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Paukenschlag im hohen Norden

Kiel. Es ist eine Aufgabe, die anders ist, als die anderen. Schwerer, gleichzeitig irgendwie aber auch leichter. Zumindest vom Kopf her. In Kiel, gegen die Handball-Übermannschaft der letzten Jahre, beim Rekordmeister gelten andere Gesetze. Oben im hohen Norden hat niemand etwas zu verlieren. Dort gilt: Vieles kann, nichts muss. Da machen auch die Stars der Rhein-Neckar Löwen keine Ausnahme. An der Ostsee gleicht auch das badische Handball-Flaggschiff einem Schlauchboot. Bis gestern wohlgemerkt, bis zum sensationellen 33:31 (19:17)-Paukenschlag, als man den ruhmreichen THW zum Kentern brachte. „Und das verdient“, jubelte Löwen-Manager Thorsten Storm, „wir waren einfach das bessere Team, das war kein Glück.“

Die Löwen brüllten von Anfang an, scheuchten die Zebras durch die eigene Halle, wirbelten, verteidigten, trafen. Doch der Ober-Löwe stand zwischen den Pfosten: Kasa Szmal, der „Hexer“, der polnische Nationaltorhüter. Unglaublich war’s, was der auf die Platte brachte. Schon in den ersten 15 Minuten entschärfte er drei Siebenmeter. Gegen Ilic, gegen Jicha, gegen Fernandez – gegen Weltstars.

Angedeutet hat sich der Auswärtscoup spätestens in der 20. Minute. Hier führte das Rudel erstmals mit vier Toren (15:11). Und plötzlich war es mucksmäuschenstill im Kieler Handball-Tempel. Die Fans bibberten, rieben sich verwundert die Augen. Dass die Löwen bis zur Pause trotzdem „nur“ mit 19:17 vorne lagen, hatte auch mit den Schiedsrichtern zu tun, die phasenweise nicht den objektivsten Eindruck hinterlassen haben.

Sei’s drum, den Löwen war’s egal. Sie machten auch nach der Pause genau dort weiter, wo sie vor dem Wechsel aufgehört hatten. Konzentriert, verbissen, motiviert bis in die Haarspitzen. Besonders auffällig: Der Ausfall von Bjarte Myrhol und Börge Lund, der norwegischen Abwehr-Wand, fiel kaum auf. Olli „The Rock“ Roggisch und Rückraum-Rakete Zarko Sesum machten einen Bomben-Job, hielten das 33:31 fest.

Und Sesum verdiente sich ein Sonderlob. Storm, der Glückliche: „Zarko war nicht nur hinten bärenstark. Er hat auch vorne die Big Points gemacht.“ Apropos Big Points: Durch den Sieg in Kiel winkt den Löwen nun sogar noch die Vize-Meisterschaft.

Kiel: Jicha 7/1, Zeitz 4, Ilic 4/2, Ahlm 3, Reichmann 3, Palmarsson 3, Narcisse 3, Klein 3, Fernandez 1.

Löwen: Gensheimer 6/2, Sesum 6, Cupic 6, Tkaczyk 5, Bielecki 4, Gunnarsson 3, Stefansson 3.

Von Daniel Hund

 07.04.2011