Veröffentlichung:

„Mal sehen, wo wir am Ende landen“ (RNZ)

Heidelberg. Ende letzter Saison war die Kritik riesig, erdrückend. Vor allem Gudmundur Gudmundsson, der Trainer der Rhein-Neckar Löwen, bekam die volle Breitseite ab. Viele machten den Isländer zum Sündenbock, warfen ihm vor, was man einem Trainer eben so vorwirft, wenn es nicht läuft. Oder lag’s vielleicht doch eher am ehemaligen Personal, das im Sommer bekanntlich nahezu komplett ausgetauscht wurde?

Offenbar schon, denn mittlerweile ist alles anders. Es läuft wie am Schnürchen. Vier Spiele, vier Siege, acht Punkte. Die neuen Löwen machen Lust auf mehr, begeistern, treten selbst aber ganz bewusst auf die Euphoriebremse.

Gudmundur Gudmundsson, Hand aufs Herz, hätten Sie mit so einem starken Saisonstart gerechnet?

Nein, zu erwarten war das nicht. Wofür es mehrere Gründe gibt. Die neuen Spieler, das neue Konzept und die fehlende Zeit. All das sprach gegen uns. Fünf Spieler waren bei Olympia und ich noch dazu. Dass nun alles so klappt, überrascht uns alle. Wobei man eines nicht vergessen darf: Wir haben erst vier Partien hinter uns, die Saison geht noch ewig. Froh sind wir natürlich trotzdem. Schließlich war es durchaus ein schweres Auftaktprogramm: Drei unserer Siege haben wir auswärts geholt.

Was ist derzeit das Erfolgsgeheimnis?

Dafür gibt es ebenfalls mehrere Gründe. Erstens: Die Mannschaft hält zusammen, kämpft immer vorbildlich. Was aber auch an den Typen im Team liegt, die wir ganz bewusst so ausgesucht haben. Es sind super Charaktere dazugekommen. Zweitens: Eines unserer Einkaufsziele war es auch, gute Abwehspieler zu verpflichten, die gleichzeitig aber auch im Angriff ihre Qualitäten haben. Dadurch müssen wir nun weniger zwischen Angriff und Abwehr wechseln. Drittens: Unser Torhüter-Gespann ist überragend. Sie ergänzen sich perfekt. Der eine ist jung und schon richtig stark, der andere extrem erfahren und ein Ausnahmekönner.

Derzeit schweben die Löwen auf Wolke sieben, haben Sie Angst, dass der eine oder andere Spieler abheben könnte?

Nein, wir haben aus der Vergangenheit gelernt und sorgen schon dafür, dass so etwas nicht passiert. Jeder von uns weiß, dass wir noch nicht bei hundert Prozent sind und auch, dass sicher noch Rückschläge kommen werden.

In der Vorsaison war die Kritik aus dem Umfeld groß. An der Mannschaft, aber auch an Ihnen…

Das war einmal. Ich bin jemand, der grundsätzlich nach vorne schaut und sich nicht mit Dingen aus der Vergangenheit beschäftigt. Fakt ist, dass wir uns mittlerweile in einer völlig neuen Situation befinden. So wurde beispielsweise auch unser Etat deutlich runtergefahren. Mal sehen, wo wir am Ende landen werden.

Solch ein Start verleitet zum Träumen. Wovon träumt der Trainer? Oder besser: Was ist drin in dieser Saison?

Darüber möchte ich mich eigentlich gar nicht äußern. Wir denken nach wie vor nur von Spiel zu Spiel und beherzigen das, was wir uns vorgenommen haben.

Und das wäre?

Dass wir in jedem unserer Spiele immer alles geben. Leidenschaft, Kampf und Herz müssen immer dabei sein. Es bringt außerdem nichts, sich ähnlich zu äußern wie früher und zu sagen was wäre wenn. Diese Zeiten sind vorbei.

Ein guter Ansatz, dennoch wird mittlerweile viel über die neuen Löwen geredet. Wenn es nach einigen Trainerkollegen von Ihnen geht, spielen die Löwen um die deutsche Meisterschaft mit…

Ja, das stimmt, diese Stimmen gibt es. Aber wir lassen uns davon nicht beirren. Tatsache ist nun mal, dass wir eine neue Mannschaft aufbauen und ein neues Konzept verfolgen. Das ist so und das kann uns niemand absprechen. Wir haben noch einen langen Weg vor uns.

Von Daniel Hund