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Rabenschwarze zweite Halbzeit

Löwen unterliegen Flensburg mit 27:34

Der letzte Funken Hoffnung auf die Teilnahme an der Champions League 2012/13 ist erloschen. Aufgrund einer schwachen Vorstellung im zweiten Durchgang unterlagen die Rhein-Neckar Löwen am Mittwochabend vor 10.000 Zuschauern der SG Flensburg-Handewitt mit 27:34 (18:14). „Ich kann mich nicht an viele solche Halbzeiten in der SAP Arena erinnern“, sagte der enttäuschte Kapitän Uwe Gensheimer nach der zweiten Heimniederlage in Serie.

Beim Gang in die Halbzeitpause waren die Löwen-Mienen finster. Und das, obwohl die Gelbhemden 18:14 vorne lagen. Doch in der Schlussminute des ersten Abschnitts war ziemlich viel schief gegangen. Spielmacher Andy Schmid hatte die Brechstange herausgeholt und drei Mal hintereinander überhastet abgeschlossen, zwei seiner Fehlwürfe führten zu einfachen Kontertoren durch Lasse Svan Hansen. Und zu allem Überfluss sah Michael Müller beim letzten Gegenstoß auch noch die Rote Karte, weil der Unparteiische Marcus Helbig ein zu hartes Eingreifen gegen Hansen geahndet hatte. Schade, denn die Löwen hätten gut und gerne mit sechs und mehr Treffern gegen den Tabellenzweiten führen können.

Nach zäher Anfangsphase, in der beide Defensiven gut zupackten, schaltete die Guðmundsson-Sieben einen Gang hoch, ließ zwischen der 10. und 17. Minute kein Gegentor zu und machte aus einem 5:6 ein 10:6. Ein Raunen ging durch die Arena, als Žarko Šešum mit einem blitzsauberen Anspiel Bjarte Myrhols 8:6 ebnete. Stark auch, als Uwe Gensheimer, der gerade einen Siebenmeter verworfen hatte, in doppelter Unterzahl das 13:10 markierte und gleich darauf, nachdem Abwehrchef Oli Roggisch – wieder einmal – einen Wurf geblockt hatte, das 14:10 nachlegte. Es war die stärkste Phase der Löwen, die in der Schlussphase der ersten Halbzeit in vier Minuten einen 4:0-Lauf auf die Platte legten (18:12, 29.), der mit etwas mehr Abgeklärtheit noch weiter ausgebaut hätte werden können. Oder besser: müssen.

Gut, dass Goran Stojanović mit zwei Paraden in die zweite Hälfte startete. Und doch ging es nach Wiederbeginn so weiter, wie so oft in dieser Saison. Plötzlich lief nichts mehr zusammen, Šešum Fehlwurf, Šešum Ballverlust, Čupić Siebenmeter an die Latte – nach ganzen sieben Minuten war der Ausgleich hergestellt (19:19, 37.) und es ging wieder bei null los. Lars Kaufmann brachte Flensburg schließlich sogar in Führung und SG-Keeper Mattias Andersson punktete weiter im „Privatduell“ mit Schmid. Die Löwen wirkten nun hinten schläfrig und vorne konzeptlos, wo sich lediglich Krzysztof Lijewski aufbäumte. Der Pole erzielte die ersten drei – und bis zur 45. Minute einzigen (!) – Löwen-Treffer in Halbzeit zwei. Beim 20:23 (41.) bat Guðmundsson seine Jungs zur Auszeit und brachte Henning Fritz für Stojanović – in der Hoffnung auf den „Berlin-Effekt“. Doch der blieb aus, weil sich Flensburg längst warm geworfen hatte und Spielmacher Viktor Szilágyi zwar unspektakulär aber doch sehr effizient die Fäden zog. Andersson wurde zudem immer stärker und zog nun auch Lijewski den Zahn, der fünf Mal in Folge verwarf (22:29, 50.). Am Ende verbuchte der Schwede 16 Paraden. Und in der Offensive gab sich die Sieben von Trainer Ljubomir Vranjes überhaupt keine Blöße mehr. Fritz bekam keinen Ball zu fassen, die Körpersprache der Löwen sprach Bände.

Guðmundsson warf nun den 19-jährigen Kevin Bitz ins kalte Wasser. Der Rückraumspieler feierte sein Bundesliga-Debüt, was ihm nicht anzumerken war. Er warf zwei blitzsaubere Tore und war somit zweitbester Löwen-Schütze im zweiten Durchgang – eine der schlechtesten Halbzeiten der letzten Jahre. Sie endete 9:20. „Im Moment ist das schwierig, in Worte zu fassen“, fand Gensheimer unmittelbar nach Spielschluss keine Erklärung. „Es ist ein schwieriges Jahr für uns.“

Flensburgs Trainer Vranjes fiel es in der Pressekonferenz leicht, die Partie zu analysieren. „Wir waren in der ersten Halbzeit schlecht und haben dann in der Defensive einige Dinge umgestellt bzw. besser gemacht.“ Guðmundsson hatte da mehr Mühe. „In der ersten Halbzeit haben wir teilweise Weltklasse-Handball gespielt, in der zweiten hatten wir eine unglaublich schlechte Phase. Das ist sehr schwer zu erklären. Einige Spieler haben nicht mehr Handball gespielt und stattdessen zu viel gemeckert. Man darf aber auch unsere Personalsituation nicht vergessen“, sprach der Trainer die Ausfälle von Børge Lund und Patrick Groetzki an, zu denen sich die angeschlagenen Róbert Gunnarsson und Karol Bielecki gesellten, die zwar auf dem Bogen standen, aber kaum einsatzfähig waren. „Hinzu kam dann noch die Rote Karte für Michael Müller, das alles hat unsere Wechselmöglichkeiten natürlich stark eingeschränkt.“

„Was nutzt uns die gute erste Halbzeit nach so einer zweiten?“, haderte Löwen-Manager Thorsten Storm. „Ich kann mich bei den Fans nur entschuldigen.“

Rhein-Neckar Löwen: Stojanović (-41., 50.), Fritz (41.-50.) – Lijewski (7), Schmid (1), Šešum (5) – Čupić (2), Gensheimer (6/1) – Myrhol (3) – Roggisch, Ruß (n.e.), Müller (1), Bitz (2), Bielecki, Gunnarsson (n.e.), Dippe (n.e.).
SG Flensburg-Handewitt: Andersson, Rasmussen (bei drei Siebenmetern) – Mocsai (4), Szilágyi (5), Kaufmann (7) – Hansen (4), Eggert (7/3) – Heinl (2) – Karlsson, Mogensen (1), Ðorđić (4), Knudsen.
Strafminuten: Schmid (2), Lijewski (2), Roggisch (4) – Ðorđić (2), Knudsen (2).
Disqualifikation: Müller (Foulspiel, 30.).
Trainer: Guðmundur Guðmundsson – Ljubomir Vranjes.
Zuschauer: 10.132.
Schiedsrichter: Lars Geipel / Marcus Helbig (Steuden / Landsberg).
Spielfilm: 3:2 (5.), 5:5 (10.), 9:6 (15.), 11:8 (20.), 14:12 (25.), 18:14 (Hz.); 18:17 (35.), 20:22 (40.), 22:24 (45.), 22:29 (50.), 24:32 (55.), 27:34 (Endstand).
Zeitstrafen: 4/2.
Siebenmeter: 4/1 – 3/3.
Rhein-Neckar Löwen: Gensheimer scheitert an Rasmussen.
Rhein-Neckar Löwen: Čupić wirft an die Latte.
Rhein-Neckar Löwen: Gensheimer scheitert an Rasmussen.
Beste Spieler: Fehlanzeige – Andersson, Szilágyi.