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Schmutz kann auch mal schön sein (MM)

Löwen freuen sich über einen „dreckigen“ Sieg gegen den TV Großwallstadt

MANNHEIM. Es dauerte ein wenig, bis der Puls wieder im Normalbereich war. Thorsten Storm hatte gelitten, gezittert, gebangt – und war plötzlich mit hochgerissenen Armen in die Höhe gesprungen, als Stefan Rafn Sigurmannsson vier Minuten vor dem Abpfiff zum 23:20 für die Rhein-Neckar Löwen gegen den TV Großwallstadt getroffen hatte. Diese Begegnung hatte nicht nur dem dezimierten Kader des Handball-Bundesligisten alles abverlangt, sondern auch das Nervenkostüm des Managers arg strapaziert. „Ich bin stolz auf die Jungs. Es ist nicht lange her, da hätten wir solch ein Spiel verloren. Diese Leistung ist höher einzuschätzen als ein Sieg, bei dem alles gelingt“, meinte der Manager nach dem 26:21-Erfolg.

Schmutzig eingefahrene Punkte können eben so richtig schön sein. Vor allem dann, wenn die Tabellensituation dazu noch komfortabel ist. Doch Storm, der Mahner, trat auf die Euphoriebremse: „Ich schaue nicht nach oben, sondern nach unten.“ Es dauerte einen Augenblick, bis der Blondschopf nach einem dezenten Hinweis seinen Fauxpas bemerkte: Über den Löwen steht niemand in der Tabelle, nach wie vor thronen die Badener an der Spitze.

Der Geschäftsführer grinste verschmitzt, lachte kurz. Erst als er auf die angespannte Personalsituation zu sprechen kam, verfinsterte sich seine Miene: „Für Linksaußen, den linken Rückraum und die Spielmacherposition stehen uns vier Leute zur Verfügung“, verwies er auf den kleinen Kader und stellte einen Vergleich mit dem Tabellenzweiten THW Kiel an. „Da kommt alle 20 Minuten ein neuer Star auf die Platte. Filip Jicha, Aron Palmarsson, Daniel Narcisse“, zählte der 48-Jährige auf und hielt einen Augenblick inne: „Ach, ich will das alles gar nicht erzählen. Fakt ist: Einer von diesen Spielern würde uns schon reichen.“

Wenig Alternativen

Stattdessen kam das 19-jährige Talent Kevin Bitz zum Einsatz, auf der Bank saß zudem Michel Abt (22 Jahre) aus der zweiten Mannschaft. Gleich neben ihm hockte Marius Steinhauser (20). „Schau her, da sitzt fast keiner mehr“, zeigte Trainer Gudmundur Gudmundsson mit beiden Händen Richtung Ersatzbank. Der Humor ist ihm zweifelsohne nicht abhandengekommen: „Wir sind mit einer jungen Mannschaft in die Saison gestartet und jetzt ist das Team noch jünger. Nur Goran Stojanovic macht den Schnitt kaputt.“

Mit seiner Erfahrung konnte der 36-jährige Keeper dem Löwen-Rudel allerdings keine Sicherheit verleihen. Nach einer Viertelstunde war sein Arbeitstag beendet. „Für ihn ist es unglücklich gelaufen, weil ihn die Kollegen zu Beginn im Stich gelassen haben. Trotzdem erwarten wir von ihm, dass er auch mal alleine einen Ball hält“, sagte Storm.

An Stojanovic allein lag es allerdings nicht, dass die Löwen lange Zeit nicht in Tritt kamen. „Wir haben einige Baustellen im Angriff“, räumte Rechtsaußen Patrick Groetzki ein: „Wir müssen schneller und flexibler spielen, mehr auf die Lücken gehen.“ Gegen den TVG fehlten Tore aus dem Rückraum, Zarko Sesum konnte Kim Ekdahl du Rietz diesmal nicht ersetzen. „Ich weiß, dass gerade für ihn die Belastung jetzt hoch ist“, übte sich Storm ein wenig in Nachsicht, so richtig zufrieden mit der Vorstellung des Serben war er dennoch nicht: „Zarko erwartet selbst mehr von sich. Wir brauchen seine einfachen Tore. Aber er kann das, vielleicht klappt es schon am Samstag.“

Von Marc Stevermüer