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Mit kühlem Kopf und Wut im Bauch (MM)

Löwen wollen heute gegen Kielce ins Viertelfinale der Champions League einziehen

MANNHEIM. Einen freien Sonntag, den gibt es bei Gudmundur Gudmundsson eigentlich nie. Auch gestern war das nicht der Fall. Der Coach der Rhein-Neckar Löwen studierte und analysierte, machte sich Notizen, feilte an der Taktik. „Ich habe auf den Videos unheimlich viel gesehen“, sagte der Isländer am Mittag – und bat anschließend seine Jungs zur Trainingseinheit.

Letzte Instruktionen

Vor dem heutigen Achtelfinal-Rückspiel (19 Uhr/SAP Arena) in der Champions League gegen den polnischen Spitzenklub Vive Kielce überließ er nichts dem Zufall, gab letzte Instruktionen und sorgte für den Feinschliff. Denn Gudmundsson weiß: Auf seine Mannschaft kommt eine schwere, aber keine unlösbare Aufgabe zu. Nach der 28:32-Niederlage im emotionsgeladenen Hinspiel ist vor allem eines gefragt: Geduld. Klar ist aber auch: Aufgrund der Tumulte nach dem ersten Duell und des skandalösen Auftritts von Vive-Trainer Talant Duschebajew in der Pressekonferenz gehen die Löwen mit einer gehörigen Portion Wut im Bauch ins Spiel.

„Wir dürfen nicht auf Biegen und Brechen versuchen, den Vier-Tore-Rückstand gleich zu Beginn aufzuholen. Wir haben 60 Minuten Zeit“, verlangt Rückraummann Alexander Petersson einen kühlen Kopf. Die Badener wissen: Wenn sie ihr Potenzial abrufen, wird irgendwann in diesem mit Spannung erwarteten Kracher-Duell ihre Zeit kommen. „Man hat im Hinspiel gesehen, dass wir dieses enorme Tempo jeden dritten Tag gehen können und Kielce das nicht gewohnt ist“, zieht Rechtsaußen Patrick Groetzki Selbstvertrauen aus der Aufholjagd der Gelbhemden, die nach anfänglichem Acht-Tore-Rückstand zu Beginn der zweiten Halbzeit ausgeglichen hatten. „Wir haben gewusst, dass wir irgendwann in dieses Spiel finden werden, weil wir vom Trainer richtig eingestellt waren“, unterstreicht Regisseur Andy Schmid das Vertrauen in die eigene Stärke.

Eine schlechte Chancenverwertung und ein schwaches Überzahlspiel sorgten vor neun Tagen allerdings dafür, dass die Partie nicht komplett zugunsten der Löwen kippte und die Polen sich ein Vier-Tore-Polster herauswarfen. Zudem sieht Gudmundsson großes Steigerungspotenzial in der Abwehr: „Im Hinspiel war ich nicht zufrieden mit unserer Defensivleistung. Das kam in dieser Saison nicht oft vor, aber in Kielce waren wir nicht gut genug.“ Auch das Torwartduell verloren Niklas Landin und Goran Stojanovic klar gegen Slawomir Szmal.

„Wir haben also noch viel Luft nach oben. Und genau deswegen bin ich so optimistisch. Wir haben im Hinspiel nicht unser komplettes Potenzial abgerufen, dafür aber ein einigermaßen ordentliches Ergebnis erzielt“, sagt Gudmundsson, der mit einem „guten Gefühl“ in die Begegnung geht. Genauso wie Abwehrmann Oliver Roggisch: „So eine erste Halbzeit wie in Kielce werden wir uns nicht noch einmal erlauben. Mit den Fans im Rücken müssen wir von Beginn an Druck aufbauen. Dann werden wir das Ding umbiegen.“

Von Marc Stevermüer