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Schützenfest mit großem Wermutstropfen? (MM)

Wegen einer Roten Karte beim 44:32 in Emsdetten droht Löwe Gedeón Guardiola eine Sperre – allerdings nicht gegen Kiel, sondern im Pokal-Halbfinale

EMSDETTEN. Direkt nach dem Schlusspfiff verkroch sich Gedeón Guardiola in die letzte Ecke des Kabinengangs. Tränen liefen ihm trotz des 44:32-Auswärtssieges der Rhein-Neckar Löwen beim TV Emsdetten übers Gesicht, sein Zwillingsbruder Isaías versuchte, Trost zu spenden. Doch das gelang ihm nicht. Wie auch? Gedeón Guardiola droht eine Sperre. Allerdings nicht wie zunächst angenommen im Bundesliga-Topspiel gegen den THW Kiel am 16. April, sondern vier Tage zuvor im Pokal-Halbfinale gegen die SG Flensburg-Handewitt. Manager Thorsten Storm behielt den Durchblick, sprach schon am späten Mittwochabend von einer Sperre für das nächste nationale Pflichtspiel. Und lag damit goldrichtig.

„Das Strafmaß sieht gemäß der DHB-Rechtsordnung eine Sperre für das jeweils nächste Meisterschafts- oder Pokalspiel vor. Das nächste Pflichtspiel der Löwen auf nationaler Ebene ist das Halbfinale beim Final Four in Hamburg“, sagte Andreas Wäschenbach, Manager Spielorganisation bei der HBL, auf Anfrage dieser Zeitung.

Vier Sekunden vor dem Abpfiff hatte Gedeón Guardiola nach einem Löwen-Tor das Anspiel des TVE unterbunden, den Schiedsrichtern Martin Harms und Jörg Mahlich war gar keine andere Möglichkeit geblieben, als die Rote Karte zu zeigen. Das Schlimme: Das Regelwerk sieht für einen Platzverweis in der Schlussminute auch eine Sperre vor.

„Ich dachte, die Zeit wäre angehalten gewesen, weil mein Bruder verletzt am Boden lag“, versuchte Gedeón Guardiola zu erklären, wie es zu der Roten Karte gekommen war. Der Weltklasse-Abwehrspieler war in den bitteren Minuten kurz nach dem Abpfiff spürbar traurig. Die Stimme leise, der Kopf gesenkt. Fakt ist: Als Emsdetten den Anwurf ausführen wollte, lag Isaías Guardiola noch in der Spielhälfte des Aufsteigers und krümmte sich vor Schmerzen. Die Löwen hoffen deshalb, um eine Sperre herumzukommen und haben Einspruch eingelegt.

Hoffen auf Freispruch

„Das Spiel war längst entschieden. Diese Unterbrechung hatte überhaupt keinen Einfluss auf das sportliche Ergebnis, sondern es wäre sogar die Pflicht der Schiedsrichter gewesen, die Begegnung selbst zu unterbrechen, damit dem verletzten Spieler hätte geholfen werden können. Das hat auch der Gegner bestätigt“, sagte Storm, der sich gute Chancen ausrechnet, dass der Defensiv-Spezialist nicht gesperrt wird: „Die Regel gibt es nur für die Situation, dass man durch unsportliches Verhalten das sportliche Ergebnis beeinflussen will. Sie gilt nicht, wenn man einem verletzten Spieler helfen und den Physiotherapeuten auf das Feld holen will. Zumal das Ergebnis feststand.“

Storm formuliert den Standpunkt seines Klubs klar und deutlich: „Wir gehen davon aus, dass der Spieler für so etwas nicht bestraft werden sollte und es für diesen Fall keine Sperre geben darf. Jemand, der helfen will, darf nicht auch noch bestraft werden.“ Eine Meinung, der sich Trainer Gudmundur Gudmundsson natürlich anschließt: „Es war eine sehr unglückliche Szene. Isaías lag am Boden, die Schiedsrichter hätten die Partie einfach unterbrechen müssen. Ich habe große Hoffnung, dass Gedeón nicht bestraft wird. Niemand hatte einen Nachteil. Es wäre sehr hart, ihn jetzt noch zu sperren.“

Fest steht: Auch gegen Flensburg würden die Gelbhemden ihren Abwehrchef schmerzlich vermissen. Vielleicht hilft ihnen aber die Unterstützung durch Emsdettens Trainer Gennadij Chalepo. „Ich verstehe diese Regel nicht. Sie macht Sinn, wenn es Unentschieden steht. Aber die Partie war bereits lange entschieden. Zudem haben die Löwen während der Begegnung auch auf einen verletzten Spieler von uns gewartet, bis er zurück in der eigenen Abwehr war. Das war sportlich fair.“

Von Marc Stevermuer