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Pflicht und Kür erfüllt (MM)

MANNHEIM. Was für eine Ansage! Was für eine Demonstration! Im Titelrennen der Handball-Bundesliga setzten die Rhein-Neckar Löwen am vorletzten Spieltag noch einmal ein ganz dickes Ausrufezeichen. Gegen die MT Melsungen gewannen die Badener vor begeisterte

MANNHEIM. Was für eine Ansage! Was für eine Demonstration! Im Titelrennen der Handball-Bundesliga setzten die Rhein-Neckar Löwen am vorletzten Spieltag noch einmal ein ganz dickes Ausrufezeichen. Gegen die MT Melsungen gewannen die Badener vor begeisterten 12 022 Zuschauern mit 41:28 (21:12) und haben nun die um 21 Treffer bessere Tordifferenz gegenüber dem THW Kiel, der am Sonntag bei TuS N-Lübbecke ran muss. „Wir standen unter Druck – und haben das wieder einmal ausgehalten. Diese Mannschaft redet nicht nur davon, cool zu bleiben. Sie ist es auch“, sagte Manager Thorsten Storm, der nach dem Schlusspfiff mit einem Lachen im Gesicht beide Hände in die Höhe reckte: „Wir wollten eigentlich nur gewinnen, weil Melsungen uns schlagen kann. Die Mannschaft hat das sehr gut gemacht!“

Von Beginn an dominant

Die Löwen waren von der ersten Minute an präsent, gingen mit Leidenschaft und Hingabe auf Torejagd. Die bärenstarke Defensive war wieder einmal der Schlüssel für das badische Offensivspektakel, nach Ballgewinnen schaltete der EHF-Pokalsieger blitzschnell und zog nach dem 2:2 (4.) auf 6:2 (9.) davon. Die kampfstarken Melsunger wussten sich zunächst nicht zu helfen, Ex-Löwe Michael Müller war gerade in der Anfangsphase mehr mit den Gegenspielern und den Schiedsrichtern beschäftigt.

Den Löwen war’s egal, sie bestraften jeden Fehler der ständig in Unterzahl agierenden Nordhessen eiskalt. Sergey Gorbok schraubte sich unnachahmlich in die Höhe und zündete eine Rakete, die gewaltig im Melsunger Tor zum 11:4 (14.) einschlug. Und wieder herrschten Tumulte auf dem Feld. Michael Müllers Zwillingsbruder Philipp hatte Gorbok in der Luft heftig gestoßen, so dass der Russe das Gleichgewicht verlor und mit dem Rücken auf den Boden knallte. Die einzige logische Konsequenz für den übermotivierten Müller: Rote Karte.

Beim 14:6 (20.) für die Badener nahm MT-Trainer Michael Roth schon seine zweite Auszeit – und tatsächlich stabilisierte sich danach seine Mannschaft. Jetzt hatte sich auch Michael Müller im Griff, mit seinen Körpertäuschungen versetzte der Linkshänder immer wieder Kim Ekdahl du Rietz in der badischen Deckung. Verkürzen konnten die Nordhessen dennoch nicht entscheidend. Im Gegenteil: Zur Halbzeit betrug der Vorsprung der Löwen beim 21:12 bereits neun Treffer.

Nach dem Seitenwechsel wurde das badische Angriffsspiel immer mehr zur Show des Andy Schmid. Er traf zum 28:17, 29:18 und 30:20 – doch trotz seiner Treffsicherheit konnten sich die Löwen nicht absetzen. Denn in der Abwehr hatten sie nach wie vor Probleme mit Michael Müller, der ebenfalls nach Belieben traf. „Es ist einfach schwer, ihn zu verteidigen“, machte Storm seiner Mannschaft keinen Vorwurf.

Trainer Gudmundur Gudmundsson nahm beim 30:22 eine Auszeit (46.) – und seine Worte fruchteten. Die Deckung stand wieder besser, prompt lief die Gegenstoßmaschine der Gelbhemden wieder auf Hochtouren. Ein 4:0-Lauf brachte das 34:22 (50.), ehe es wieder Platz auf dem Feld gab. Daniel Kubes sah die Rote Karte nach seiner dritten Zeitstrafe, Löwe Stefan Sigurmannsson folgte ihm nach einer Attacke gegen Müller.

Die Emotionen kochten hoch. Doch die Badener hatten jemanden, der ganz cool blieb. Alexander Petersson drehte in der Schlussphase auf, spielte mit Köpfchen und nutzte die sich bietenden Räume. Die Löwen schraubten das Ergebnis auf 41:28 in die Höhe, erfüllten Pflicht und Kür – und werden vielleicht in der nächsten Woche erstmals deutscher Meister.

Von Marc Stevermüer