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Mit Herz und Wille (RNZ)

Mannheim. „Spitzenreiter, Spitzenreiter, hey, hey!“ Ein Schlachtruf, der den Fans der Rhein-Neckar Löwen in den letzten Wochen und Monaten häufiger über die Lippen kam. Und seit dem zweiten Weihnachtsfeiertag ist er wieder brandaktuell. Flensburg sei Dank! Die Nordlichter schalteten den THW Kiel, ihren großen Nachbarn, mit 35:29 aus (siehe nebenstehender Bericht), schossen die Badener wieder auf den Thron. Das gelbe Wintermärchen ist also perfekt. Vor der WM-Pause sprach die RNZ nochmals mit den Löwen-Machern über ein grandioses Halbjahr: Gudmundur Gudmundsson (52), der Trainer, und Thorsten Storm (48), der Manager, standen Rede und Antwort.

Gudmundur Gudmundsson und Thorsten Storm, wie ist es, als Tabellenführer in die WM-Pause zu gehen?

Gudmundsson: Das ist natürlich ein sehr gutes Gefühl. Vor allem bei der Vorgeschichte: Vor der Saison wurde der Etat deutlich runtergefahren und es kamen acht neue Spieler hinzu, die wegen der kurzen Vorbereitung nach Olympia kaum integriert werden konnten.

Storm: Das war so nicht zu erwarten. Daher ist es eine schöne Überraschung und wir freuen uns über den bisherigen Weg. Wir können es aber auch richtig einordnen, denn wir mussten uns jeden Erfolg hart erarbeiten.

Kiel scheint in dieser Saison nicht das Überteam der letzten Jahre zu sein. Ist für die Löwen sogar der Titel drin?

Gudmundsson: Nein, das denke ich nicht. Kiel ist nach wie vor der Favorit. Dass sie nicht erneut ohne Punktverlust durch die Liga marschieren, war doch zu erwarten. Auf uns wartet zudem eine ganz schwere Rückrunde. Gegen viele starke Mannschaften müssen wir auswärts ran.

Storm: Auch Kiel steht irgendwann vor einem personellen Umbruch und wird ein neues Team formen müssen. Aber trotzdem bleiben sie mit dem jetzigen Kader der große Favorit auf den Titel. Und wir haben unsere eigenen Aufgaben.

Die Champions-League-Qualifikation ist aber zum Greifen nah, oder?

Gudmundsson: Wenn wir weiter so gut spielen, ist das sicher machbar. Wobei mit uns noch ein paar andere Vereine um die ersten drei Plätze kämpfen.

Storm: Wir arbeiten uns mit jedem Sieg näher heran. Alles Denkbare ist auch machbar, aber wir müssen das Glück haben, dass wir von weiteren Verletzungen verschont bleiben. Ein Uwe Gensheimer genügt.

Worauf ist der Höhenflug zurückzuführen?

Gudmundsson: Uns war wichtig, dass wir echte Typen verpflichten, Jungs mit gutem Charakter. Und das ist uns gelungen. Jeder kämpft für den anderen. Viele Siege haben wir über das Herz und den Willen geholt.

Storm: Gute strategische Entscheidungen in der Personalplanung. Ein gutes Mannschaftsgerüst und starke Torhüter. Alles in allem ist es kein Glück, sondern harte Arbeit von allen Beteiligten.

Gibt es Spieler, die besonders hervorgehoben werden müssen?

Gudmundsson: Als Trainer macht man so etwas nicht. Außerdem haben wir alles, was wir bisher erreicht haben, als Team erreicht. Wenn ich etwas hervorhebe, dann eher unsere überragende Abwehr und die starken Torhüter. Das Zusammenspiel aus beidem war der Schlüssel zum Erfolg.

Storm: Es ist die mannschaftliche Geschlossenheit, die uns erfolgreich macht. Alle kämpfen zusammen und helfen sich gegenseitig. Die Neuzugänge Alexander Petersson, Niklas Landin oder Kim Eckdahl du Rietz haben sich allerdings sehr schnell integriert.

Wie geht es mit Matthias Gerlich weiter? Wird er den Verein vielleicht schon in der WM-Pause verlassen?

Gudmundsson: Für einen Spieler, der nicht spielt, ist es nie einfach. Aber für mich war es auch nicht leicht. Ich sollte acht neue Spieler einbauen. Doch das war und ist nicht machbar. Ich musste mich auf ein paar Spieler konzentrieren, auf einen festen Stamm von acht bis zehn Mann. Hätte ich das nicht getan, hätten wir schon mehr Spiele verloren.

Storm: Wir haben viele Spieler integriert vor dieser Saison. Bei Matthias hat es leider nicht geklappt und das ist sehr schade und keine gute Situation für ihn. Ich schätze ihn menschlich sehr. Er ist ein Supertyp, aber natürlich muss er wieder auf das Spielfeld zurück.

Mit welchem Ziel starten die Löwen im Februar in die Rest-Rückrunde?

Gudmundsson: Intern setzen wir uns Ziele, reden aber nicht öffentlich darüber. Klar ist, dass wir weiter kämpfen müssen.

Storm: Wir werden weiterhin von Spiel zu Spiel planen. Es sind noch 15 Bundesligapartien. Dazu der EHF Cup und das Pokalspiel in Flensburg. Ich freue mich darauf.

Von Daniel Hund