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Martin Schwalb über Erwartungen, Ziele, Gesundheit und „den richtigen Verein“

Die wichtigsten Eindrücke und Aussagen der Antritts-Pressekonferenz bei den Rhein-Neckar Löwen

Oliver Roggisch und Martin Schwalb im PK-Raum der SAP Arena.

Mit leuchtenden Augen durchmisst Martin Schwalb den Presseraum der SAP Arena. Viele Gedanken habe er gerade im Kopf, sagt er den versammelten Medienfrauen und -männern, den Print-, Radio- und Fernseh-Vertretern. Den allerersten – und vielleicht wichtigsten – dieser Gedanken drückt er so einfach wie nachdrücklich aus: „Es macht unheimlich Spaß und sehr viel Freude, jetzt hier sitzen zu dürfen.“

Seit Dienstag ist Martin Schwalb der neue Cheftrainer der Rhein-Neckar Löwen. Am Mittwoch in der Früh landet er auf dem City-Airport in Mannheim-Neuostheim. Von hier aus kann man die SAP Arena sehen. Ein paar Stunden später stellt er sich dort den Fragen der Presse. Und er tut es auf die „Schwalbe-Art“, die man als sein Markenzeichen kennt: offen, umgänglich, freundlich, charmant.  

Dass nicht zuletzt wegen seiner Reputation und seinen sportlichen Erfolgen der Vergangenheit hohe Erwartungen an ihn gestellt werden, ist dem 56-Jährigen bewusst. Mit dem HSV Hamburg hat er die großen Vereinstitel alle gewonnen, Meisterschaft, Pokal, Champions League. Und so sagt Martin Schwalb, der erfahrene Vollblut-Handballer, auch: „Ich werde nicht allen Erwartungen gerecht werden können.“

„Ich bin Trainer im Herzen“

Er werde alles geben, um bestmöglich seinen Job zu machen: „Immer im Team, immer gemeinsam mit Oli Roggisch, mit den handelnden Personen auf der Geschäftsstelle und auch in der Mannschaft.“ Zu seiner fast sechsjährigen Abstinenz vom Traineramt sagt der gebürtige Stuttgarter: „Ich bin Trainer im Herzen und war immer Trainer im Herzen. Ich habe nie normal Handball geschaut, in meinem ganzen Leben noch nicht. Ich versuche immer, zu analysieren und zu überlegen, wie man es besser machen kann.“

Martin Schwalb freut sich auf die Aufgabe bei den Löwen.

Ab jetzt tut er das in Diensten der Rhein-Neckar Löwen. Warum, das erklärt er ganz simpel: „Ich habe immer gesagt, auch zu meinem Berater: Wenn der richtige Verein kommt, ist es für uns selbstverständlich, dass wir in Gespräche gehen.“ Mit den Löwen hat sich also „der richtige Verein“ gemeldet. „Der Verein, die Struktur des Vereins, die Mannschaft, die Ziele, die Fans“, zählt Martin Schwalb auf und sagt: „Da habe ich Mega-Bock drauf!“

So freiherzig er über seine Gefühlslage plaudert, so authentisch und direkt geht er auf die Fragen aus dem Presse-Publikum ein. Welchen Hebel er als erstes ansetzen möchte in der Arbeit mit der Mannschaft? „Man soll uns an unserem Handball erkennen und sagen können: Das sind die Löwen.“ Welche Ziele er für den Rest der Saison habe? „Alle! Aber ich bin kein Fantast, sondern Realist, und als solcher weiß ich, dass auch Rückschläge kommen werden.“

„Ihr braucht euch keine Sorgen zu machen“

Er spricht auch offen über seine Gesundheit. Seit seinem Herzinfarkt im Sommer 2014 achte er sehr auf sich, rauche nicht mehr, genehmige sich ab und zu ein Gläschen Wein: „Ihr braucht euch keine Sorgen um mich zu machen.“ Und, noch bemerkenswerter: „Ich bin topfit und freue mich darauf, wieder meine Emotionen auszuleben. Ich mag das. Ohne Emotionen ist das Leben nicht viel wert.“

Auch über seinen Eindruck von der Mannschaft, die er in seiner Funktion als „Sky“-Experte lange und intensiv begleitet hat, redet Martin Schwalb. Er sehe großes Potenzial. „Was ein bisschen fehlt, ist die Struktur, die Stabilität in der Abwehr. Unter Druck kassiert man dusselige Gegentore.“ Ihm gehe es jetzt darum, alle ins Boot zu holen. Auf die Frage, welche „Häuptlinge“ er sich jetzt schnappen und eigens einschwören wolle, sagt „Schwalbe“: „Keine! Ich will jeden integrieren. Anführer müssen auf der Platte vorangehen und nicht von einem Trainer bestimmt werden.“ Und: „Hierarchie entwickelt sich über Leistung.“

Spannend, was der neue Löwen-Coach zur Frage nach dem Nationalmannschaftstraineramt sagt, das er in einem Interview einmal als persönlich sehr reizvoll beschrieben hatte: „Ganz ehrlich: Diese Aufgabe hier ist mir aktuell viel lieber, weil ich die tägliche Arbeit wieder haben wollte. Etwas gemeinsam zu entwickeln, das habe ich vermisst. Ich bin schon wieder dabei, Trainingspläne zu schreiben.“ Zu seinem Vorgänger Kristjan Andresson findet er ebenfalls die richtigen Worte: „Unter Trainerkollegen tut es mir leid. Aber er ist jung, hatte bisher eine steile Karriere – und diese wird auch sicher gut weitergehen.“