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Respekt beim Derby-Gegner
Heidelberg. Auf den ersten Blick wirkt er wie ein Türsteher. Groß und stämmig. Bjarte Myrhol misst 1,92 m vom Scheitel bis zur Sohle, hat breite Schultern, stutzt sich sein Haupthaar bis auf wenige Millimeter zurecht. Und sein äußeres Erscheinungsbild kommt ihm auf der „Platte“ zugute. Er flößt Respekt ein, der Norweger. Respekt, den er sich aber auch Spiel für Spiel neu erarbeitet. Für seine Rhein-Neckar Löwen geht der 27-Jährige immer dahin, wo es weh tut, wo das Getümmel am größten ist. Kurzum: Myrhol ist ein Kämpfer, einer, der Schmerzen ausblendet, einer, der sowohl am gegnerischen als auch am eigenen Kreis eine Bank ist.
Für Löwen-Trainer Ola Lindgren ist er demnach unersetzlich. Er ist die Nummer eins am Kreis. Er weiß das, nimmt sich selbst aber nicht so wichtig. Myrhol über Myrhol: „Ich bin niemand, der im Mittelpunkt steht. Ich sehe mich eher als Teamplayer, der für die Mannschaft arbeitet.“
Am Sonntag, dem Derby-Sonntag, will er seine Vorzüge nun auch bei Frisch auf Göppingen in die Waagschale werfen. Ab 17.45 Uhr möchte der Ex-Nordhorner in der „Hölle Süd“ kompromisslos zupacken, schnörkellos den Weg zum Tor suchen. Und das wird schwer genug: „Göppingen ist ein starkes Team, das gerade zuhause eine Macht ist“, pustet Myrhol tief durch. Doch der gebürtige Osloer findet gerade knifflige Aufgaben besonders reizvoll, liebt sie. Momentan sowieso. Myrhol sagt: „Nach unserer ärgerlichen Niederlage gegen Flensburg können wir uns sofort rehabilitieren, können zeigen, dass wir eine Spitzenmannschaft sind.“
Ein echter Musterprofi, dieser Skandinavier. Sein Motto: Das nächste Spiel ist immer das schwerste. Wobei er ohnehin keiner ist, der gerne in der Vergangenheit kramt. Gerade das kürzliche Trauerspiel gegen Flensburg hat er längst abgehakt. Fragt man dennoch nach, wird er leicht aggressiv, spricht in ganz langsamen, kurzen Sätzen: „Das ist vorbei. Es wurde von uns genau analysiert. Es interessiert nicht mehr.“
Wer nun meint, Myrhol sei ein ganz ungemütlicher Zeitgenosse, einer, dem man nach Einbruch der Dunkelheit besser nicht mehr über den Weg läuft, der täuscht sich. Hart aber herzlich – das trifft’s. Abseits des Parketts lacht er viel, nimmt sich Zeit, erfüllt sämtliche Autogrammwünsche. Das Gesamtpaket stimmt. Die Myrhol-Verpflichtung war ein Volltreffer. Er selbst fühlt sich im Badischen ebenfalls längst heimisch. Woran seine Kollegen einen entscheidenden Anteil haben: „Die Stimmung innerhalb der Mannschaft ist riesig“, erklärt der Kreisläufer, „jeder arbeitet für jeden, besser geht es eigentlich gar nicht.“
Folglich dürfte es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit sein, bis endlich der erste Pott in der Pokal-Vitrine der Löwen landet. Konkrete Titel-Pläne sind Myrhol jedoch nicht zu entlocken. Er hält den Ball flach, sagt: „Wir müssen einfach versuchen, alle unsere Spiele zu gewinnen – und dann ergibt sich der Rest von alleine.“ Beim Derbygegner ist der Respekt vor dem Rudel jedenfalls groß. Michael Haaß, Göppingens Mittelmann, der Ex-Löwe, bringt es auf den Punkt: „In Lemgo hat man gesehen, was passieren kann, wenn die Löwen ins Rollen kommen. Dann ist aber ruckzuck Feierabend.“ Myrhol hätte gegen ein „2. Lemgo“ in Göppingen sicher nichts einzuwenden…
Von Daniel Hund
04.12.2009