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Sergei Gorbok: „Diesmal will ich den Pokal unbedingt“ (RNZ)

Gorbok hat mit den Löwen viel vor beim Final Four

Heidelberg. Zurück ins Löwengehege kam er letzten Sommer. Aber anders: Aus Harbok war zwischenzeitlich Gorbok geworden, Sergei Gorbok. Neuer Name, alte handballerische Stärken: Denn seine Sprungkraft, seine Präzision und sein Zug zum Tor beeindrucken schon immer. Vorzüge, die Thorsten Storm, der Manager der Rhein-Neckar Löwen, noch genau auf dem Schirm hatte, als er den Russen im letzten Jahr von Medwedi Tschechow zurück ins Badische lotste. Dort hin, wo er schon von 2007 bis 2010 auf Torejagd gegangen war, wo ihn die Fans verehren.

Warum? Na weil er neben seinem Killerinstinkt auf der Platte eben auch ein Typ zum Anfassen ist. Ruhig und bescheiden. Fast ein wenig schüchtern wirkt er manchmal. Kampfansagen sind deshalb eigentlich nicht sein Ding. Eigentlich, weil dieser Tage vieles anders ist rings um das Kronauer Trainingszentrum. Der Tanz auf drei Hochzeiten hinterlässt Spuren – und momentan dreht sich alles ums Final Four am kommenden Wochenende in Hamburg. Auch bei Gorbok. Der 1,98-Meter-Schlaks zur RNZ: „Es ist jetzt mein vierter Anlauf bei diesem Turnier und diesmal will ich den Pokal unbedingt.“

Gerade auf Gorbok wird in der Hansestadt viel ankommen. Der Mann von der Königsposition muss dann da sein, wenn spielerisch nichts geht. Tore aus dem Nichts sind sein Job. Storm sagt es so: „Sergei ist ein Spieler, der keine Vorlagengeber braucht. Er kann alles selbst in die Hand nehmen.“

Ein Alleinunterhalter also, aber auch ein Realist. Der Familienvater weiß nämlich genau, was da am Samstag ab 15 Uhr im Halbfinale des DHB-Pokals auf die Löwen zukommt: „Flensburg ist eine absolute Spitzenmannschaft. Ein Team ohne Schwächen, mit ganz vielen Ausnahmekönnern“, schnauft er, beginnt dann jedoch verschmitzt zu grinsen: „Aber genau das sind wir auch.“

Am nötigen Selbstbewusstsein mangelt es demnach nicht, was allerdings auch nicht verwundert. Hinter den Besten aus dem Südwesten liegen atemberaubende Wochen: Seit der Winterpause haben sie lediglich das Achtelfinal-Hinspiel in der Königsklasse in Kielce (28:32) verloren, ansonsten eilten Kapitän Uwe Gensheimer und Co. von Sieg zu Sieg. Und einer schmeckte besonders süß: der historische Pokal-Coup in Kiel. Gorbok sagt: „Wenn du dort gewinnst, bist du bereit für das Final Four.“

Bereit war er selbst zuletzt nicht. Es zwickte im Knie. Im Rückspiel gegen Kielce hatte es ihn erwischt. Kurz vor Schluss humpelte er mit schmerzverzerrtem Gesicht vom Feld. Wenig später wurde eine Kapselverletzung diagnostiziert. Hamburg war in Gefahr – mittlerweile gibt der Rückraum-Star aber Entwarnung. „Ich habe zuletzt gut in der Reha gearbeitet und werde beim Final Four voll angreifen können.“

Die Spielzeit wird sich Gorbok dann wieder mit Kim Ekdahl du Rietz teilen. Zusammen bilden sie das Löwen-Tandem auf Halblinks. Neid oder gar Missgunst sind nie im Spiel. „Kim und ich verstehen uns sehr gut“, verrät Gorbok, „wir geben uns gegenseitig Tipps und ergänzen uns optimal.“

Gute Freunde sind sie. So wie alle anderen Löwen auch. Denn genau das sei laut Gorbok auch eines der großen Erfolgsgeheimnisse in dieser Saison. Die Kameradschaft steht über allem. „Wir alle“, holt Gorbok tief Luft, „wir alle bilden ein echtes Team, das immer zusammen hält. Egal wo und wann.“

In der kommenden Saison soll das ähnlich sein. Dann allerdings ohne den russischen Kunstschützen. Gorboks Abschied ist beschlossene Sache. Sein Ziel heißt Skopje. Noch kommt kein Wehmut auf: „Ich genieße momentan einfach noch die Zeit, die mir bei den Löwen bleibt.“ Doch der Abschiedsschmerz ist vorprogrammiert: „Wenn ich Freunde verlasse, bin ich immer traurig. Aber so ist eben unser Job. Du musst da professionell sein.“

Auch in diesem Sommer.

Von Daniel Hund