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Löwen von einem Außenseiter gezähmt (RNZ)

Eine bittere 23:24-Niederlage beim Bergischen HC

Wuppertal. Als Kim Ekdahl du Rietz aus der Kabine kam, die Haare waren noch nicht ganz trocken nach der Dusche, hatte sich der Rückraumlinke der Rhein-Neckar Löwen schon wieder etwas gefangen. Und das war gar nicht selbstverständlich, denn die 23:24 11:9-Niederlage, die erste in der Handball-Bundesliga in der laufenden Saison, beim Bergischen HC, hatte die gesamte Mannschaft bis ins Mark getroffen. Auch den Schweden, dessen Schultern in Richtung Boden hingen. „So ein Spiel kann die Meisterschaft kosten“, sagte Ekdahl du Rietz. Bis am Samstagnachmittag sah die Welt bei den Löwen noch gut aus, denn als Tabellenführer waren die Badener ohne Verlustpunkt, während die gesamte Konkurrenz schon Federn gelassen hatte. Es schien so, als seien die Löwen durch die knapp verpasste Meisterschaft noch stärker geworden und bereit, noch konsequenter ihren Weg zu gehen. Doch dieser Schein trog, die 60 Minuten in der Unihalle in Wuppertal und die erste Niederlage nach 22 Bundesliga-Siegen hintereinander machten klar, dass die Löwen der aktuellen Spielzeit (noch) nicht die der zurückliegenden Saison sind.

„Der BHC war kämpferisch stärker, darüber müssen wir uns Gedanken machen“, sagte Teammanager Oliver Roggisch. Der teamintern geschlossene Pakt, immer mehr Leidenschaft als der Gegner an den Tag zu legen, funktionierte gegen den Bergischen HC nicht. „Wir haben nicht als Mannschaft gespielt“, legte Roggisch nach, der wie die Spieler gedacht hatte, dass die Löwen ein solches Erlebnis nicht mehr haben würden. Doch von der Unsicherheit ließen sich am Ende alle Akteure anstecken, bis auf den starken Torhüter Niklas Landin erreichte kein Spieler Normalform.

Und vermutlich war das Halbzeitergebnis Gift für das Team von Nikolaj Jacobsen, denn obwohl der Tabellenführer auch in den ersten 30 Minuten kein gutes Spiel gezeigt hatte, führte er zu diesem Zeitpunkt 11:9. Die Führung war trügerisch, denn sie vermittelte eine Überlegenheit, die nicht vorhanden war und sorgte dafür, dass der Außenseiter die Begegnung nach der Pause mit purer Kampfkraft wenden konnte. „Wenn man weiß, wie eng es letztes Jahr mit der Meisterschaft war, ist diese Niederlage umso bitterer“, kommentierte Linksaußen Uwe Gensheimer die zurückliegenden 60 enttäuschenden Minuten.

In der entscheidenden Phase der zweiten Halbzeit hatte der Tabellenführer in Wuppertal gegen den großen Außenseiter einfach zu wenig entgegenzusetzen. Aus einer 15:13-Führung wurde deshalb zehn Minuten vor dem Ende ein 17:21-Rückstand und diese Hypothek war letztlich zu groß. Bis auf 23:24 kämpften sich die Schützlinge von Jacobsen noch einmal heran, aber Rechtsaußen Patrick Groetzki vergab 45 Sekunden vor Schluss die Möglichkeit zum Ausgleich und wenige Sekunden vor dem Ende unterband der Bergische HC den letzten Löwen-Angriff mit einem bösen Foul. Nach der schlechten Leistung wäre ein Punkt für den Vizemeister aber auch nicht verdient gewesen.

Gerade vor der anstehenden Länderspielpause kommt die Niederlage zur Unzeit, denn es fehlt den Löwen die Möglichkeit, sie schnell mit einem Sieg erträglicher zu gestalten. Wobei – auch das würde wohl nicht funktionieren. „Das wird lange nachhängen“, sagte Kapitän Gensheimer. Und in der Tabelle werden die zwei Minuspunkte sogar bis zum Saisonende bestehen bleiben. Welche Auswirkungen sie haben, wird sich wohl erst im kommenden Mai herausstellen.

Bergischer HC: Preuss 3, Hoße 4, Hermann 1, Gunnarsson 3/1, Nippes 4, Dragas 3, Gutbrod 3, Szilagyi 2, Meschke 1

Rhein-Neckar Löwen: Schmid 4, Gensheimer 4/2, Myrhol 2, Mensah 3, Groetzki 2, Petersson 4, Ekdal du Rietz 4

Stenogramm: 1:2, 5:3, 8:6, 8:8, 9:11 (Halbzeit), 12:14, 15:15, 21:17, 23:21, 24:23 (Endstand).

Zuschauer: 2253.

Von Michael Wilkening