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Roggisch – mehr Tore als Strafzeiten

Mannheim. Er gilt als Abwehrrecke, als unbequeme Kante im Deckungszentrum – und keinesfalls als Torjäger. Die Offensive war bislang nicht das bevorzugte Betätigungsfeld von Oliver Roggisch, doch mit Beginn dieser Handball-Bundesliga-Saison wagt sich der 33-Jährige von den Rhein-Neckar Löwen notgedrungen immer häufiger an den gegnerischen Kreis. Da Bjarte Myrhol nach seiner Krebserkrankung noch unbestimmte Zeit fehlen wird, muss Roggisch vermehrt im Angriff ran. Zuletzt beim 27:24-Sieg in Großwallstadt erzielte der Weltmeister von 2007 zwei Treffer, auch heute (19 Uhr/SAP Arena) gegen HBW Balingen-Weilstetten wird der Rechtshänder wieder auf Torejagd gehen.

„Er läuft sich gut frei. Und jetzt ist auch noch sein legendärer Leger zurück“, witzelt Rechtsaußen Patrick Groetzki und spielt auf eine bislang selten gesehene Qualität Roggischs an: Nicht auf dem höchsten Punkt des Sprunges, sondern im Sinken legte er den Ball gegen Großwallstadt sanft über den Kopf von Keeper Martin Galia ins Netz. Tormaschine Krzysztof Lijewski fürchtet schon die teaminterne Konkurrenz um die Torjägerkrone. „Er hat in der Vorbereitung bereits mehr Treffer gemacht als in der gesamten vergangenen Saison“, flachst der Pole.

Knapp zehn Kilo abgenommen

In der Tat kommt Roggisch momentan nicht als rüdes Raubein daher, als das er oft abgestempelt wird. Vielmehr präsentiert sich der 33-Jährige als souveräner Abwehrorganisator mit Offensivdrang. In Großwallstadt erzielte der Blondschopf mehr Tore (2) als er Strafzeiten (1) erhielt. Die kraftraubenden Sprints vom eigenen an den gegnerischen Kreis machen ihm wenig aus. „Ich habe knapp zehn Kilo abgenommen, fühle mich fit wie lange nicht. Da macht es dann Spaß, 60 Minuten vor- und zurückzulaufen“, sagt der 1,99-Meter-Mann, der seine Treffer aber nicht überbewerten will. „Eigentlich spielt Róbert Gunnarsson im Angriff, ich laufe nur die Gegenstöße und die zweite Welle mit – mehr nicht. Ich soll die Abwehr zusammenhalten, das ist meine Hauptaufgabe. Wenn ich dann noch in der Offensive helfen kann, ist das schön.“

Außer Frage steht, dass Roggisch in dieser frühen Saisonphase zu den Stützen der Löwen gehört. Er hat all seinen Kritikern bewiesen, dass er nicht nur in der Abwehr einsetzbar und kein Auslaufmodell ist. Schon heute gegen Balingen will der 33-Jährige das erneut beweisen.

Von Marc Stevermüer