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Rhein-Neckar-Löwen fordern am Mittwoch Kiel (RNZ)

Vorfreude auf das Gipfeltreffen – Teammanager Oliver Roggisch hält den Ball jedoch flach: „Wir brauchen 110 Prozent. Es muss wirklich alles passen!“

Meister gegen Vize-Meister, Titelhamster gegen Mannschaft der Stunde. Am Mittwochabend schaut ganz Handball-Deutschland nach Mannheim. Sport1 macht’s möglich. Mit dem Sportkanal ist man ab 19 Uhr mittendrin statt nur dabei, kann die Zebra-Jagd der Rhein-Neckar Löwen im Fernsehen verfolgen. Der THW Kiel kreuzt in der SAP Arena auf.

Diesmal aber unter anderen Vorzeichen. Die Löwen sind vorne, führen die Bundesliga-Tabelle mit 16:0-Punkten an. Und Kiel? Ist zweiter, hat 12:4-Zähler auf dem Konto. Gewinnen die Gelben wären es also bereits sechs Punkte. Ein dickes Polster. Vielleicht sogar auch schon eine kleine Vorentscheidung im Titelkampf? Löwen-Trainer Nikolaj Jacobsen sagt nein. Er lacht: „Danach kommen ja schon noch ein paar Spiele. Und was in ein, zwei Monaten ist, kann ich nicht sagen. Ich habe ja keine Kugel, in die reinschauen kann.“

War ja klar, was soll der Däne denn auch anderes sagen. Doch auch er weiß: Der neunte Löwen-Coup in dieser Saison wäre ein ganz wichtiger. Auch weil er Kiel ratlos zurücklassen würde. Weitere Patzer könnten sich die Riesen von der Ostsee dann nämlich schon fast nicht mehr erlauben. Aber woran liegt es denn, dass Kiel nicht mehr Kiel ist? Wo ist sie geblieben, diese Souveränität? Diese Mia-San-Mia-Arroganz, die den Branchenprimus die letzten Jahre immer ausgezeichnet hatte?

Für den aktuellen Absturz gibt es mehrere Gründe. Einer ist sicher die Barca-Flucht von Rückraum-Star Filip Jicha. Ein anderer die Formkrise von Ex-Löwe Niklas Landin, dem eigentlich besten Torhüter der Welt. Er ist momentan nur ein Schatten seiner selbst. Und dann verletzte sich am Wochenende auch noch Nationalspieler Patrick Wiencek schwer. Beim Königsklassen-Sieg über Flensburg zog sich der Blondschopf eine schwere Knieverletzung zu. Vieles deutet gar auf einen Kreuzbandriss hin.

Fakt ist: In Kiel geht die Angst um. Die Furcht vor einem Seuchenjahr. Ohne Titel, mit Hohn und Spott. Und die Gefahr ist real. Schließlich haben die Löwen bewiesen, zu was sie fähig sind. Sie können auch die Großen. Barcelona ist im „Ufo“ schon gefallen. Kielce beinahe. Das macht Eindruck und sorgt für eine breite Brust. Bei Jacobsen zum Beispiel. Der sprüht förmlich vor Selbstvertrauen: „Gerade daheim können wir jeden schlagen. Auch Kiel. Außerdem sind sechs Punkte doch viel besser als zwei.“

Der Taktikfuchs überlässt jedenfalls nichts dem Zufall. Schon gestern zerlegte er Kiel in seine Einzelteile, studierte die Gislason-Sieben am heimischen Computer, zog sich einen Zebra-Spielzug nach dem anderen rein. Perfekt vorbereitet werden die Löwen demnach sein. Jetzt fehlt nur noch der achte Mann: die Zuschauer. Jacobsen: „Wir hoffen auf eine Super-Unterstützung von den Rängen. Die können wir gebrauchen.“

Heiß auf den Knaller sind natürlich auch seine Spieler. Bei manch einem ist das Leuchten in den Augen nicht zu übersehen. Patrick Groetzki, der Wirbelwind vom rechten Flügel, sagte: „Ich freue mich jetzt schon auf ein schönes Spiel. Wir wollen unsere weiße Weste jedenfalls behalten.“ Rückraum-Schütze Harald Reinkind nickt: „Wir müssen zuhause einfach gewinnen.“ Und weiter: „Das Vier-Punkte-Polster ist ein großer Vorteil von uns.“

Euphorie pur. Doch es gibt da auch andere Töne, vorsichtigere. Gerade Oliver Roggisch hält den Ball flach. Der Teammanager: „Kiel steigert sich traditionell von Spiel zu Spiel, um sie schlagen zu können, brauchen wir 110 Prozent. Es muss wirklich alles passen!“

Von Daniel Hund