Linksaußen vertrat, verwandelte einen Gegenstoß zum 1:2 (10.) und damit zum ersten Tor für die Gelbhemden. Dennoch: So richtig in Tritt wollte der Angriff der Löwen nicht kommen, sie ließen sich früh den Schneid abkaufen. Zu viele Fahrkarten und technische Fehler – nämlich 17-, zu wenig Durchschlagskraft aus dem Rückraum – sieben Tore waren einfach zu wenig. Dabei hielt die dänische Krake im Kasten der Badener dieselben noch ansatzweise im Spiel, für Landin wurden im ersten Abschnitt elf Paraden – davon zwei Siebenmeter – notiert. Ein deutlicher Rückstand der Hausherren zur Pause war dennoch die Folge. THW-Goalie Omeyer hatte ebenfalls elf Mal die Hand am Ball, allerdings agierten die Zebras in der Offensive konzentrierter und präziser.

Nach dem Wechsel baute der THW seinen Vorsprung weiter aus. Die Fehlerquote der Badener war viel zu hoch. Damit war es unmöglich, den Norddeutschen auch nur im Ansatz Paroli zu bieten. Selbst in Unterzahl dominierte der THW wie er wollte, Mitte des zweiten Durchgangs war Kiel längst auf der Zielgeraden angekommen. Vor allem Filip jicha erwies sich als besonders torhungrig und fand immer wieder die Lücke. Auf der anderen Seite zog Omeyer den Löwen-Angreifern ein ums andere Mal den Nerv, am Ende hatte der Franzose 23 Paraden zu Buche stehen. „Wir haben gegen einen sehr starken THW Kiel den Kürzeren gezogen. Bei den ersten Angriffen ist uns minutenlang kein Tor gelungen, wir wiesen eine sehr schlechte Wurfquote auf. Da wird es gegen jede Mannschaft schwer. Und gegen Kiel wird es doppelt schwer“, urteilte Rechtsaußen Patrick Groetzki.

 

Rhein-Neckar Löwen: Landin-Jacobsen, Stojanovic (ab 45.); Schmid (3), Roggisch, Sesum (5), I. Guardiola (1), Myrhol (3), Steinhauser (n.e.), Groetzki, G. Guardiola, Petersson(2), Bitz (2), Ekdahl du Rietz (1);

THW Kiel:  Omeyer, Palicka(n.e.); Sigurdsson (5), Sprenger, Ahlm(3), Wiencek, Ekberg(1/1), Zeitz(5), Palmarsson, Narcisse (4), Ilic (1), Klein, Jicha(9), Vujin,

Trainer: Gudmundur Gudmundsson – Alfred Gislason

Strafminuten: Roggisch (2) Groetzki (2), Sesum (2) – Ahlm (6), Ekberg (2)

Zuschauer: 13.200 (ausverkauft)

Zeitstrafen:  3- 4

Rote Karte: Ahlm (3. Zeitstrafe 52.)

Spielfilm: 0:1 (8.), 1:4 (12.) 3:9 (19.), 4:10 (26.) 7:14 (HZ), 8:18 (36.) 10:20 (40.) 12:24 (48.), 14:27 (55.) 17:28 (Ende)

Siebenmeter: 3 / 0 – 4 / 2  Schmid trifft die Latte, Sesum scheitert an Omeyer, Sesum trifft die Latte –  Landin hält gegen Vujin und Ekberg,

Schiedsrichter:  Lars Geipel / Marcus Helbig (Steuden/ Landsberg)

Beste Spieler: Landin – Omeyer, Jicha