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Schon wieder Flensburg

Flensburg. Sie schlossen sich in die Arme, tanzten, drehten sich sekundenlang im Kreis. Hüpfend und grinsend. Aber es waren die Falschen. Die Schwarzen, nicht die Gelben. Nicht die Rhein-Neckar Löwen, sondern die SG Flensburg-Handewitt. Börge Lund und Co. schlichen derweil aus der Campushalle. Der Blick leer, die Schultern hängend. Ein badisches Trauerspiel war’s, eine 31:32 (16:16)-Niederlage im hohen Norden. In solchen Momenten fällt es schwer zu reden. Thorsten Storm, der Manager der Löwen, tat es trotzdem. Er sprach Klartext: „Die Enttäuschung ist sehr groß – bei uns allen“, gestand er: „Diese Niederlage tut richtig weh, aber sie war sicher nicht unverdient.“

Als Fan der Löwen, von denen einige an der Ostsee aufkreuzten, fühlte man sich wie auf einer Zeitreise, gefangen in einem Albtraum: Genau wie in der Vorsaison stand man mit leeren Händen da. Dabei hatten sich die „Besten aus dem Südwesten“ so viel vorgenommen. Ein Sieg sollte es sein. Möglichst ein hoher, ein überzeugender. Doch seit gestern Abend – um kurz nach 19 Uhr – ist man rings um das Kronauer Trainingszentrum um eine Erfahrung reicher: Auch unter Gudmundur Gudmundsson, dem mittlerweile nicht mehr ganz so neuen Trainer, kann man verlieren, enttäuschen. Hat man den Gegner etwa unterschätzt? Storm sagt „nein“, mit Nachdruck: „Jedem war klar, dass es ein richtig schweres Spiel wird. Flensburg hat Qualität, und hat sich heute wie ein angeschlagenes Tier präsentiert, das unsere Schwächen gnadenlos ausgenutzt hat.“

Das Spiel ist schnell erzählt. Es ging 60 Minuten lang hin und her, vor und zurück. Probleme hatten beide insbesondere in der Verteidigung. Immer wieder tauchten die Schützen frei vor den Torhütern auf. Zu erwarten war das nicht. Vor allem nicht vor dem Löwen-Gehäuse. Dort, wo die Defensiv-Hünen um Oliver Roggisch zuletzt ein Bollwerk errichteten, Beton anmischten. Gestern war davon nichts mehr zu sehen. Storm nickte: „Die Abwehr und dadurch auch das Torwartspiel, das waren die zwei Faktoren, die heute nicht gestimmt haben.“

Gudmundsson erkannte das früh. Seine Sorgenfalten waren nicht zu übersehen. Er dachte nach, grübelte, suchte dem ultimativen Lösungsansatz: Den Daumen am Kinn, den Zeigefinger an der Stirn. Hoch konzentriert wirkte er, der kleine Isländer. Vergebens, diesmal fand er den Masterplan nicht. Und hatte zudem die Schiedsrichter gegen sich. Das Duo mit der Pfeife verlor mehrfach den Überblick. Gerade in der Schlussphase, nach der Aufholjagd der Löwen, die aus einem 26:30 noch ein 31:31 machten. Der Manager war nicht nachtragend, sprach jedoch von einigen „unglücklichen Entscheidungen“.

Beim Gastspiel in Flensburg war allerdings nicht alles schlecht. Es hatte auch seine positiven Seiten. Zum Beispiel zwei ganz starke Außenspieler, zwei deutsche Nationalspieler, die der Partie ihren Stempel aufdrückten. Gemeint sind Uwe Gensheimer und Patrick Groetzki. Die Flügelzange schnappte zu: „Gensel“ traf zehn Mal, „Johnny“ fünf Mal. Storm fand’s klasse: „Beide waren unsere Waffen.“

Und dann war da noch einer im Rückraum: Karol Bielecki. Der Pole traute sich was zu, schraubte sich ständig hoch und versenkte sieben Würfe im gegnerischen Netz.

Doch daran wird man sich bald nicht mehr erinnern. Hängen bleiben wird nur eins: die Niederlage. Wieder einmal…

Von Daniel Hund

 15.11.2010