Veröffentlichung:

„Schämen muss sich keiner“

Mannheim. Die Fans der Rhein-Neckar Löwen mussten nach dem dramatischen Topspiel der Handball-Bundesliga am Mittwochabend gegen den THW Kiel lange auf die Autogramme ihrer Lieblinge warten. Während die Gästeakteure um den starken Filip Jicha bereits zum gemeinschaftlichen Ausdehnen auf das Parkett der Mannheimer SAP-Arena zurückgekehrt waren und sich diebisch über ihren glücklichen 23:22(9:11)-Auswärtssieg freuten, saßen die Löwen-Spieler zunächst noch mit hängenden Köpfen und leeren Blicken in der Umkleidekabine. „Die Jungs sind alle richtig enttäuscht, denn diese Niederlage tut schon sehr weh“, verriet Manager Thorsten Storm, der mit dem Auftritt der Badener aber sehr zufrieden war: „Schämen muss sich keiner. Ich hätte unserer Mannschaft für ihre tolle Leistung den Sieg gewünscht.“ Eine Punkteteilung wäre das gerechte Ergebnis dieses nervenaufreibenden Spiels gewesen, meinte Storm.

Ein Akteur aus dem Team von Trainer Ola Lindgren fehlte allerdings zunächst in der Kabine. Henning Fritz war nach dem Duell mit seinem früheren Arbeitgeber der gefragteste Mann. Der Ex-Nationalkeeper hatte gegen den Rekordmeiser eine famose Leistung abgeliefert – insgesamt 19 Paraden, darunter fünf gehaltene Strafwürfe, standen für den 35-Jährigen zu Buche. „Es ist schließlich die Aufgabe eines Torhüters, mit einer guten Leistung seiner Mannschaft zu helfen“, stellte Fritz sein Licht unter den Scheffel. „Deshalb ist es für mich natürlich umso deprimierender, dass es am Ende nicht einmal für einen Zähler gereicht hat“, ergänzte der gebürtige Magdeburger und meinte dabei besonders die letzten 27 Sekunden. Nachdem Momir Ilic die Gäste per Siebenmeter mit 23:22 in Führung gebracht hatte, nahm Lindgren eine Auszeit und brachte für die restliche Spielzeit Andrei Klimovets als siebten Feldspieler. „Trotzdem haben wir es nicht geschafft, uns noch eine gute Wurfchance herauszuspielen“, grantelte Fritz.

Nur einen Tag nach der bitteren aber verschmerzbaren Pille gegen Kiel erreichte die sportliche Leitung der Löwen, die morgen (16 Uhr/live in Eurosport) in der Champions League bei KS Kielce antreten müssen, dann eine echte Hiobsbotschaft. Kapitän Gudjon-Valur Sigurdsson wird den Badenern rund zwölf Wochen nicht zur Verfügung stehen. Der Isländer musste sich gestern einer Operation an seinem lädierten linken Knie unterziehen. Es wurde entzündetes Narbengewebe entfernt.

„Als Führungsspieler ist Goggi nicht zu ersetzen. Da muss unser Team noch enger zusammenrücken“, sagte Manager Storm. Doch Sigurdsson ist nicht der einzige Stammspieler, auf den Lindgren im Kräftemessen beim polnischen Meister verzichten muss. Auch Kreisläufer Bjarte Myrhol steht wegen einer Nackenverletzung noch nicht wieder zur Verfügung.

Die Kieler, die am Wochenende in Gummersbach noch eine blamable Vorstellung gezeigt und durch das 28:35 das Final Four des Pokalwettbewerbs verpasst hatten, wussten ganz genau, wie sie den Erfolg und die vorübergehende Rückkehr an die Tabellenspitze einzuschätzen hatten. „Natürlich war das ein glücklicher Sieg für uns“, gab Christian Zeitz zu. „Aber in kämpferischer Hinsicht haben wir uns gegenüber dem Gummersbach-Spiel enorm gesteigert“, erklärte der Östringer.

Von Christof Bindschädel

 12.02.2010