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Sieg gegen Hannover: Ein echter Feiertag für die Rhein-Neckar Löwen (RNZ)

Nach einem 27:23-Sieg gegen Hannover auf der Zielgeraden zur Meisterschaft – Emotionaler Abschied von Uwe Gensheimer

Noch war das Spiel nicht vorbei. Doch Nikolaj Jacobsen befand sich trotzdem schon so halb im Feierabend-Modus. Soeben waren im Bundesliga-Duell zwischen den Rhein-Neckar Löwen und dem TSV Hannover Burgdorf die letzten 20 Minuten angebrochen – und vom Mega-Videowürfel in der SAP Arena leuchtete ein 25:16. Für den Fast-Meister, gegen die Recken. Der Rest war Schaulaufen, verwalten und ein bisschen glänzen. Jacobsen wusste das. Er grinste, er konnte seine Freude nicht mehr verbergen. Stolz war er, der Däne. Noch war das Feierbiest in ihm aber nicht richtig erwacht. Das lässt er erst nächste Woche raus. Dann soll nämlich endlich mal Zahltag für die Löwen sein, dann können aus dem ewigen Zweiten strahlende Sieger werden. Selbst ein Remis in Lübbecke, beim Absteiger, würde nach dem 27:23 (17:11)-Heimsieg vor 13200 Zuschauern gegen Hannover nun schon reichen.

Ein echter Löwen-Feiertag war’s also. Wenn da nur nicht diese Sache nach Spielschluss gewesen wäre, diese Verabschiedung von vier Spielern. Denn unter denen befand sich bekanntlich auch der Oberlöwe, ein Mann der ersten Stunde: Uwe Gensheimer. Bei den Badenern ist er zur Weltklasse gereift, kam 2003 als Bub und geht 2016 als Idol, als wohl bester Linksaußen der Handball-Welt. Tränen waren da erlaubt. Auf und abseits der Platte. „Gensel“ kämpfte vergeblich gegen sie an. Sie kullerten ganz ungeniert. Emotionen pur! Gänsehaut machte sich breit. Erst recht, als Patrick Groetzki und Andy Schmid ein riesiges Banner mit der Nummer 3 und seinem Namen hissten. Löwen-Geschäftsführer Lars Lamadé, der ebenfalls mit den Tränen kämpfte, stellte klar: „Uwe, die Nummer 3 ist immer für dich reserviert. Wir werden sie nie mehr vergeben.“ Und Gensheimer, was sagte der? Vieles. Das zum Beispiel: „13 Jahre gehen nicht spurlos an einem vorbei. Ich werde das alles hier nie vergessen.“

Ein toller Rahmen war es auch für die anderen, die eine neue Herausforderung suchen. Für Stefan Sigurmannsson (Aalborg), für Borko Ristovski (FC Barcelona), für Stefan Kneer (Wetzlar). Nachdem ein kurzer Saison-Rückblick über den Videowürfel geflimmert war, gab’s eingerahmte Bilder im XXL-Format, Blumen und andere Geschenke. Zum Spiel: Die Löwen legten los wie die Feuerwehr. Keine drei Minuten war gespielt, da stand es schon 3:0. Der doppelte Gensheimer und Alexander Petersson sorgten für den Bilderbuch-Start. Und wo waren die Gäste? Noch in der Kabine? Nein, die schlugen zurück, zündeten mit Verspätung, allerdings ohne die Jacobsen-Sieben ernsthaft in Gefahr zu bringen. Dazu waren die Löwen diesmal zu clever. Abgezockt spielten sie ihren Stiefel herunter. Andy Schmid war mal wieder der Dreh- und Angelpunkt. Petersson der Vollstrecker.

Der Isländer ließ seine Gegenspieler wie Slalomstangen stehen. Er war einfach nicht zu greifen. Fast so, als hätte sich der Linkshänder seine Akkus bei Duracell frisch aufgeladen. Der Batterie-Gigant gehört nun nämlich auch zur Löwen-Familie, steigt als Großsponsor ein.

Hannover wirkte bereits nach 16 Minuten konsterniert. 4:10 lag der Tabellen-Siebte da schon hinten. Trainer Jens Bürkle reagierte, er zog die Notbremse: Auszeit! Eine Minute reden statt passen und werfen. Ein Versuch, der aber nicht wirklich etwas gebracht hat. Gensheimer und Co. dominierten weiter. Und Schmid war nun überall, zwischenzeitlich sogar im Tor – und auch das kann der Schweizer. Halb im Spagat, halb im Schneidersitz entschärfte der Familienvater ein Rückraum-Geschoss von Hannover.

Wenig später ging es mit einer 17:11-Führung in die Pause. Was bei der Heimstärke der Löwen durchaus schon eine Vorentscheidung war. Und da brannte dann auch nichts mehr an. Alle trugen im letzten Heimspiel dazu ihren Teil bei. Insbesondere aber Mikael Appelgren. Der Schwede im Löwen-Tor hexte sich in einen rauschähnlichen Zustand. Hannover verzweifelte an seinen Reflexen.

Genau das soll Lübbecke am nächsten Sonntag auch. Doch Appelgren warnt: „In der Bundesliga kann alles passieren. Du darfst nie eine Mannschaft unterschätzen.“ Sagte es und schickte ein smartes Grinsen hinterher. Was so viel heißen sollte wie: Keine Angst, diesmal packen wir das schon. Na dann.

Von Daniel Hund