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Mal mit Glanz, mal mit Kampf (MM)

Nach der sehenswerten Gala in Hamburg zeigen die Rhein-Neckar Löwen beim 30:28-Arbeitssieg in Gummersbach viel Herz und Leidenschaft

Die kleine Clara musste wieder zur Tat schreiten. Immer, wenn die Rhein-Neckar Löwen gewinnen, klebt die Tochter von Geschäftsführer Thorsten Storm zwei neue Punkte auf die Tabelle, die über dem Bett des Managers hängt. Seit Samstag, seit dem hart umkämpften 30:28 (12:12)-Erfolg beim VfL Gummersbach steht dort: 1. Rhein-Neckar Löwen, 22:0 Punkte.

Erst das Topspiel beim HSV Hamburg gewonnen, dann die unangenehme Aufgabe in Gummersbach gelöst. Mal mit einer Gala imponiert, mal mit Kampf die Zähler eingetütet. Der badische Handball-Bundesligist kann beides. „Die wichtigste Erkenntnis ist, dass wir auch solche Spiele gewinnen. Zuletzt waren wir immer mit fünf, sechs Treffern davongezogen, jetzt mussten wir einen langen Atem haben. Diesen Test haben wir bestanden“, meinte der überragende Andy Schmid, der neun Treffer erzielte und großen Anteil daran hatte, dass die Badener in der Schlussviertelstunde einen 20:22-Rückstand noch umbogen. Kapitän Uwe Gensheimer fasste die 60 Minuten in der Eugen-Haas-Halle kurz und treffend zusammen: „Das war ein schmutziger Sieg.“

Auf der Heimfahrt wurde bei den Löwen die Laune dann noch etwas besser, als die Niederlage von Vizemeister SG Flensburg-Handewitt in Hannover bekannt wurde. „Das war natürlich eine schöne Nachricht, aber in erster Linie schauen wir auf uns“, sagte Gudmundur Gudmundsson. Doch auch der Trainer weiß: Vorerst werden die Badener ein Dauergast in der Spitzengruppe bleiben. „Diese Momentaufnahme tut natürlich gut, nachdem wir jahrelang nur auf die Fresse bekommen haben. Über uns wurde viel gelacht. Die Steilvorlagen dafür gaben wir immer selbst“, dachte Storm schon nach dem Erfolg in Hamburg an die früheren vollmundigen Ankündigungen des einstigen Geldgebers Jesper Nielsen und Blamagen gegen Hannover oder Lübbecke zurück.

Doch diese Zeit ist vorbei. Alle Löwen predigen Bescheidenheit, das Thema Meisterschaft kommt nur außerhalb der Rhein-Neckar-Region auf den Tisch. „Es ist immer so, dass einem diese Favoritenrolle von anderen aufgezwängt wird. Vermutlich kommt bald noch was vom THW Kiel“, scherzte Storm, der die Spitzenposition aber gerne verteidigen würde: „Wir freuen uns, Kiel ein bisschen ärgern zu können. Einer muss das ja tun, sonst wird die Liga langweilig.“

Champions League im Visier

Doch wie lautet die konkrete Zielsetzung? Seit Wochen umgehen die Löwen dieses Thema geschickt und werden nicht müde zu betonen, dass sie ausschließlich von Spiel zu Spiel schauen. Flensburg und Hamburg haben aber schon acht Minuspunkte auf dem Konto. Geht da was in Richtung Platz drei und Champions-League-Qualifikation? „Darüber sollten wir uns Gedanken machen. Wir sollten versuchen, das zu erreichen“, bleibt Storm weiter vorsichtig. Im Branchenprimus von der Ostsee sieht er weiterhin den ersten Titelanwärter: „Der THW ist auf allen Positionen doppelt mit Weltklassespielern besetzt. Wenn wir wechseln, gibt es dagegen einen kleinen Bruch.“

In Gummersbach und auch Hamburg nahm Trainer Gudmundur Gudmundsson deswegen wenig Veränderungen vor, Leistungsträger wie Bjarte Myrhol, Kim Ekdahl du Rietz, Alexander Petersson und Uwe Gensheimer bekamen kaum oder gar keine Pausen. Da stellt sich die Frage, wie lange das gutgehen kann.

„Wir arbeiten weiterhin daran, alle Spieler in die Mannschaft einzubauen. Gedeón Guardiola war zuletzt allerdings ein wenig angeschlagen und sein Bruder Isaías nimmt in der Abwehr ja schon eine wichtige Rolle ein. Die einwöchige Pause bis zur Partie gegen Berlin tut uns jetzt aber natürlich gut“, sagt Gudmundsson, der zuletzt Matthias Gerlich zwei Mal gar nicht in den Kader berief und der jetzt in der Drittliga-Vertretung Spielpraxis sammeln könnte: „Momentan sind die 14 Plätze in meinem Kader belegt. Aber das kann sich schnell ändern. Matthias ist nach wie vor ein fester Bestandteil der Mannschaft.“

Am Samstag (20.15 Uhr) steht nun das nächste Topspiel gegen die Füchse Berlin an. Die Löwen wollen ihre Serie fortsetzen – auch damit die kleine Clara wieder etwas zu tun bekommt.

Von Marc Stevermüer