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Storm: Sehe keinen Fortschritt

Karlsruhe. Jeder blamiert sich, so gut er kann: Am Sonntag unterlagen die Rhein-Neckar Löwen in der Handball-Bundesliga mit 26:33 gegen die Füchse Berlin. Nach Minuspunkten sind die Badener jetzt Fünfter – und diese Platzierung wird am Saisonende nicht für die Teilnahme an einem Wildcard-Turnier reichen, bei dem die Gelbhemden sich eigentlich noch für die Champions League qualifizieren wollen. Manager Thorsten Storm war auch gestern noch schwer enttäuscht und stellte sich im Interview.

Herr Storm, was hat Sie gegen Berlin besonders geärgert?

Thorsten Storm: Wer nach zehn Minuten den Kopf hängenlässt und die Verantwortung weiterschiebt, der läuft nur mit. Und wer mitläuft, der kommt nicht weiter. Ich weiß nicht, warum sich unsere Spieler so versteckt haben.

Wie groß ist die Angst vor dem Verpassen der Champions League?

Storm: Ich habe keine Angst. Wenn dem so wäre, könnte ich diesen Job nicht machen. Wir haben zum Teil eine recht gute Saison gespielt, aber diese Runde haben wir meiner Meinung nach gegen Berlin kaputtgemacht. Alle Spieler wissen, dass sie riesigen Bockmist gebaut haben. Keiner hat seine Leistung gebracht.

Wie hart würde ein Jahr ohne Königsklasse den Verein treffen?

Storm: Wir haben unseren Etat nicht auf die Champions League ausgelegt. Wir sind einfach sehr stolz, dass wir zwei Jahre lang dort mitspielen durften. Und es ist unser Anspruch, immer in der Königsklasse dabei zu sein. Die Champions League ist der einzige internationale Wettbewerb mit sportlichem Wert.

Zurzeit sieht es nicht danach aus, dass sich die Löwen auch in der nächsten Saison mit den besten europäischen Klubs messen werden.

Storm: Wenn wir so spielen wie gegen Berlin, gehören wir nicht in die Champions League: Und deshalb müssen wir uns Gedanken machen, warum die Mannschaft solch eine Leistung gegen die Füchse abgerufen hat. Trainer und Spieler sind dafür zuständig, dass so etwas nicht passiert. Das werden wir besprechen.

Trainer Ola Lindgren sprach nach der Blamage von einem riesengroßen Rückschlag.

Storm: Diese Leistung war nicht nur ein Rückschlag. Die Niederlage gegen Berlin hat ein Fragezeichen hinter die ganze Saison gesetzt. Wir haben kläglich verloren. Meine Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle arbeiten verdammt hart – und dann müssen sie sich solch einen Auftritt angucken. Das ist enttäuschend. Einige Spieler haben nicht verstanden, wie wichtig der vierte Platz für uns ist. Das macht mich sprachlos.

Lindgrens Vertrag läuft bis 2012. Ist er auch in der nächsten Saison Trainer der Löwen?

Storm: Darüber haben wir noch kein Gespräch geführt. Letztlich muss sich jeder immer an eine neue Aufgabe gewöhnen. Es ist Olas erstes Jahr bei uns. Jetzt müssen wir erst einmal gucken, was falsch gemacht worden ist – vom Trainer, von den Spielern und von mir. Wir sitzen alle in einem Boot und jeder muss seinen Teil zum Erfolg beitragen. Wenn Dinge wie gegen Berlin passieren, dann hat man seine Arbeit nicht gemacht. Wir müssen jetzt alles überprüfen. Das ist völlig logisch, wenn man seine Ziele nicht erreicht.

Noch einmal: Bleibt Lindgren Trainer der Löwen?

Storm: Ich kann mich zum jetzigen Zeitpunkt nicht zu dieser Frage äußern. Alles hängt vom sportlichen Erfolg ab. Wir wollten Dritter werden, haben dieses Ziel aber nicht erreicht. Ich sehe bei unserer Mannschaft in dieser Saison keinen Fortschritt. Wir setzen uns nach dem letzten Spieltag zusammen und werden dann alles besprechen. Die Frage, ob Lindgren unser Trainer bleibt, stellt sich im Moment gar nicht.

Wurde die Qualität der Mannschaft überschätzt?

Storm: Nein. Wir haben in dieser Saison gezeigt, dass wir in den direkten Duellen mit den Topteams Hamburg und Kiel mithalten können. Und deshalb ist es keine zu hohe Anforderung, mit dieser Mannschaft Dritter zu werden. Abgesehen davon haben wir unser Saisonziel zurecht nicht erreicht, weil wir uns zu viele Ausrutscher erlaubt haben. Die Leistungsschwankungen sind einfach zu groß. Die Niederlage gegen Berlin war ein Schlag ins Gesicht und absolut unnötig – und unnötige Dinge kann ich nicht akzeptieren.

Von Marc Stevermüer

 25.05.2010