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Rhein-Neckar Löwen – Die bescheidenen Löwen (Handball.de)

Es ist geschafft: Mit dem EHF-Pokal haben die Rhein-Neckar Löwen den Traum vom ersten Titelgewinn wahr gemacht. Der Erfolg ist offensichtlich niemandem zu Kopf gestiegen. Die Löwen geben sich vor der neuen Saison kleinlaut. HANDBALL.DE nimmt die Mannheimer unter die Lupe. 

Eine hervorragende Saison liegt hinter den Löwen. 16 der 17 Hinrundenspiele wurden gewonnen, letztendlich landete die Mannschaft von Gudmundur Gudmundsson (52) auf Tabellenplatz 3. Die Krönung war der Gewinn des EHF-Cups. “Nach unserem Neuaufbau konnte niemand mit so einer überragenden Saison rechnen”, sagt Gudmundsson im Gespräch mit HANDBALL.DE. Allzu hohe Erwartungen für die bevorstehende Spielzeit möchte er trotzdem nicht wecken: “Wir haben nun wieder eine andere Situation. Wir wissen nicht genau, wo wir mit unserer Truppe stehen.” Die Verletzungsmisere trübt die Vorfreude auf die Saison. Rückraumspieler Alexander Petersson (33), praktisch das Herz der Mannschaft, fällt aufgrund seiner Schulterverletzung voraussichtlich bis Anfang Oktober aus. “Er ist in der Abwehr und im Angriff ein großer Verlust”, weiß Gudmundsson. Auch Abwehrchef Oliver Roggisch verpasst den Saisonbeginn. Mit der Rückkehr von Marius Steinhauser (20) und Zarko Sesum (27), die an einem Kreuzbandriss bzw. -anriss laborieren, ist sogar erst im kommenden Jahr zu rechnen. 

Der große Vorteil der Löwen: Der Kern der Mannschaft ist zusammengeblieben. Mit Jonas Maier (19, Kadetten Schaffhausen) und Nils Kretschmer (20, TV Großwallstadt) haben lediglich zwei Nachwuchsspieler den Verein verlassen. Zudem wurde mit Rúnar Kárason (25, TV Großwallstadt), Nikola Manojlovic (31, RK Koper) und Sergej Gorbok (30, Medwedi Tschechow) der Rückraum noch einmal verstärkt. Letztere beiden standen schon einmal bei den Löwen unter Vertrag. Gudmundsson über die Neuzugänge: “Manojlovic ist ein kompletter und erfahrener Spieler, der als Rückraum links und als Spielmacher agieren kann. Auch Gorbok hat sich in den letzten Jahren stark entwickelt. Er ist stark in der Abwehr, außerdem sehr torgefährlich. Kárason ist noch ein junger Spieler, der aber bereits viel Erfahrung in der Bundesliga hat. Bei ihm sehe ich noch viel Entwicklungspotential.“ 

Ohne Großsponsor ging es aufwärts

Der Ausstieg vom Großsponsor Jesper Nielsen im vergangenen Jahr hat sich für die Rhein-Neckar Löwen zu einem Glücksfall entwickelt. Vorbei sind die Zeiten, in denen das Geld aus dem Fenster geschmissen wurde. Selbst Führungsspieler Oliver Roggisch (34) kritisierte einmal, man habe in der Vergangenheit oftmals die Torschützenliste eingekauft. Auf eine ordentliche Mannschaftszusammenstellung wurde nicht geachtet. Erst das verringerte Budget führte zu einem Umdenken. Überhaupt hat sich das Image des Vereins verändert. Kamen die Löwen früher großmäulig daher, so herrscht nun Bescheidenheit. Allzu hohe Saisonziele werden nicht genannt. Und träumt ein Spieler doch einmal allzu laut von einem Titel, wird das von der Pressestelle schnell korrigiert.

Auch Trainer Gudmundsson äußert sich über das Saisonziel zurückhaltend: „Wir wollen unter den Top-5 landen. Das ist schwierig genug. Die Bundesliga ist noch stärker geworden.“ Die Favoritenrolle schiebt er der Konkurrenz aus dem hohen Norden zu. „Der THW Kiel ist noch immer auf jeder Position mit Weltklassespielern besetzt. Flensburg ist zudem eine sehr eingespielte Mannschaft, zählt daher ebenfalls zu den Titelkandidaten. Und auch Hamburg schätze ich stark ein.“ Mit starken Mannschaften bekommen es die Löwen nicht nur in der Bundesliga, sondern vor allem auch in der Champions League zu tun. Mit MKB Veszprém KC (Ungarn), HC Croatia Osiguranje Zagreb (Kroatien), St. Petersburg HC (Russland) und Celje Pivovarna Lasso (Slowenien) ist die Gruppe A hochwertig besetzt. Der Trainer dazu: „Wir müssen uns aus der Gruppe so gut wie möglich qualifizieren. Erst danach können wir neue Ziele definieren.“ 

HANDBALL.DE meint: Der Saisonstart könnte aufgrund der Verletzung von Alexander Petersson holprig verlaufen. Mit diesem starken Kader müsste die Champions League Qualifikation trotzdem das Ziel sein. Sollte das Torwart-Duo Goran Stojanovic (35) / Niklas Landin Jacobsen (26) an die Form der vergangenen Saison anknüpfen und die Mannschaft von weiteren Verletzungen verschont bleiben, könnten die Löwen sogar um die Meisterschaft mitspielen.