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Löwen unterliegen Kopenhagen ­/ Integration in vollem Gange

Er kommt geflogen. Der Blick entschlossen, der Körper komplett unter Spannung. Handballfans erkennen ihn sofort, Anhänger der Rhein-Neckar Löwen sowieso. Es ist Bjarte Myrhol, der Kreisarbeiter der Badener. Er ziert die Rückseite von Brötchentüten einer großen Mannheimer Bäckereikette. Das ist neu, erst seit Anfang letzter Woche so. Die Absicht hinter der Backwaren-Offensive ist klar: Mit Myrhol, dem Kämpfer, der nun in diversen Brotkörben landet, wollen die Besten aus dem Südwesten noch den einen oder anderen Zuschauer für die in Kürze beginnende Bundesliga-Saison locken. Ein geschickter Werbefeldzug.

Gleichzeitig soll pünktlich zum Saisonauftakt auch auf der Platte eine spielerische Offensive folgen. Und die wird aktuell generalstabsmäßig geplant. Auf Fuerteventura, dem Urlaubsparadies, lassen es Uwe Gensheimer und Co. krachen. Trainer Ola Lindgren bittet dort zu täglichen Übungseinheiten, leitet ein schweißtreibendes Trainingslager. Gerade im Kraftraum kennt er kein Erbarmen.

Handball gespielt wird aber auch. Der erste kleinere Härtetest stand am Samstag an. Das Rudel forderte den Kooperationspartner, traf auf die AG Kopenhagen. Gejubelt wurde am Ende auf Dänisch. Die Nordeuropäer gewannen mit 30:27. ,,Wir haben noch zu viele technische Fehler produziert“, berichtet Löwen-Manager Thorsten Storm, ,,aber das ist in der Vorbereitung ganz normal.“ Konzentrieren konnte sich der Chef auf die Partie allerdings nur bedingt. Er war abgelenkt, im Stress: Storm fungierte als Schiedsrichter. Unterstützt wurde der Ex-Profi dabei von Jens Nielsen, dem Vater von Löwen-Aufsichtsratschef Jesper Nielsen.

Revanchieren konnten sich die Löwen gestern, aber in abgeänderter Form: Die Handball-Asse beider Klubs wechselten kurzerhand die Sportart, duellierten sich auf dem Fußballplatz, in der Sandgrube als Beachvolleyballer und im Meer beim Wettschwimmen. Das Trainingslager ist für beide Vereine übrigens ein Schnäppchen. Storm verrät: ,,Wir wurden eingeladen.“ Playitas, der neue Hauptsponsor von AG Kopenhagen, machte es möglich.

Bereut hat den Abstecher auf die kanarische Insel bislang keiner. Die Bedingungen sind optimal. Selbst die schlechte Anbindung an den Rest der Welt – Handys und Internet funktionieren nur minutenweise – hat sich mittlerweile als äußerst vorteilhaft erwiesen: ,,Im Hinblick auf das Teambuilding ist das ein Riesen-Vorteil“, schmunzelt Storm. Und die Integration der Neuen läuft auf Hochtouren. Auf und abseits des Feldes. Gerade mit Andy Schmid und Børge Lund, den künftigen Denkern und Lenkern, wird viel gesprochen. Lindgren konfrontiert die beiden Neuzugänge mit taktischen Feinheiten, spricht Laufwege ab. Lund hat da logischerweise einen Vorteil: Lindgren und er arbeiteten schon in Nordhorn zusammen.

Bei Schmid (27) ist das anders. Für ihn ist so gut wie alles Neuland. Die Löwen sind seine erste Bundesligastation. Zuletzt zockte der Schweizer erfolgreich in der dänischen Liga. Bei Bjerringsbro Silkeborg war er der Dreh- und Angelpunkt. Storm schwärmt: ,,Andy ist ein sehr ehrgeiziger Spieler, extrem schnell und mit einem tollen Zug zum Tor ausgestattet.“ Wunderdinge erwartet von ihm aber keiner. Insbesondere in den ersten Monaten nicht: ,,Er wird etwas Zeit brauchen, um sich an die Bundesliga zu gewöhnen. Und die geben wir ihm natürlich“, erklärt Storm.

Keine Eingewöhnungszeit benötigte Claes Hellgren. Der neue Torwarttrainer der Löwen hatte seine Pappenheimer von Beginn an im Griff. ,,Claes, der auch für die schwedische Nationalmannschaft arbeitet, quält Henning Fritz und Kasa Szmal ganz alleine“, flachst Storm.

Rhein Neckar Löwen: Gensheimer 13 /5, Gunnarsson 4, Lund 3, Groetzki 2, Myrhol 1, Müller 2, Bielecki 1, Roggisch 1.

Von Daniel Hund