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Storm: Mit Leidenschaft und Herz
Heidelberg. (red) Im Vorfeld des Champions-League-Spiels der Rhein-Neckar Löwen gegen Vive Kielce am Sonntag um 17 Uhr in der Eppelheimer Rhein-Neckar Halle schauten gestern Löwen-Manager Thorsten Storm, Trainer Gudmundur Gudmundsson sowie die Rückraum-Asse Karol Bielecki und Michael Müller zu einem Redaktionsgespräch in der Sportredaktion der Rhein-Neckar-Zeitung vorbei.
> Wie fällt das Fazit zum 36:24_Sieg in Hannover aus?
Gudmundsson: „Wir haben von Beginn an sehr souverän gespielt. Die Abwehr war gut und Torhüter Henning Fritz überragend. Er hat 13, 14 Bälle von 20 gehalten. Beim 17:6 zur Pausewar das Spiel eigentlich schon gelaufen. In der zweiten Halbzeit war es nach vorne ordentlich, aber in der Abwehr haben wir nachgelassen. Auch weil wir viel gewechselt haben, um Kräfte zu sparen.“
Bielecki: „Jeder hat alles gegeben. In der Halbzeit war alles klar. Danach haben wir einfach in Ruhe weiter gespielt.“
> Die letzten drei Spiele hat sich die Mannschaft stark präsentiert, hatte das 26:26-Remis gegen Wetzlar vielleicht sogar einen positiven Effekt?
Storm: „Der Punkt ist weg, den bekommen wir nicht wieder. Bei uns ist es einfach so, dass wir an guten Tagen richtig gut spielen können, aber an schlechten auch richtig schlecht. Dann fehlen die Emotionen. Es müssen immer Leidenschaft und Herz dabei sein. Gegen die Großen sind wir irgendwie immer gut, Sorgen mache ich mir eher gegen die Kleinen der Liga. Das Remis gegen Wetzlar war einfach nicht nötig. Wir dürfen daheim keine Punkte abgeben.“
> Michael Müller, wie gefällt es Ihnen in der Rolle als Co-Trainer? Und wann wird man Sie wieder auf dem Spielfeld sehen?
Müller: „Es ist gar nicht so schlecht (lacht), es mal von der anderen Seite und Perspektive zu sehen. Ich habe keine großen Aufgaben, ich schreibe lediglich die Statistik mit. Nächste Woche steige ich wieder ins Mannschaftstraining ein. Und ich glaube, dass ich Anfang April gegen Melsungen wieder dabei sein kann, dann sind sechs Monate rum und ich habe keine Probleme mehr mit dem Knie.“
> Spitzenreiter Hamburg strauchelte zuletzt, wie offen ist das Titelrennen noch?
Gudmundsson: „Sehr offen. Kiel hat noch alle Chancen auf den Titel. Hamburg hat noch schwere Auswärtsspiele. Auch gegen uns. Es wird noch viel passieren. Unser Ziel ist zunächst einmal der dritte Platz. Aber es ist noch alles möglich: Dafür müssten wir aber alle Spiele gewinnen, gerade auch gegen unseren direkten Konkurrenten aus Berlin.“
> Wie wichtig ist das Champions-League-Spiel gegen Kielce?
Storm: „Wenn wir gegen Kielce gewinnen, sieht es gut aus mit dem zweiten Platz in unserer Gruppe.“
Gudmundsson: „Und der ist sehr wichtig im Hinblick auf das Achtelfinale. In dem wir dann gegen einen Tabellen-Dritten im Rückspiel Heimrecht hätten.“
> Karol Bielecki, ist es für Sie ein besonderes Spiel?
Bielecki: „Ich habe dort ein paar Jahre gespielt und kenne die meisten Spieler aus der polnischen Nationalmannschaft. Aber jetzt spiele ich in einem der besten Teams der Bundesliga und das wollen wir auch in Eppelheim zeigen.“
> Wie stark ist Kielce einzuschätzen?
Gudmundsson: „Das Hinspiel in Polen endete Unentschieden. Es war ein besonderes Spiel, da wir einige polnische Spieler in der Mannschaft haben. Kielce ist ein Spitzenteam, das sich in allen Gruppenspielen teuer verkauft hat. In Barcelona haben sie ein Remis geholt und in Celje nur mit einem Tor verloren. Unsere Gruppe ist einfach eine Hammergruppe, solch eine Todesgruppe gab es wohl noch nie.“
> Die Löwen tanzen noch auf allen drei Hochzeiten. Gibt es Prioritäten?
Gudmundsson: „Nein, wir denken immer nur von Spiel zu Spiel. Deshalb hat nun Kielce Priorität. Und danach das Pokalspiel gegen Melsungen.“
Müller: „Es wäre nicht gut, wenn man Prioritäten setzen würde. Wir wollen einfach jeden Pokal gewinnen. Und es ist wichtig, dass man so denkt.“
Storm: „Es gilt immer hundert Prozent zu geben. Natürlich wollen wir auch die Champions League gewinnen. Es ist ja nicht selbstverständlich, dass man sich jedes Jahr dafür qualifiziert. Also gewinnen wir sie doch noch in diesem Jahr.“ (lacht)
> Karol Bielecki, Sie sind seit dem vergangenen Sommer auf einem Auge blind. Trotzdem sind Sie nach wie vor ein Leistungsträger …
Bielecki: „Ja, das stimmt. Es gibt keinen Unterschied, es ist alles okay. Gut, früher habe ich mehr gesehen. Aber ich hätte nicht gedacht, dass ich so schnell wieder dabei bin und überhaupt noch einmal auf dieses Level komme.“
Storm: „Für uns ist es überragend, wie er die Verletzung gemeistert hat. Es ist klasse, dass er sich durchgekämpft hat, dadurch hat er sich auch menschlich weiterentwickelt: Karol ist offener geworden.“
> Karol Bielecki, mit Krzysztof Lijewski kommt im Sommer ein Landsmann von Ihnen zu den Löwen. Was kann man von ihm erwarten?
Bielecki: „Er hat gezeigt, was er kann. Ich denke, dass er bald wieder gesund ist. Er wird uns als Halbrechter gut helfen können. Und er passt vom Charakter her gut in unsere Mannschaft.“
> Michael Müller, wie beurteilen Sie die Krise der deutschen Nationalmannschaft?
Müller: „Ich weiß nicht, was da los war. Einige Spieler denken offenbar zu viel. Aber es ist eine gute Mannschaft und sie ist noch ein Magnet. Ich denke, dass die EM-Qualifikation gegen Island gemeistert wird. Die Spieler müssen an ihre Stärken glauben. Meine Rückkehr ist noch in weiter Ferne. Olympia ist ein Ziel. Wenn ich fit bin, will ich wieder dabei sein.“
> Thorsten Storm, wie realistisch ist eine Kooperation mit der SG Leutershausen?
Storm: „Wir haben eine Partnerschaft mit Friesenheim. Aber die SGL ist auch ein Thema. Eine Kooperation bringt für uns eigentlich nur etwas mit einem Zweitligisten. Falls Friesenheim in der 1. Liga bleiben sollte – wovon ich ausgehe – und die SGL aufsteigt, werden wir deshalb mit Leutershausen Gespräche aufnehmen.“
> Im Gespräch ist auch eine neue Halle in Heidelberg, die für 3.000 bis 5.000 Zuschauer ausgelegt werden soll. Ein Thema für die Löwen?
Storm: „Alle Spiele, die nicht in der SAP Arena stattfinden, würden wir dort spielen. Einen Stamm von 5.000 Zuschauern haben wir immer. Und für viele unserer Spieler ist es ein Traum in Heidelberg zu wohnen. Klar ist aber: Unser Zuhause ist die SAP Arena, die gilt es zu füllen.“
> Wie wichtig wäre ein Titelgewinn?
Gudmundsson: „Für jeden Verein ist es wichtig, Titel zu gewinnen. Aber man braucht Geduld bis man eine große Mannschaft aufgebaut hat. In Kiel dauerte es neun Jahre, Hamburg ist schon seit fünf Jahren dabei.“
Storm: „Für uns würde sich nicht viel verändern. Aber für unsere Fans, die es nicht leicht haben, schon. Gerade ihnen würde ich einen Titel gönnen.“
Müller: „Ein Titel würde im Umfeld mehr Euphorie entfachen. Ich glaube, dann brechen alle Dämme in der Region.“
> Gudmundur Gudmundsson, Sie arbeiten auch als Nationaltrainer von Island. Wie lange noch?
Gudmundsson: „Ich werde Island bis Juni trainieren und dann rede ich mit der Nationalmannschaft. Eigentlich läuft mein Vertrag aber noch bis 2012. Aber wir werden sehen, was passiert.“
25.02.2011