Veröffentlichung:

Löwen in der Hölle Nord gegrillt

Flensburg. Es hätte der entscheidende Schritt Richtung Champions League werden sollen, doch das direkte Duell beim Tabellendritten SG Flensburg-Handewitt um die für die Königsklasse so bedeutende Position drei der Handball-Bundesliga entwickelte sich gestern zum völligen Debakel für die Rhein-Neckar Löwen. Nach dem 25:32 (8:19) mussten die Badener mit leerem Blick erleben, wie die Nordlichter ihre Demonstration feierten und 5400 Fans im Tollhaus Campus-Halle immer wieder „Champions League, Champions League“ skandierten. Die Löwen waren in der „Hölle Nord“ auf höchster Stufe gegrillt worden.

„Unsere Angriffsleistung war heute katastrophal“, brachte es Trainer Ola Lindgren auf den Punkt, Geschäftsführer Thorsten Storm konnte dem nur beipflichten: „Eindeutiger als heute kann man nicht verlieren. Ich dachte eigentlich, wir wären weiter.“

Schon bei Halbzeit geschlagen

Noch bis zur zehnten Minute ging das Verfolger-Duell seinen erwarteten Gang, zwei aufmerksame Abwehrreihen ließen bis zum 4:4 wenig zu, doch es deutete sich bereits an, dass auf den Schlüsselpositionen im Angriff wenig zusammengehen sollte. Weder fand Karol Bielecki aus dem Rückraum die Lücken für „einfache“ Tore, noch bekam Kreisläufer Bjarte Myrhol verwertbare Bälle. Ansonsten wurde er mit allen Mitteln unter Kontrolle gehalten. „Die schauen eben auch Video“, zollte Torwart Henning Fritz den Flensburgern Respekt für ihre leidenschaftliche Abwehrarbeit. Und wer auf Entlastung auf anderen Positionen oder von der Bank hoffte, wurde bitter enttäuscht, da sich zu Beginn auch der Rest des Teams, wie etwa der müde wirkende Olafur Stefansson, hauptsächlich mit Fehlwürfen und technischen Fehlern hervortat.

Was übrig blieb, fischte SG-Keeper Dan Beutler weg, über 9:4 (16.) und 15:6 (23.) zogen die Nordlichter unaufhaltsam davon. Die Löwen rannten sich weiter steifbeinig im Rückraum fest, die SG spielte leichtfüßig die Außen frei. Mit der Serie vom 15:7 bis zum 19:7 (29.) versetzte der Tabellendritte seinem direkten Verfolger den frühen K.o., erst mit seinem achten (!) Versuch traf Bielecki zum 19:8-Halbzeitstand.

„Wir haben vom 4:4 bis zur Halbzeit in 22 Minuten vier Tore gemacht – das sagt alles“, war für Lindgren die Partie schon früh entschieden. „Totaler Wahnsinn“, kommentierte SG-Trainer Per Carlén staunend den deutlichen Zwischenstand, den Flensburg eigentlich nur noch über die Zeit bringen musste. Die Löwen versuchten es nun mit drei Werfern im Rückraum, doch der Achse Bielecki, Harbok, Müller wollte ebenfalls nicht mehr als das zwischenzeitliche 23:16 (41.) gelingen. „Der Rest war nur Kosmetik“, fasste Lindgren die Minuten bis zum 32:25 zusammen, zu dem der nun stärkere Uwe Gensheimer sieben Tore beisteuerte.

Jetzt muss das neue Saisonziel Platz vier heißen, um eventuell über ein Wild-Card-Turnier in die Königsklasse nachzurücken. Doch das interessierte Manager Storm nach dem Desaster an der Förde ebenso wenig wie die Spekulationen um Oliver Roggisch, der jüngst mit Berlin in Verbindung gebracht wurde. „Bei uns hat sich niemand gemeldet“, so der Löwen-Geschäftsführer.

Von Thorsten Hof

 10.05.2010