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Paradiesvogel im Anflug (RNZ)

Kronau/Östringen. Als die Rhein-Neckar Löwen vor einigen Wochen von der Handball-Bundesliga den Terminplan der neuen Saison zugestellt bekamen, hatten sie sich auch nicht träumen lassen, dass der erste Heimspielgegner eine ganz besondere Attraktion sein würde. Premierengast HSG Wetzlar aber ist seit dem 12. August nicht mehr die graue Maus aus Mittelhessen, sondern der Verein von Ivano Balic, dem „Paradiesvogel“.

So bezeichnet Löwen-Manager Thorsten Storm den zweimaligen Welthandballer, den Wetzlar in einem Transfercoup für ein Jahr verpflichtete. Am Sonntag (15 Uhr) tritt der kroatische Superstar mit seiner neuen Mannschaft in der SAP-Arena an.

Die mit einem überzeugenden 30:22-Sieg in Balingen gestarteten Löwen freuen sich also nicht nur auf das erste Punkteduell vor den eigenen Fans, sondern auch auf den „größten Spieler in der Handball-Geschichte“. Mit diesem Superlativ bedenkt Löwen-Trainer Gudmundur Gudmundsson den 34-Jährigen, der nach der Pleite seines bisherigen Arbeitgebers Atletico Madrid in Wetzlar anheuerte. Der Isländer sagt aber auch: „Wir spielen nicht gegen Balic, sondern gegen eine Mannschaft, auf die wir uns konzentriert vorbereiten.“

Auch die Worte von Löwen-Kapitän Uwe Gensheimer drücken viel Respekt aus, allerdings keine übergroße Ehrfurcht: „Es ist so, dass Ivano Balic der riesigste Handballer der Welt war. Ob er es auch jetzt noch auf die Platte bringt, ist die andere Frage. Wir werden uns gegen ihn wie gegen jeden anderen Mittelmann auch einstellen.“ Abwehrchef Oliver Roggisch sagt: „Ivano Balic ist jemand, der die Liga bereichern kann. Er ist auch nicht mehr der Jüngste, man muss sehen, was er drauf hat. Man sollte nicht zu viel von ihm erwarten, aber jeder in der Liga freut sich.“ Bei Balic‘ Bundesligadebüt unterlag Wetzlar gegen den TBV Lemgo mit 26:28, der Kroate spielte 20 Minuten und erzielte dabei ein Tor.

Roggisch wäre der direkte Kontrahent von Balic gewesen, aber der 35-Jährige ist wie schon in Balingen verletzungsbedingt weiter zum Zuschauen verdammt. „Der Zustand des Ellbogens ist noch nicht so gut“, sagt Roggisch, der auf ein Comeback beim Auswärtsspiel in Minden am 6. September hofft. Für den Routinier muss also erneut Rückkehrer Nikola Manojlovic in die Bresche springen, der zusammen mit Gedeon Gardiola in Balingen den kompakten Innenblock vor dem überragenden Torwart Niklas Landin bildete. Uwe Gensheimer fordert gegen den Überraschungssiebten der vergangenen Saison, der einen großen jedoch einen großen Umbruch verkraften muss: „Wir müssen genauso konzentriert auftreten wie beim guten Auftakt in Balingen.“

Die Abwehr des Champions-League-Teilnehmers erwies sich zum Auftakt der neuen Saison als das altbekannte Bollwerk und Prunkstück der Löwen. Noch nicht zufrieden ist Gudmundsson dagegen mit der Offensivleistung. „Das ist momentan noch unsere Baustelle“, legt der Trainer den Finger in die Wunde. Der Löwen-Coach muss ja den langzeitverletzten Stammspieler Alexander Petersson ersetzen. Die Integration der Zugänge Runar Karason, Sergej Gorbok und des in dieser Spielzeit mehr denn je geforderten Isaias Guardiola ist noch nicht vollständig gelungen. Da ist es nur von Vorteil für die Löwen, dass auch der Einbau von Ivano Balic ins Wetzlarer Mannschaftsgefüge noch einige Zeit braucht. 

Von Reinhard Sogl