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Löwen sorgen für Hochspannung (RNZ)

Der 31:28-Sieg in Melsungen war der nächste Kraftakt des Tabellenführers – Am Mittwoch kommt Wetzlar

Melsungen. Zitter, bibber, klatschnasse Hände. Als Fan der Rhein-Neckar Löwen muss man in den letzten Wochen hart im Nehmen sein. Die Auftritte der Gelben bringen derzeit alles mit: Spiel, Spaß und Spannung. Vor allem aber Spannung. Und zwar zu viel davon. Denn souverän oder gar meisterlich ist anders. Auch der 31:28 (14:18)-Auswärtserfolg in Melsungen war mal wieder nichts für schwache Nerven. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle – das trifft’s. Die Hessen führten lange, dominierten und brillierten, spielten die Löwen phasenweise regelrecht an die Wand. 1:5, 3:9: Es sah nicht gut aus für das badische Handball-Flaggschiff.

Aber es kenterte nicht. Der zweiten Halbzeit sei Dank. Diesen finalen dreißig Minuten, in denen Uwe Gensheimer und Co. stets die Kurve kriegen. Sich aus dem Schipper-Modus verabschieden und die Turbos anwerfen. Aber warum eigentlich immer erst nach dem Wechsel? Machen sie es etwa wie Asterix und Obelix und versammeln sich in der Pause um einen großen Bottich Zaubertrank? „Das sicher nicht“, lacht Trainer Nikolaj Jacobsen, „beantworten können das allerdings nur die Spieler.“

Angefressen war er aber nicht, der Däne. Eher erleichtert nach dem nächsten Kraftakt. Genau wie Lars Lamadé, sein Kollege von der Löwen-Kommandobrücke, der Geschäftsführer jubelte, sprach von einem „echten Big-Point“.

Widersprechen kann man da nur schwer, denn was der Vize-Meister in der zweiten Halbzeit abbrannte, war ein Feuerwerk der Extraklasse. Vorne und hinten passte nahezu alles. „Nach der Pause haben wir gerade mal zehn Gegentore kassiert, das ist schon richtig stark“, lobte Jacobsen seine Abwehr-Haudegen. Wobei auch er selbst ein Lob verdient hat. Schließlich hatte er erneut das richtige Händchen in Sachen Bollwerk: In der zweiten Halbzeit rückte er von der 5:1-Formation ab und schickte wieder seinen bewährten 6:0-Riegel auf die Platte. Und das mit einer speziellen Vorgabe: „Sie sollten alles noch enger machen, noch defensiver stehen“, plauderte Jacobsen aus dem Taktiknähkästchen: „Auch für unseren Torhüter Niklas Landin wurde es dadurch deutlich leichter.“

Dass es überhaupt zum Sieg reichte, war für den Löwen-Dompteur übrigens nicht selbstverständlich: „In Melsungen kannst du damit einfach nicht rechnen, dazu sind sie zu gut.“ Und weiter: „Wenn mir einer gesagt hätte, dass wir aus Melsungen und Flensburg vier Punkte mitbringen, hätte ich ihm gesagt, dass ich auch schon mit zweien zufrieden wäre.“

Zurück zu den wenig überzeugenden Auftritten, die haben nämlich auch ihr Gutes. Genau solche Last-Minute-Siege sind es, die der Konkurrenz Respekt einflößen. Sie zeigen, dass da eine verschworene Einheit auf der Platte steht, dass das Rudel – wenn es sein muss – immer noch einen Gang hochschalten kann. Das zermürbt, verbreitet Angst und Schrecken, lässt die Gegner ehrfurchtsvoll zu den unbeugsamen Löwen aufblicken.

Doch auch Handball-Helden sind mal müde. Jacobsen weiß das und gab gestern kurzerhand trainingsfrei. Der Ex-Kieler: „Das haben sich die Jungs redlich verdient.“ Und die werden es ihm wohl schon am Mittwoch danken. Dann gastiert die HSG Wetzlar um 19 Uhr in der SAP Arena. 


Melsungen: Allendorf 9/2, Danner 6, Rnic 6, Vuckovic 3, Fahlgren 2, Schröder 2.

Rhein-Neckar Löwen: Ekdahl du Rietz 7, Gensheimer 7/3, Groetzki 5, Schmid 5, Petersson 3, Guardiola 2, Myrhol 2

Zuschauer: 4135.

Strafminuten: 4/4

Von Daniel Hund