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Spaßgesellschaft mit Kämpferherz (MM)

KASSEL. An diese Rhein-Neckar Löwen kann man sich gewöhnen. Alles ist anders. Die Mannschaft. Die Außendarstellung – und vor allem die Atmosphäre. Teamgeist wird beim Handball-Bundesligisten groß geschrieben, Einzelgänger tauchen im Kader der Gelbhemden nicht auf. „Die Stimmung ist sehr gut, vielleicht sogar besser als in der vergangenen Saison. Dieses Team hat einen anderen Charakter, darauf haben wir bei den Transfers geachtet“, sagt Trainer Gudmundur Gudmundsson und freut sich über „viele Siegertypen“ im Kader. Manager Thorsten Storm kommt unterdessen aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus: „Handball spielen ist für diese Jungs nicht nur ein Beruf, sondern eine Leidenschaft.“ Was auffällt in der noch jungen Saison: Wenn es kritisch wird, rücken die Löwen zusammen. So auch beim 26:23-Auswärtssieg über die MT Melsungen in der Kasseler Rothenbachhalle.

„Diesmal sind ein paar andere Jungs in die Bresche gesprungen, die zuletzt in Göppingen nicht viel gespielt haben. So funktioniert eine Mannschaft, das ist das Gesicht der neuen Löwen“, meint Oliver Roggisch. Er stand beim Auftakterfolg vor einer Woche ebenso wie Andy Schmid, Goran Stojanovic und Bjarte Myrhol nicht im Mittelpunkt, doch diesmal holte dieses Quartett zusammen mit dem treffsicheren Marius Steinhauser (6 Tore) die Kohlen aus dem Feuer. Stojanovic vernagelte den Kasten, Roggisch/Myrhol stellten einen massiven Innenblock, Schmid machte das Spiel schnell. Auch Isaías Guardiola verdiente für sein Zupacken in der Deckung ein Lob von Gudmundsson: „Er hat eine starke Abwehr-Leistung gezeigt.“

Keine Frage: Die Chemie in der Truppe stimmt, niemand ist sich für Drecksarbeit zu schade. Insbesondere die ungeliebte Schinderei in der Defensive ist anstrengend und schmerzhaft, doch meistens eben Sieg bringend. „Natürlich fehlt es gerade im Angriff noch an der Abstimmung, aber das gleichen wir durch Leidenschaft in der Deckung aus. Es mag nach einer Floskel klingen, aber der eine ist für den anderen da. Das war in der Vergangenheit nicht immer so“, berichtet Schmid. Kapitän Uwe Gensheimer hebt jedoch mahnend den Finger: „Wichtig wird sein, diese gute Stimmung auch nach Rückschlägen beizubehalten.“

Mittwoch erstes Heimspiel

Momentan spricht viel dafür, dass dies im Fall der Fälle gelingen wird. In Kassel zeigte das Team nicht nur Spaß und Spielfreude, sondern es zog sich nach einem 4:7 (11.) auch mit einem 10:0-Lauf selbst aus dem Schlamassel. Und diese Erkenntnis ist für dieses neu formierte Ensemble zweifelsohne genauso wichtig wie ein ungefährdeter Sieg in Göppingen. „In der zurückliegenden Saison sind wir in kritischen Situationen oft eingebrochen. Jetzt haben wir Typen, die vorangehen“, erklärt Schmid. Zum Beispiel Kim Ekdahl du Rietz, der insbesondere in der zweiten Halbzeit mit seinen Treffern den kleinen Vorsprung hielt und Druck aus dem Kessel nahm.

Nun wartet auf die Löwen am Mittwoch (20.15 Uhr) die erste Heimpartie gegen den TuS N-Lübbecke, es folgen Begegnungen gegen den TV Großwallstadt und die HSG Wetzlar. Da winkt der Traumstart mit 10:0 Punkten vor der dreiwöchigen Pause. Trainer Gudmundsson verzieht darauf angesprochen sofort die Miene: „Ich hoffe, wir haben aus der Vergangenheit gelernt und schauen nicht zu weit in die Zukunft.“ Auch Schmid kann bei derlei Rechenspielen nur den Kopf schütteln: „Wir sind in den zurückliegenden Jahren oft genug auf die Schnauze gefallen. So ein Spiel wie in Melsungen war für uns eigentlich prädestiniert, um von Wolke sieben herunterzukommen.“ Doch jetzt ist bei den Löwen ja alles anders.

Von Marc Stevermüer