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„Mich wirft das nicht um!“ (RNZ)

Heidelberg. Dass irgendetwas nicht stimmt, deutete sich schon am Donnerstag an. Es war Mitte der ersten Halbzeit beim Handball-Supercup gegen Dänemark, als Patrick Groetzki das Gesicht verzog. Vor Schmerz, aus Angst vor einer schweren Verletzung: Er humpelte, machte hektische Bewegungen mit seiner Hand, schaute immer wieder runter auf sein linkes Knie.

Sekunden später saß der Jung-Nationalspieler der Rhein-Neckar Löwen dann auf der Ersatzbank. Mit einem dicken Eisbeutel wurden die Schmerzen bekämpft. Minutenlang war das so, ehe der rechte Flügelmann wieder auf die Platte zurückkehrte und eine überragende Leistung folgen ließ.

Puh, doch nichts Ernstes, keine weitere Hiobsbotschaft für die Löwen. Denkste! Rund 24 Stunden und eine schmerzhafte Nacht später, fällten die Ärzte eine niederschmetternde Diagnose: Meniskusriss, Hinrunde ade, Rückkehr frühestens im Januar.

Ausgerechnet Groetzki, ausgerechnet der zuletzt geniale Alleinunterhalter auf der rechten Löwen-Außenbahn. Der Schock sitzt tief. Nicht nur bei Groetzki selbst, nein, auch die badische Kommandobrücke leidet mit, trauert öffentlich. Thorsten Storm, der Manager, zum Beispiel. Er sagt: „Das ist bitter für Patrick und für die Löwen, denn er war richtig gut drauf. Wir müssen hoffen, dass Ivan Cupic nach der Pause wieder einsatzfähig ist.“

Und genau daran wird laut Storm mit Hochdruck gearbeitet. Und wie kommt man voran? Anscheinend gut. „Ich persönlich gehe fest davon aus, dass Ivan in der nächsten Partie in Lübbecke in unseren Kader zurückkehren wird.“ Sagt Trainer Gudmundur Gudmundsson. Und der sagt das voller Überzeugung, so, als wüsste er mehr als er Preis gibt. Fakt ist: Cupic steht wieder voll im Saft, brennt auf seinen Einsatz.

An einen Ergänzungsspieler, sprich einen, der so lange kommt, bis „Johnny“ wieder fit ist, verschwendet im Löwen- Gehege jedenfalls keiner einen Gedanken. Gezwungenermaßen. Storm stellt klar: „Wir können niemanden zusätzlich verpflichten. Das gibt unser Etat nicht her. Egal auf welcher Position.“

Wobei das wohl vielleicht auch gar nicht nötig ist. Groetzki ist nämlich ein Kämpfer – auf und abseits des Spielfelds. „Eigentlich heißt es, dass man bei so einer Verletzung vier bis sechs Wochen pausieren muss“, erklärt der Flügelmann, „aber ich persönlich hoffe, dass ich schon im Dezember wieder spielen kann.“ Eine klare Ansage, die ihm völlig unaufgeregt über Lippen kam. Überhaupt wirkt er momentan nicht angeschlagen, eher trotzig. Groetzki zur RNZ: „Mich wirft das nicht um! Ich lasse mich dadurch nicht unterkriegen.“

Endgültige Klarheit über die Länge seiner verletzungsbedingten Auszeit bekommt der Pforzheimer im Laufe dieser Woche. Dann wird er operiert, dann sehen die Ärzte, wie schlimm es wirklich ist. Eine ungewohnte Situation ist es für ihn allemal. Verletzt war er nämlich noch nie. „Na ja, zumindest noch nicht so schwer“, grübelt er kurz.

Das spricht für ihn. Genau wie sein großer Teamgeist: Anstatt sofort die Heimreise anzutreten, um es sich auf der heimischen Couch vor dem Fernseher bequem zu machen, zog es der Linkshänder vor, mit nach Hannover zu humpeln. Dorthin, wo seine nationalen Handball-Kollegen am Samstag auf die schwedische Auswahl trafen. Hier war er mal Fan, nicht Hauptdarsteller, Daumendrücker statt Torjäger.

Genutzt hat es leider nichts.

Von Daniel Hund